Die Fotos von Stephan Zirwes machen Lust auf einen Besuch im Freibad. Doch mit seinem Projekt will der Fotograf auch auf ein wichtiges Problem hinweisen.

Der Chlorgeruch kitzelt ein bisschen in der Nase, an manchen Stellen blättert der Lack. Freibäder sind Orte, an denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Während viele Menschen Freibäder mit schreienden Kindern, Arschbomben und Sonnencremeschmiere assoziieren, werden sie auf den Fotos von Stephan Zirwes zu den entspannenden Wohlfühloasen, die sie für ihn eigentlich sein sollten. In seinen Bildern zeigt der 51-Jährige Freibäder in ihrem ruhigsten Zustand: Wenig Menschen, Bademeister*innen, Schwimmreifen und aufblasbare Inseln oder komplett leer.

Für seine Bilderserie fotografierte der Stuttgarter regionale Bäderanlagen aus der Luft und bettete die Becken in einem neutralen Kachel-Hintergrund ein, so dass der Fokus auf den blauen Schwimmbecken liegt. Die Inspiration für seine Freibad-Serie Cut Outs – Pools 2018 erhielt Stephan, als er auf seinen zahlreichen Reisen in der Welt bei einem Blick aus dem Helikopter immer wieder feststellen musste, dass in wohlhabenderen Wohngebieten fast jedes Anwesen über einen eigenen Swimmingpool verfügte. Menschen, die darin schwammen, sah er nur selten: "Eine absolute Verschwendung von Ressourcen". Für ihn sind private Swimmingpools ein Zeichen des Wohlstands. Symbole, die kaum einen anderen Zweck erfüllen, als den eigenen Reichtum zu verdeutlichen und mahnende Beispiele dafür, dass mancherorts nur noch Reiche Zugang zu sauberem Wasser haben.

Freibäder sind Orte der Entspannung, der Erholung, ein Treffpunkt für die Gemeinschaft.
Stephan Zirwes

Während andernorts öffentliche Bäder längst hochmodernen Wasserparks weichen mussten, bilden die Freibäder für ihn hierzulande Orte des Zusammenlebens. Orte, an denen alle Gesellschaftsschichten zusammentreffen, sei es auf der Rutsche oder am Kiosk. Öffentliche Freibäder bieten auch einkommensschwachen Familien eine Möglichkeit, dem stressigen Alltag zu entfliehen. Nicht jede Familie kann es sich leisten in den Urlaub zu fahren.

Denn bei all der Entspannung und dem Spaß, den man in Freibädern erleben kann, möchte Zirwes mit seiner Fotoserie auch auf ein wichtiges Problem aufmerksam machen: Es gibt sie immer seltener. Gab es laut der Sportstättenstatistik der Sportministerkonferenz vor 18 Jahren noch 6.716 Schwimmbäder, schrumpfte die Zahl bis heute auf noch rund 6.000. Wie Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) zeigen, wurde in diesem Zeitraum hierzulande jedes zehnte Schwimmbad geschlossen.

In den meisten seiner fotografierten Bäder verbrachte er als Kind selber zahllose Sommer. Er erinnert sich dabei an zufällige Begegnungen mit Menschen, die er lange nicht mehr gesehen hatte. An das Toben im Wasser, bei dem jeder Mensch, ungeachtet des Einkommens, Erholung finden konnte. Für ihn sind es Orte, die Menschen verbinden und die es unbedingt zu erhalten gilt.