Als Lucas Hawrylak sich mit 17 als schwul outete, reagierte seine Familie positiv. Leider keine Selbstverständlichkeit, weiß der heute 27-Jährige. Immer wieder wenden sich auch in Deutschland Eltern an sogenannte Homo-Heiler*innen, die die Umpolung homosexueller Kinder versprechen. Die Methoden sind absurd bis gewaltsam: Nackttänze zu Trommelschlägen, eiskalte Duschen oder physische Bestrafungen, während den vermeintlichen Patient*innen homosexuelle Praktiken gezeigt werden. Das Ziel: Die eigene Sexualität soll mit Schmerzen verbunden werden.

Die Bundesärztekammer, der Deutsche Ärztetag und viele Mediziner*innen und Expert*innen verurteilen diese Therapieform schon lange. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von einer Verletzung der Menschenrechte. An der sexuellen Orientierung eines Menschen herumzutherapieren sei demnach nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich für die psychische Gesundheit der Betroffenen. Trotzdem hat die deutsche Bundesregierung bisher ein Verbot abgelehnt. Ein solches gibt es in der Europäischen Union derzeit nur auf Malta und in einigen Regionen Spaniens.

In einem toleranten, progressiven Land wie Deutschland sollte diese Praxis weder ausgeübt werden noch erlaubt sein." – Lucas Hawrylak

In Fachkreisen wird von Reparativ- oder Reorientierungstherapie gesprochen – Begriffe, gegen die sich Lucas Hawrylak entschieden wehrt. Er hat eine Petition für ein Verbot gestartet, über 60.000 Menschen haben bisher unterschrieben. Gemeinsam mit den Dragqueens Jacky-Oh Weinhaus und Amy Strong hat er am Donnerstag die Unterschriften an das Bundesjustizministerium übergeben. "In einem toleranten, progressiven Land wie Deutschland, sollte diese Praxis weder ausgeübt werden noch erlaubt sein", sagt Hawrylak.

Es ist nicht die einzige Forderung, die die Bundesregierung am 26. Oktober zum #IntersexAwarenessDay erreicht. Im aktuellen Gesetzesentwurf zur Dritten Option sieht die Antidiskriminierungsstelle des Bundes noch viel Nachholbedarf. Leiter Bernhard Franke kritisiert dabei besonders die ärztlichen Bescheinigungen, die intergeschlechtliche Menschen vorlegen müssen, wenn sie ihr Geschlecht im Personenregister ändern lassen möchten. Diese Gutachtenpflicht will Franke streichen lassen. Die Geschlechtsidentität sei unmittelbarer Ausdruck des Persönlichkeitsrechtes und damit laut Grundgesetz besonders schutzwürdig. Bis Ende 2018 muss die Bundesregierung nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine dritte Option beim Eintragen des Geschlechts in Deutschland einrichten.

Aktivist*innen rufen in Berlin zur Soli-Demo auf

Wenn es nach Donald Trump geht, soll genau das in den USA in Zukunft nicht mehr möglich sein. Wie die New York Times Anfang der Woche berichtete, kursiert in der Administration des Präsidenten ein Entwurf, nach dem das Geschlecht unveränderlich bei der Geburt anhand der Genitalien als männlich oder weiblich festgelegt werden soll – und im Laufe eines Lebens nicht verändert werden darf.

Schon jetzt habe dieser Entwurf Auswirkungen auf die Community der Trans- und Intersexuellen in den USA, sagt der Aktivist und Wissenschaftler Max Appenroth. Die TransLifeline, eine Telefonseelsorge von und für transsexuelle Personen in den USA, verzeichne in diesen Tagen einen massiven Anstieg der Anrufe. Appenroth hat für diesen Sonntag um 14 Uhr eine Soli-Demo gegenüber der US-Botschaft in Berlin angemeldet: "Wir lassen es nicht zu, dass unsere Existenz verleugnet wird! We #wontbeErased!" nm