von Andreas Siebert und Ivo Bantel

Über 20.000 Demonstrationen will Bill McKibben schon organisiert haben, in allen Ländern der Welt außer Nordkorea. McKibben ist Gründer der Klimabewegung 350.org, die heute als die größte der Welt gilt. 350.org organisiert unter anderem Bildungsarbeit und Demonstrationen gegen fossile Infrastrukturprojekte – Ölpipelines oder Kohlekraftwerke.

Wir haben Bill McKibben auf der Klimakonferenz in Paris getroffen und einige Wochen später noch einmal per Skype mit dem in Vermont lebenden Aktivisten gesprochen.

Kurz vor dem Pariser Klimagipfel hatte die US-Regierung bekanntgegeben, den Bau der KeystoneXL Pipeline zu stoppen. Die Pipeline sollte Öl aus kanadischem Teersand in die USA transportieren. McKibben und 350.org haben mehrere Jahre gegen das Projekt demonstriert. "Alle haben uns gesagt, dass wir nicht gewinnen können. Denn die Ölindustrie hat bei so etwas noch nie verloren. Ich habe Ihnen geglaubt. Aber ich dachte, wir sollten trotzdem kämpfen," sagt er.

Der Kampf geht weiter

Obama verwies in seiner Absage des Pipeline-Projekts auch auf die Pariser Klimakonferenz. Dort verabschiedeten die Staaten der Welt den ersten Klimavertrag, der für alle Länder Gültigkeit hat. Ist McKibben nach diesem Ergebnis optimistischer als vor einem Jahr? "Ja, Paris war ein Erfolg. Aber niemand hat Paris in dem Glauben verlassen, dass damit der Kampf gegen den Klimawandel gewonnen ist."

Im Gegenteil: Die Menschheit hinke beim Klimaschutz weiter hinterher. Wie stark sich die Welt verändert, zeige aktuell die Verbreitung des Zika-Virus: "Die Moskitos, die die Krankheit übertragen, mögen das warme Klima, das wir zunehmend verbreiten". Die Krankheit ist der Grund, warum Regierungen in Lateinamerika und der Karibik ihren Bürgerinnen offiziell empfehlen, nicht schwanger zu werden. "Wir haben es so weit kommen lassen, dass Kinderbekommen – die schönste und grundlegendste Sache der Menschheit – vom Klimawandel in Frage gestellt wird. Das kann ich einfach nicht fassen".

Deshalb will McKibben den Kampf gegen die großen Ölfirmen fortsetzen. "Das ist ein richtiger Kampf, keine kleine Auseinandersetzung". Die Stimmung habe sich in den letzten Jahren gedreht, erklärt er. Vor allem seit dem erfolgreichen Protest gegen die Keystone Pipeline gebe es eine "Keystonisierung" von fossilen Projekten. Die Leute würden sich überall gegen ähnliche Projekte wehren.

Auch in der Politik gebe es seit dem Pariser Klimaschutzabkommen positive Beispiele: Obama hat verkündet, keinen weiteren Kohle-Abbau auf öffentlichem Grund zu genehmigen. China hat für die nächsten drei Jahre den Bau neuer Kohleminen untersagt. Noch bis Januar wollte Vietnam 70 neue Kohlekraftwerke bauen, die größten Kohlepläne ganz Südostasiens. Dieses Vorhaben hat Vietnams Premierminister Nguyen Tan Dung nun verworfen.

Zuletzt fragen wir McKibben, ob er den großen Erfolg seiner Klimabewegung für möglich gehalten hätte, als er 350.org gründete "Das hätte ich nie geglaubt, als wir gestartet sind. Aber wir waren damals auch töricht genug, all diese Sachen nicht für unmöglich zu halten." Er erinnere sich noch daran, dass er bei der Gründung mit einer Crew aus sieben Studenten zusammen gesessen habe: "Jeder von uns hat einen Kontinent übernommen. Und der Kerl, der die Antarktis abbekommen hat, war dann auch noch fürs Internet zuständig."

Disclaimer: Andreas Sieber wird von "Global Call for Climate Action" (GCCA) mit einem "Climate Tracker Stipendium" gefördert. Die GCCA ist ein internationaler Zusammenschluss mehrerer NGOs, Think Thanks und Stiftungen.