1,1 Milliarden Dollar – so viel Geld wollen fünfzig Staaten für den Jemen bereitstellen. Das ist viel und gleichzeitig doch nur die Hälfte von dem, was die internationale Gemeinschaft eigentlich hatte zusammenbekommen wollen. Dabei ist der Jemen mehr denn je auf die Unterstützung der Weltgemeinschaft angewiesen.

Der Jemen hungert und verdurstet

Auf einer UN-Sitzung haben die Mitgliedsstaaten beschlossen, Hilfsgelder in den Jemen zu schicken. Aber was geschieht überhaupt im Jemen?

Im Jemen leben etwa 27 Millionen Menschen, von denen derzeit 17 Millionen nur unregelmäßig Nahrungsmittel erhalten oder erwerben können, sieben Millionen sind zudem akut vom Hungertod bedroht. Die Hungersnot betrifft laut UNICEF auch 2,2 Millionen Kinder. Auch die Versorgung mit frischem Trinkwasser ist nicht in allen Regionen gegeben: Etwa 14,5 Millionen Menschen seien von der Wasserversorgung teilweise oder ganz abgeschnitten.

So schlimm ist die Lage vor allem, seit im Januar 2015 ein Bürgerkrieg ausbrach, der das ohnehin arme Land vollkommen erschüttert hat. Zum einen hat die Zerstörung der Städte und Infrastruktur viele Versorgungsrouten und Wasserleitungen unterbrochen. Zum anderen kämpft ein großer Teil der Bevölkerung auf einer der involvierten Seiten, weswegen die ohnehin kaum vorhandene Nahrungsmittelproduktion weitestgehend zum Erliegen kam. Viele haben ihre Häuser, Höfe und Familien verloren, sind auf der Flucht oder in nur dürftig errichteten Flüchtlingsstädten untergekommen. Das Land versinkt in Elend und Krieg und es ist bisher kein Ende des Konfliktes in Sicht.

Eine komplizierte Vergangenheit

Tatsächlich ist der Jemen seit Jahrzehnten eine politisch unruhige Region, in der politische Machtkämpfe immer wieder eskalieren.

Nach dem Ende der Kolonialzeit, bestand der Jemen aus zwei Staaten: einem westlich orientierten Norden (ehemalig türkisch besetzt) und einem sowjetisch geprägten Süden (ehemalig britisch besetzt). Beide Staaten waren von den Kämpfen gegen die Besatzungsmächte und Saudi-Arabien, das immer wieder Territorien für sich beanspruchte, zerrüttet. Erst in den 1980er Jahren setzte ein langsamer Prozess der Annäherung zwischen ihnen ein.

Nach dem Fall des eisernen Vorhanges wurden beide Staaten 1990 wieder zu einem gemeinsamen Land vereinigt: dem heutigen Jemen unter dem Präsidenten des Nordjemen Ali Abdullah Salih. Aufgrund politischer Unruhen und von ihm angeordneter Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung, zwangen die Opposition und die internationale Gemeinschaft ihn 2011 schließlich zur Abdankung.

Abdrabbuh Mansour Hadi – Ali Abdullah Salihs Vizepräsident – wurde sein Nachfolger. Bei einer 2012 abgehaltenen Wahl hatte die jemenitische Bevölkerung ihn mit 99,8 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Bereits damals kam es zu massiven Protesten, da er als einziger Kandidat angetreten war und viele die Wahl daher für ungültig erklären wollten.

Drei Jahre Bürgerkrieg

Seit Januar 2015 herrscht nun wieder ein Bürgerkrieg im Jemen. Rebellen hatten im Januar den Präsidenten gestürzt und große Teile des Landes eingenommen. Sie wurden und werden dabei vom Iran unterstützt. Auf der anderen Seite stehen regierungstreue Truppen und saudi-arabische Einheiten. Im Februar schlossen sich außerdem die USA und Großbritannien dem Konflikt an, indem sie die saudische Allianz mit Waffen und Know-how unterstützten. Und auch die Bundesregierung genehmigte Waffenexporte, wie einige Zeitungen berichteten.

"Neben den Toten und Verletzten hat der Konflikt vor allem die bereits schwere humanitäre Krise, die aus Jahren der Armut und schlechter Regierungsentscheidungen resultierte noch verschlimmert. Er verursacht immenses menschliches Leid", warnte Amnesty International bereits 2016. Inzwischen geht man von etwa 10.000 zivilen Opfern in diesem Konflikt aus.

Humanitäre Hilfe und Waffentransporte

Die UN-Staaten haben zwar die Hilfeleistungen für den Jemen bewilligt, andere Probleme bleiben jedoch bestehen.

Zum einen unterstützen verschiedene Staaten den Konflikt mit Waffen, Einheiten, Luftangriffen und Know-how. Das sollte eigentlich aufgrund von verschiedenen Abkommen nicht möglich sein, ist aber mit einem einfachen Trick doch zu bewerkstelligen: Statt Waffen und Ausrüstung in den Jemen zu liefern, verkaufen Staaten wie die USA oder Großbritannien sie einfach an Saudi-Arabien. Der Regierung Saudi-Arabiens steht es danach frei, sie unter anderem auch im Konflikt im Jemen einzusetzen. Diese Staaten investieren damit ein Vielfaches dessen, was sie an humanitärer Hilfe spenden, in Waffensysteme.

Zum anderen war der Jemen schon vor dem Bürgerkrieg von Lebensmittelimporten abhängig. Diese werden nun von den Akteuren blockiert oder verwehrt, was die Lebensmittelversorgung weiter erschwert. Um Medikamente, Nahrung und Wasser unter die Bevölkerung zu bekommen, müssten die kämpfenden Einheiten einen Waffenstillstand aushandeln oder zumindest die Embargos auflösen.

Es sieht also trotz der enormen Hilfeleistungen nicht so aus, als ob der Konflikt im Jemen bald ein Ende finden würde und das ist nicht nur eine Katastrophe für die verhungernde Bevölkerung – es ist auch ein Armutszeugnis für die internationale Gemeinschaft.