Soulmates heißt er, der Bücherschuber der Süddeutschen Zeitung, der die "Vielseitigkeit der Männerwelt" zeigen will. Die Sammlung umfasst zehn Bücher, allesamt von weißen, überwiegend toten Autoren geschrieben, die von der Feuilletonredaktion der SZ zu "Weltliteratur" ausgerufen wurden. Diese Werke sollen den Leser*innen dabei helfen, die Antworten auf "große Fragen" zu finden.

Als Nicole Seifert eine Anzeige für den Bücherschuber entdeckt, ist sie irritiert. Was haben zehn weiße Männer mit Vielseitigkeit zu tun? Seifert fokussiert sich auf ihrem Literaturblog Nacht und Tag insbesondere auf Bücher von Frauen. "Schließlich haben wir die alle zu wenig im Regal stehen und zu wenig gelesen, schon weil sie von Kanon und Curriculum marginalisiert wurden und werden", schreibt sie in einem Blogbeitrag. Sie plädiert dafür, dem Schuber der SZ einen Autorinnenschuber entgegenzusetzen, der den Beitrag von Frauen zur Weltliteratur sichtbar macht.

Unter dem Hashtag #Autorinnenschuber teilt sie ihre liebsten Werke von Frauen – und inspiriert hunderte Literaturbegeisterte dazu, weitere Vorschläge zu posten. "Mit dieser Resonanz hätte ich niemals gerechnet", sagt Seifert im Gespräch mit ze.tt. Es freue sie, dass der rein männliche Schuber offensichtlich von sehr vielen Menschen als "große Ungerechtigkeit" und etwas "Vorgestriges" wahrgenommen würde. Außerdem zeige es, dass "es wirklich nötig ist, Autorinnen mehr in den Mittelpunkt zu stellen, ihnen besondere Aufmerksamkeit zu schenken."

Männliche Lesesozialisation

Inzwischen hat Nicole Seifert aus den Tweets und Posts mit den Vorschlägen für ihren #Autorinnenschuber eine grobe Übersicht erstellt, welche Namen besonders häufig genannt werden. Margarete Atwood, Jane Austen, Toni Morrison und Astrid Lindgren sind oft unter den Lieblingen; ebenso Virginia Woolf, Alice Walker, Donna Tartt und Chimamanda Ngozi Adichie.

Es gibt so viel zu entdecken.
Nicole Seifert

"Unsere Lesesozialisation ist sehr männlich dominiert, genau wie der Kanon, der von den Feuilletons immer wieder ausgerufen und dabei kaum verändert wird", sagt Nicole Seifert. Dadurch, dass sie während der Schule und des Studiums überwiegend mit männlichen Autoren konfrontiert würden, hätten viele Leser*innen großartige Autorinnen noch nicht entdeckt. "Wir haben alle mehr Bücher von Männern gelesen, und dafür gibt es keinen guten Grund. Im Gegenteil: Es gibt so viel zu entdecken."