Bei den Protesten in Charlottesville sind Menschen zu Tode gekommen – und US-Präsident Donald Trump verharmlost öffentlich die Gewalt der anwesenden Neonazis. In seinem ersten Statement nach den gewaltsamen Naziaufmärschen in Charlottesville verurteilte er Gewalt "auf vielen Seiten", wo doch nur eine Seite Gewalt anwendete. Im Zweiten, ganze drei Tage später, fand er dann doch klare Worte gegen Ku-Klux-Klan, White Supremacists und wie sie sich alle nennen. Am gestrigen Dienstag erklärte er auf einer Pressekonferenz, dass unter den Neonazis doch auch "einige feine Leute" seien.

Sie hätten ja nur dagegen protestieren wollen, dass eine Statue von Robert E. Lee – US-Kriegsikone der Konföderierten und Sklavenhalter*innen – in der Stadt entfernt werde. Dann drehte Trump auf: "Ich frage mich, ist es nächste Woche eine Statue von George Washington? Und ist es in der Woche danach Thomas Jefferson? Wissen Sie, man muss sich wirklich fragen, wo hört das auf?" Vor Journalist*innen verteidigte er zudem, dass er erst so spät reagierte – er habe schlicht nicht alle Fakten beisammen gehabt. Alle Neune offenbar auch nicht.

Während Trump herumeiert, rechtsextreme Gewalt verharmlost und das Übel entweder nicht korrekt adressieren kann oder will, finden die Hosts der US-Late-Night-Shows ungleich klarere und stärkere Worte.

Der Tiefpunkt einer miesen Präsidentschaft, sagte Seth Meyers

Seth Meyers erzählte die Geschehnisse vom Wochenende in Charlottesville zu Beginn seiner Show in der Nacht zum Mittwoch so nach: "Am Samstag gab es eine weitere terroristische Attacke in den USA, der Täter war ein White Supremacist, der seinen Wagen in eine Gruppe Demonstrant*innen steuerte und eine Frau namens Heather Heyer tötete. Ein furchtbarer Zwischenfall, der das Land schockte." Klare Worte, die so nie vom US-Präsidenten kamen – die aber allein aus Respekt hätten kommen sollen. Weder das Wort Terror noch den Namen der Getöteten nahm Trump bisher in den Mund.

Es sollte laut Meyers keine Zweifel daran bestehen, wer Menschen in Charlottesville waren, sie zeigten es durch ihre eigenen Worte und Taten, mit Naziflaggen, Nazislogans und Nazigrüßen. "Wenn Ihnen Trumps erstes Statement Bauchschmerzen machte, sind das gute Nachrichten: Sie sind dann eine normale und anständige Person", sagte er.

Es breche einem das Herz, sagte Stephen Colbert

"Es ist schwer zu beschreiben, wie herzzerreißend es ist, dass so etwas in unserem Land passiert. Aber hier ist eine Sache, die nicht schwer auszudrücken ist: Nazis sind böse", sagte Stephen Colbert in seiner Show in der Nacht zum Montag. Auch er kritisierte Trump für seinen laschen Umgang mit den Vorfällen. Es sei ja nicht so, als sei Trump auf den Mund gefallen. Er sei im Gegenteil dafür bekannt, Dinge zu kritisieren.

Dann zerlegte Colbert gekonnt das ganze Absurdum: "Wäre der Präsident doch nur so wütend über mordende Neonazis wie über Hillary Clinton, die New York TimesCNN, Joe Scarborough, Kristen Stewart, den Cast von Hamilton, Diätcola, über Nordstroms Weigerung, die Klamotten seiner Tochter zu verkaufen, über Arnold Schwarznegger, den Bürgermeister von London, Sadiq Khan, über mich, den Staat New Hampshire, Gold Star FamiliesPenn Jillettes Las-Vegas-Show, den Film Django Unchained, Meryl Streep und die weiblichen Ghostbusters."

Doch statt sich klar auszudrücken, attackiere der Präsident lieber – und Colbert könne nicht glauben, dass er das sagen müsse – George Washington. In seiner Show in der Nacht zum Mittwoch zerlegte er minutiös die gestrige Pressekonferenz, die im siebten Kreis der Hölle stattgefunden haben müsse, wie er sagte.

Es gab eben nicht viele Seiten, sagte Jimmy Kimmel

Auch Jimmy Kimmel kritisierte Trump für seine Aussage, es habe Hass und Gewalt auf vielen Seiten gegeben. "Es gab nicht viele Seiten. Es gab zwei Seiten und eine davon bestand aus Nazis", sagte Kimmel in seiner Show in der Nacht zum Dienstag. "Alles, was Trump von Anfang hätte tun sollen, war Nazis zu verurteilen." Das sei ja auch kein kontroverses Statement, wie etwa, wenn er sich gegen Hündchen aussprechen würde.

Sogar Angela Merkel habe den Aufmarsch der Neonazis in Charlottesville als böse und abstoßend bezeichnet. "Sie wissen, was das bedeutet, oder? Das bedeutet, Deutschland stellt sich Nazis stärker gegenüber als wir es tun", sagte Kimmel zynisch. Witzig, aber auch gleichzeitig traurig und wahr.

Er wisse nicht, wie er das seinen Töchtern erklären solle, sagte Jimmy Fallon

Das emotionalste Statement zu Charlottesville gab Jimmy Fallon in seiner Show in der Nacht zum Dienstag ab. Die Sendung sei nicht einfach nur eine politische Show, sondern er habe auch die Verantwortung, als Mensch gegen Intoleranz und Extremismus einzutreten. "Was am Wochenende passierte, war widerwärtig", sagte er in ungewohnt ernstem Tonfall. Seine Töchter hätten ein Zimmer weiter gespielt, als er wie viele andere die Nachrichten von fackeltragenden und skandierenden Neonazihorden in Charlottesville sah. Er wisse nicht, wie er ihnen erklären solle, dass es so viel Hass in der Welt gibt. "Sie sind vier und zwei Jahre alt – sie wissen gar nicht, was Hass ist. Sie gehen auf den Spielplatz und spielen mit allen Kindern jeder Herkunft. Sie spielen und haben Spaß."

Doch wenn Kinder aufwüchsen, bräuchten sie Menschen, zu denen sie aufblicken könnten. Eltern, Lehrer*innen, aber auch politische Führer*innen, die an das Beste in uns appellieren. Der Fakt, dass Trump zwei Tage brauchte, um klar zu sagen, dass Neonazis zu verurteilen seien, sei beschämend – und Fallon glaube, Trump habe das nur aus Druck getan. "Es ist wichtig, dass wir Menschen in diesem Land, vor allem weiße Menschen, gegen so etwas ankämpfen. Es zu ignorieren, bedeutet, es zu tolerieren." Es habe Menschen gegeben, die starben, weil sie auf der richtigen Seite der Geschichte kämpften, wie etwa Heather Heyer.

Er könne seinen Töchtern nicht einfach nichts sagen. "Wir müssen den nachfolgenden Generationen vermitteln, dass wir nicht vergessen haben, wie hart die Menschen für Menschenrechte gekämpft haben", schloss Fallon seinen Appell. "Wir dürfen das nicht vergessen. Wir dürfen uns nicht zurückentwickeln."