Im Frühjahr 2013 hat die Fay School in Southboro, Massachusetts, ein neues WLAN installiert. Was die meisten Schüler gefreut haben dürfte, war für einen von ihnen der Beginn einiger körperlicher Beschwerden. In der Schule habe er ständig Kopfschmerzen geklagt, berichtet The Daily Beast. Zuhause seien die Schmerzen urplötzlich wieder abgeklungen.

Mysteriös. Und für die Eltern keineswegs dadurch erklärbar, dass der Sohnemann einfach keinen Bock auf die Schule hat: Sie verklagen die Fay School jetzt wegen des Schul-WLANs auf Schadensersatz. Die Begründung: Ihr Sohn leide unter Elektrosensibilität, nehme also elektronische Strahlung körperlich wahr. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus, in den USA handelt es sich um einen Präzedenzfall.

Französin hat bereits erfolgreich geklagt

In einem ähnlichen Zusammenhang hatte ein französisches Gericht zuletzt zu Gunsten der Klägerin entschieden. In Toulouse hat Marine Richard sogar eine Rente von 800 Euro im Monat erstritten, weil die Richter ihre Elektrosensibiliät als Behinderung einstuften.

Die Strahlung von Netzen setzt der 39-Jährigen sogar so heftig zu, dass sich die ehemalige Radioproduzentin die Zivilisation in die Berge zurückgezogen hat. Den gerichtlichen Sieg verbuchte sie als großen Erfolg für elektrosensible Menschen, deren Leidern bisher nicht ausreichend ernst genommen würden.

Keine wissenschaftliche Belege

Dr. Sarah Drießen von der RWTH Aachen weist darauf hin, dass es laut der Weltgesundheitsorganisation WHO bisher keine eindeutige Diagnose-Kriterien für Elektrosensibilität gibt. Weder handele es sich um ein medizinisches Krankheitsbild noch stehe fest, dass es sich um ein eigenständiges medizinisches Problem handelt.

"Es ist wissenschaftlich auch nicht belegt, dass elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte, die zum Beispiel auch von WLAN-Geräten eingehalten werden müssen, allergische Reaktionen hervorrufen können", sagt die Forscherin. "Wissenschaftliche Studien deuten derzeit eher darauf hin, dass es sich bei Elektrosensibilität um einen Nocebo-Effekt handeln könnte." Dabei handelt es sich um den umgekehrten Placebo-Effekt: Die Beschwerden werden durch eine negative Erwartungshaltung verursacht.

Beim Auftreten von Elektrosensibilität gebe es ein deutliches Nord-Süd- sowie Ost-West-Gefälle. Auffällig sei, dass die Krankheitshäufigkeit der Symptome in Westeuropa länderspezifisch stark variiere, obwohl die elektromagnetische Feld-Umgebung in diesen Ländern vergleichbar ist. "Das deute darauf hin, dass andere Faktoren wie etwa die öffentliche Risiko-Wahrnehmung oder Medien-Interesse, ebenfalls einen Einfluss haben könnten." Zwar könnten grundsätzlich alle Arten von Strahlen und Feldern schädlich sein. Durch die Gesetzgeber seien allerdings Grenzwerte erlassen worden, unterhalb derer aus wissenschaftlicher Sicht keine gesundheitlichen Wirkungen nachgewiesen könnten.

So viel Strahlung, die wir nicht wahrnehmen

Dass es spannend ist, sich die vielen Strahlen um uns herum zu vergegenwärtigen, zeigt ein Projekt des Niederländers Richard Vijgen. Die App aus seinem Projekt "Architecture of Radio" visualisiert in Echtzeit, welche Mobilfunknetze und Satellitensignale in der Umgebung aktiv sind.

Bisher können nur Besucher des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe (ZKM) die App testen. Ab Dezember gibt's die App für iOS, im Januar 2016 auch für Android.