Bereits in der dritten Minute schießt Kapitän Alejandro Bedoya am Sonntag das erste Tor, das seine Mannschaft Philadelphia Union im Spiel gegen DC Union in Führung bringt. Doch während die Fans auf der Tribüne jubeln und seine Mannschaftskollegen sich auf die Schultern klopfen, nutzt Bedoya die Aufmerksamkeit, um ein Zeichen zu setzen und US-amerikanische Politiker*innen zum Handeln aufzufordern. Er rennt zu einem festinstallierten Mikrofon am Spielfeldrand, das sonst die Geräusche des Spiels überträgt und brüllt: "Kongress, unternimm sofort etwas! Beende die Waffengewalt. Los!"

Der Hintergrund für seine Aktion: Am Samstagmorgen hatte ein Mann mutmaßlich aus rassistischen Motiven in einem Geschäft in El Paso, Texas, 20 Menschen getötet. In derselben Nacht eröffnete in einer Bar in Dayton, Ohio, ein anderer Mann das Feuer, neun Menschen starben. Bei beiden Attentaten wurden Dutzende Menschen verletzt. Laut der Initiative Gun Violence Archive war das Ereignis in Dayton die 255. Massenschießerei dieses Jahres in den USA, dazu gezählt werden Vorfälle, in denen eine Schusswaffe zum Einsatz kommt und dadurch vier oder mehr Menschen verletzt werden. Die britische Tageszeitung The Guardian meldet 31 Massenschießereien mit je mindestens drei Toten für das Jahr 2019.

Vor dem Spiel hatte Bedoya bereits auf Twitter striktere Waffengesetze gefordert

So oder so – für viele US-Amerikaner*innen, wie auch für Bedoya, steht fest, dass sich etwas an den laschen Waffengesetzen im Land ändern muss. Am Sonntag riefen US-Demokrat*innen zu einer Verschärfung der Waffengesetze auf. In einer Erklärung der Sprecherin Nancy Pelosi hieß es: "Wir tragen den Menschen, denen wir dienen, gegenüber die Verantwortung, zu handeln."

Worte sind wertlos, solange nicht gehandelt wird.
Alejandro Bedoya, US-amerikanischer Fußballer

Der Fußballer Alejandro Bedoya hatte bereits vor dem Spiel am Sonntag auf Twitter seine Wut über die Untätigkeit der Regierung beim Thema Waffengewalt geäußert. Der 32-Jährige, der in New Jersey als Kind kolumbianischer Eltern geboren wurde und in Miami aufwuchs, schrieb zu den Beileidsbekundungen, die nach den Attentaten ausgesprochen wurden: "Worte sind wertlos, solange nicht gehandelt wird. Amerika wird mehr und mehr zu einer dystopischen Gesellschaft. Tut etwas! Jetzt!" Auf Nachfragen anderer User*innen legte er in einem anderen Tweet seine Forderung ausführlicher dar. Er forderte striktere Personenkontrollen bei Waffenverkäufen, eine öffentliche Kenntlichmachung von Menschen, die Waffen bei sich tragen, ein ausführlicheres Register und eine Versteuerung von Waffenmunition. Nach dem Spiel antwortete er auf Fragen der Journalist*innen zu seinem Protest auf dem Spielfeld, bevor er Fußballer sei, sei er immer noch vor allem ein Mensch.

Eine strengere Regulierung der Abgabe von Schusswaffen an Privatpersonen scheitert immer wieder hauptsächlich an den Stimmen republikanischer Politiker*innen. So hatte sich der ehemalige US-Präsident Barack Obama in seiner Amtszeit mehrfach für eine Reform des Waffenrechts eingesetzt. Die von ihm im Jahre 2013 vorgestellte Gesetzesinitiative etwa wurde im Senat von überwiegend republikanischen Senator*innen blockiert. Die Schusswaffenlobby National Rifle Association (NRA) unterstützte die Blockade. US-Präsident Donald Trump steht der Waffenorganisation bekanntermaßen nahe. Auf dem diesjährigen Jahrestreffen der NRA hatte er bei einer umjubelten Rede verkündet, schärfere Waffengesetze abzulehnen.