In Berlin lebt die Fotografin Valeria Sambale dicht an dicht mit Tausenden Menschen. In ihrer Fotografie sucht sie die Einsamkeit.

Eigentlich arbeitet Valeria Sambale mit Wörtern. Unter der Woche textet sie in einer Berliner Werbeagentur. Doch wann immer es geht, verlässt sie die betonlastige Hauptstadt und erkundet zusammen mit Freund*innen das Berliner Umland. Während dieser Ausflüge denkt sie nicht in Texten, sondern in Bildern. "Fotografie ist für mich die andere Seite der Medaille, wie ich mich ausdrücken kann", sagt die 34-Jährige.

Ihre Fotos schießt sie am liebsten bei starkem Sonnenlicht, das die Farben der Natur kräftig zum Strahlen bringt. Die Schatten sind scharf, als seien sie aus Pappkarton geschnitten und auf den Boden gelegt. Mit ihrer Analogkamera versucht Valeria, die Nuancen zwischen Realität und Fantasie einzufangen.

In Berlin wohne ich in einem Stadtteil, in dem die Straßen immer voller Menschen sind.
Valeria Sambale

"In Berlin wohne ich in einem Stadtteil, in dem die Straßen immer voller Menschen sind, alle dichtgedrängt aufeinander wohnen. Den Himmel bekommt man kaum zu Gesicht", sagt Valeria. Ihre Fotos sollen ein Kontrast zum Großstadtleben sein: Hier schimmert eine Sehnsucht nach Ferne durch, ein Eindruck von Weite, einsame Landschaften, verlorene Menschen, Ruhe.

Nie sind Menschenmassen auf ihren Bildern zu sehen, ein einzelnes Objekt oder ein Mensch stehen im Vordergrund. Dazu arbeitet sie mit dem Raum um das Objekt oder die Person herum – meistens sind es das Blau des Himmels oder des Wassers. Die Farbe Blau steht für jene Ruhe und Weite, die Valeria festhalten möchte.

Analoge Effekte: Lightleaks und Doppelbelichtung

Spannung erzeugt sie durch besondere Effekte: beispielsweise mit Lightleaks, den rötlichen oder gelblichen Flecken auf den Fotos. Dazu öffnet sie beim Zurückspulen des Films die Kamerarückwand. Das Licht, das so an den Film kommt, erzeugt die Farbflecken. Besonders gerne arbeitet sie mit Doppelbelichtung. Ein Foto wird mehrmals belichtet, sodass zwei Aufnahmen auf einem Bild übereinander liegen. Wird der Film bei dieser Technik nicht exakt zurückgespult, entstehen schwarze Streifen. "Durch die Doppelbelichtung werden zwei Momente, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, in einen neuen Zusammenhang gesetzt. Das erzeugt eine surreale, traumartige Stimmung", so Valeria.

Das fand ich damals witzig, der Effekt des unbeabsichtigten Fingers.
Valeria Sambale

Mit Fotoeffekten arbeitete sie schon als Kind. Für Schulausflüge bekam sie manchmal eine analoge Einwegkamera mit. "Bei den meisten Fotos war ganz klassisch ein Finger über die Linse geschoben. Das fand ich damals witzig, der Effekt des unbeabsichtigten Fingers", erinnert sich Valeria. Wiederentdeckt hat sie die Analogfotografie vor etwa einem Jahr. Auf ebay-Kleinanzeigen kaufte sie sich eine gebrauchte analoge Spiegelreflexkamera. Mit ihr reiste sie durch Europa. Mit dem Zug fuhr sie durch die Städte und fing die verschiedensten Orte, Leute und Lichtstimmungen ein.

Inzwischen ist Fotografie für sie eine Art Alltagsflucht. Mit Freund*innen fährt sie raus, verlässt den vollen Stadtbezirk, entdeckt neue Orte. Gerade jetzt im Winter, in dem die Hauptstadt in graue Schleier gehüllt ist, freut sie sich auf die wenigen Sonnenstunden, die sie mit ihrer Kamera draußen verbringen kann. Sie ist auch Teil einer analogen Fotogruppe, Berlin on film. Zusammen erkunden sie die Stadt und tauschen Erfahrungen aus.

Mehr Fotos von Valeria Sambale gibt es auf Instagram: @sambaleria.