Fries before guys, chicks before dicks, sisters before misters, bros before hoes. Es gibt unzählige dieser dämlichen wie sexistischen Sprüche. Sie alle sagen: Meine Freund*innen kommen vor meiner*m Partner*in. Doch ist das wirklich so?

Der Spruch Friends first ist besonders beliebt, wenn es in Sachen Liebe mal schlecht läuft– getragen als T-Shirt, verschenkt als Geburtstagskarte oder besoffen in die Runde gegrölt. Es signalisiert: Wer braucht schon romantische Liebe, wir haben schließlich uns oder zumindest Pommes. Ähnlich wie Feminismus-Merchandise spiegelt das den aktuellen Zeitgeist ganz gut wider. Wir schmücken uns mit Labels und pseudo-philosophischen Sprüchen, aber nur, so lange sie in unseren Alltag reinpassen. Wenn die beste Freundin dann anruft, während wir beim romantischen Dinner sitzen, haben wir vielleicht leider doch keine Zeit für die Chicks und Sisters.

Wer braucht schon romantische Liebe, wir haben schließlich uns oder zumindest Pommes.

Die Autorin Bianca Jankovska beschreibt in ihrem Buch Das Millennial-Manifest zutreffend, warum uns eine Romanze meist doch wichtiger ist als eine Freund*innenschaft: "So sehr wir uns danach sehnen, Freundschaften zu führen, die gleichzeitig so zart wie Zuckerwatte und standhaft wie eine Liebesbeziehung sind – in den meisten Fällen geht die Leichtigkeit im Laufe des Erwachsenenlebens zwischen Alltagsstress und To-Do-Listen verloren."

Zwischen Job, Wäschewaschen, Steuererklärung und Sport bleibt ohnehin gefühlt nur ein Funken Freizeit. Auch wenn es nur die wenigsten zugeben würden: Bei vielen hat die Romanze am Ende des Tages eben doch Priorität. Und das ist auch okay. Weniger okay ist, dass wir dabei viel zu oft wichtige Menschen in unserem Leben vergessen. Die Menschen, die immer da sind, uns die Haare beim Kotzen halten, sich Probleme auch zum hundertsten Mal noch anhören und uns nicht allein lassen, wenn die eigene Couch oder das Bett leer bleibt: Unsere besten Freund*innen.

364 Tage im Jahr drehen sich sowieso um romantische Partner*innenschaften

Allein die Wörter "Beziehung" oder "Partner*innenschaft" machen offensichtlich, wie besetzt diese von romantischen Beziehungen und Sex in unserer Gesellschaft sind. Wir verbinden mit ihnen ganz automatisch die Person, mit der wir Sex haben und vergessen, dass es viele Arten zu lieben gibt. Schließlich können wir auch mit unserem*r besten Freund*in eine Partner*innenschaft führen. Die sprachliche Verlegenheit zeigt, wie engstirnig wir immer noch über Beziehungen denken: Als wären alle allein, die keine romantische Beziehung führen oder keinen Sex haben.

Obwohl unsere Freund*innen überlebenswichig sind oder das Leben zumindest um einiges schöner und erträglicher machen, bekommen sie zu wenig Anerkennung. Am 30. Juli ist zwar der internationale Tag der Freund*innenschaft, aber mal ehrlich, wer feiert diesen Tag und nimmt sich tatsächlich Zeit, seine Freund*innenschaften zu schätzen? Die Wenigsten. Ich finde das erschreckend.

Während romantische Liebe in unserer Gesellschaft mit Aufmerksamkeit und Symbolik geradezu überschüttet wird, und wir ständig feiern, dass jemand zusammenzieht, Jahrestag hat, auf Weltreise geht, sich ein Haus baut, sich verlobt, heiratet, ein Kind bekommt oder sich einen Hund zulegt, denkt niemand an die Personen, die uns auf diesem Weg begleiten. Im Grunde feiern wir 364 Tage im Jahr unsere als am wichtigsten stilisierte romantische Beziehung. Es ist nur fair, einen Tag der*dem *r besten Freund*in zu verschreiben.

Darum habe ich vor Jahren entschieden, diesen Tag nicht mehr meinem Freund zu widmen, sondern meiner besten Freundin. Sie war immer für mich da: als Beziehungen in die Brüche gingen, ich mich neu verliebte, mein Studium abschloss, in andere Länder zog und meinen ersten Job begann. So gut wie alles hat sich in den vergangenen Jahren verändert, doch sie blieb – immer. Ich finde, das ist Grund genug, um uns so richtig zu feiern.

Bitte einmal Romantik für meine beste Freundin!

Um das gebührend zu tun, buchen wir meist ein Romantik-Package mit allem drum und dran: Wellness, Candle-Light-Dinner, Rosenblätter auf dem Bett und sexy Geschenken. Manche Situationen wiederholen sich dabei jedes Jahr wieder, wie etwa der Moment beim Abendessen, wenn sich die Paare an Nebentischen anschweigen, während wir gar nicht fertig werden mit dem Reden. Jeder neidvolle Blick, der uns zugeworfen wird, lässt mich überzeugter denken: Vielleicht solltet ihr diesen Tag einfach auch mal mit eurer*eurem besten Freund*in verbringen.

Wenn wir dann nach mehreren Gängen vollgefressen und vom Wellnesstag ermüdet in unserem Bett auf Rosenblättern liegen, eine neue Flasche Wein öffnen und uns Filme auf dem Niveau von Shades of Grey reinziehen, öffne ich den Knopf meiner Hose und freue mich über den Gedanken, dass niemand nun von uns erwartet, Sex zu haben. Auch wenn heute Valentinstag ist. Das ist nur einer von vielen Vorteilen, den Valentinstag mit der besten Freundin zu verbringen.