Eigentlich sollte hier ein Artikel entstehen, der sich ausführlich mit der Überflüssigkeit mutwillig zur Schau gestellter Heiratsanträge und inszenierter Verlobungsvideos auf Instagram auseinandersetzt. Material gibt es mehr als genug; unter Hashtags wie #heproposed oder #shesaidyes finden sich millionenfach die immer gleichen Motive.

Entweder perfekt manikürte Fingerchen, an denen ein exorbitant großes Juwel pappt und lupenrein in die Linse flimmert. Oder die überrascht vors Ö-Mündchen geschlagenen Hände, ebenso makellos manikürt, mit dem Blick auf den*die knieende Partner*in, der*die besagtes Juwel hoffnungsvoll in einem aufgeklappten Kästchen präsentiert. Oh, und Eiffelturm. Ganz oft Eiffelturm. Manchmal auch eine besonders innige Emo-Umarmung mit gesenkten Augenlidern, bei der selbstredend das Juwel zentral aufs Bild gehört.

Je größer der Edelstein, desto besser – denn das bedeutet in unserer auf materiellen Wohlstand ausgerichteten Welt nicht nur, dass der*die Partner*in es vermocht hat, entsprechende finanzielle Ressourcen locker zu machen, sondern auch, dass die Liebe groß und so echt sein muss wie der Klunker.

Und unter allen Pärchen-Zurschaustellungen auf Instagram ist die Verlobung das Highlight; demonstriert sie doch sichtbar für alle Welt, dass er*sie es geschafft hat, einen anderen Menschen davon zu überzeugen, sehr viel Geld in eine Party zu investieren und öffentlich die Absicht zu verkünden, bis ans Lebensende zusammen und möglichst monogam zu leben. Das ist indirekt verknüpft mit der Botschaft "Seht her, ich bin liebenswert – ich bin es wert geliebt zu werden". Bäm! Glitzer, Funkeln, Küsschen.

Auf Instagram fehlt das Herz

Selbstredend heißt das nicht, dass die auf Instagram frisch Verlobten nicht aufrichtig glücklich sein können. Von Herzen volle Gönnung und toi, toi, toi! Es ist vielmehr die dazugehörige gefilterte Inszenierung auf Bergen und Brücken, in Kostümen und Kulissen, die bei mir diesen latenten Brechreiz hinten im Hals auslöst. Die so wirkt, als wäre alles orchestriert und mehrfach geprobt und alle eingeweiht, sogar der Berg und die Brücke. Wie der Teil einer TV-Show mit dem Titel Mein supergeiles Leben. Irgendwas fehlt mir da, vielleicht das Herz?

Darüber wollte ich mich also auslassen. Doch dann, während ich bei Instagram die entsprechenden Hashtags eingab und mich brechgereizt durch Klunkerfinger scrollte, fand ich zwischendrin vereinzelt ganz, ganz zauberhafte und wunderschöne Heiratsanträge, die mich wirklich be- und gerührt haben. Ja, mit Bergen. Und Alpakas!

Allen voran dieser Antrag beim Fotoshooting mit 17 Rosen und 17 Ballons: "Unsere Liebe ist nicht perfekt, aber sie ist genug für mich."

Und die Frau, die ihrem Partner ziemlich locker in Jogginghose einen Antrag machte, weil sie nun mal diejenige sein wollte:

Oder der Mann, der seinen Partner bei einem kleinen Glücksritual in Disney World, dem Ort ihres ersten Dates, ziemlich flink und geschickt überrascht hat:

Und die Frau, die ihren Partner zu einer Wanderung einlud, um ihm einen Antrag zu machen und dann von ihm überrascht wurde, weshalb sie zuerst "Nooooo" rief, was ihn wiederum verwirrte. Wurde aber alles gut:

Oder das Paar, das sich auf einer Alpaka-Farm verlobt hat. Das Alpaka guckt definitiv nicht so, als wäre es auch nur ansatzweise eingeweiht gewesen. Angeblich haben alle vor Freude geweint, sogar die Alpakas:

Und die beiden, die auf einer Art Mittelaltermarkt genau die gleiche Idee zur gleichen Zeit hatten – sogar mit dem gleichen Ring:

Tja, ach – da kann wohl selbst das härteste Herz nicht dauerhaft hart bleiben. Anders gesagt: Ich habe beim Scrollen zwischen all den unzähligen, gleich aussehenden Diamanten hie und da etwas gefunden, das wohl noch seltener sein dürfte als ein tatsächlich funktionierendes "für immer" – einen Hauch von echter Liebe auf Instagram.