Eine Weltkarte kann mehr, als nur Kontinente und Wasser veranschaulichen. Wer einzelne Lebensaspekte herausgreift, sie empirisch belegt und auf einer Weltkarte markiert, kann ganz neue Blickwinkel auf das Leben auf unserem Planeten erhalten. Genau das tat Alastair Bonnett, Professor für Sozialgeografie an der Universität Newcastle. Er sammelte 50 themenspezifische Weltkarten und veröffentlichte sie in einem Buch.

Die Weltkarte hat etwas Erhabenes. Sie kann ein bisschen zu verführerisch sein.
Alastair Bonnett

Damit möchte er Probleme verdeutlichen: "Häufig gehen kleinere und sehr wichtige Details verloren und wir gewinnen lediglich eine allgemeine Großansicht. [...] Weltkarten verdeutlichen ein Problem sofort; so erkennt man beinahe auf den ersten Blick das Ausmaß der Friedfertigkeit oder des Wassermangels auf dem Planeten. Beim genaueren Hinsehen beginnen wir Verbindungen zwischen Ländern, regionale Muster und Ähnlichkeiten zu erkennen, die für ein globales Verständnis entscheidend sind."

Die fünfzig Weltkarten beruhen laut Bonnett auf vielen Terabyte an Daten und Millionen Arbeitsstunden von Fachleuten auf der ganzen Welt.

Asteroiden-Einschläge

Täglich verglühen ungefähr 100 Tonnen Staub und Partikel von der Größe eines Sandkorns in unserer Atmosphäre. Aber es geht auch größer: Das Near-Earth Object Observations Program der NASA hat herausgegeben, wie viele sogenannte kleine Asteroiden – das sind Asteroiden mit einer Größe zwischen einem und 20 Metern – in den Jahren von 1994 und 2013 tatsächlich in die Erdatmosphäre eingeschlagen sind. Dort zerschellen sie und kommen nur als kleine Fragmente, sogenannte Meteoriten, auf die Erdoberfläche.

Die Punktgrößen auf der Karte orientieren sich nach der Energie des Einschlags in Joule. Der größte Punkt bei Tscheljabinsk in Südrussland steht für den 17 bis 20 Meter großen Feuerball, der am 15. Februar 2013 vom Himmel fiel. Seine Druckwelle beschädigte Gebäude in der ganzen Stadt und verletzte Hunderte Menschen. Laut Donald Yeomans, Leiter des NASA-Projekts, treffe etwa einmal im Jahr ein autogroßer Asteroid auf die Erdatmosphäre und etwa einmal alle 5.000 Jahre schlage ein Asteroid von der Größe eines Fußballfelds in die Erdatmosphäre ein. Und im Durchschnitt komme es alle paar Millionen Jahre zu einem kolossalen Einschlag, der so verheerend sei, dass er das Leben auf der Erde radikal verändere oder sogar auslösche.

Die Karte soll dabei helfen, das Ausmaß des Problems zu verstehen und uns gegebenenfalls auf zerstörerische Einschläge vorzubereiten. Das ist auch das Ziel das Projekts der NASA: Es soll "möglicherweise gefährliche Asteroiden ausfindig zu machen, bevor sie uns finden", sagt Yeomans.

Flugverkehr

Die Zahl der Flüge steigt seit Jahren stetig an, die weltweiten Passagierzahlen sollen laut Prognosen mindestens bis zum Jahr 2030 weiter wachsen. Trotzdem sind auf der Karte immer noch viele leere Bereiche zu sehen: Beispielsweise weist Afrika nur zwei Prozent des weltweiten Flugverkehrs auf. In Asien beträgt dieser Wert 31 Prozent, was angesichts des riesigen und dicht besiedelten Kontinents gering ist.

Katar hat mit 618.362 ankommenden Passagier*innen pro eine Million Einwohner*innen die meisten Fluggäste. Die Demokratische Republik Kongo hingegen mit 377 pro eine Million Einwohner*innen die wenigsten. Buchautor Alastair Bonnett schreibt: "Das Wachstum der asiatischen Volkswirtschaften und die Verlagerung der Weltindustrie nach Osten spiegeln sich noch nicht im Luftverkehr wider. [...] Und die wachsende Mittelschicht in China und Indien, in Nationen mit jeweils über einer Milliarde Einwohnern, muss erst noch Zugang zum Massenflugverkehr erhalten. Hier ist vieles im Wandel. Diese Karte wird sehr bald ein historisches Kuriosum sein."

Ameisen

Ameisen sind eine der zahlreichsten Insektenarten im gesamten Tierreich und gehören zu den erfolgreichsten Lebewesen der Welt. Mit ihrer geschätzten Gesamtpopulation von etwa einer Billiarde (1.000.000.000.000.000) verkörpern sie mindestens 15 Prozent der tierischen Biomasse an Land. Bis heute wurden 12.500 verschiedene Ameisenarten entdeckt, wobei Forscher*innen davon ausgehen, dass Tausende mehr existieren.

Pauschal gilt: Je höher die Temperatur, desto dichter ist die Ameisenvielfalt. In den Tropen leben sowohl die kleinsten Arten, die etwa einen Millimeter lang sind, als auch die größten Arten, wie zum Beispiel die Dinoponera gigantea, die fast vier Zentimeter lang wird. Während in Deutschland nur knapp mehr als 100 Ameisenarten leben, gibt es auf der Malaiischen Insel Borneo einzelne Bäume, die alleine 61 verschiedene Arten versammeln.

Die Karte basiert auf der Arbeit des Projekts Global Ant Biodiversity Informatics (Pdf), dessen Ziel es ist, alle Ameisenarten aufzulisten und zu kartografieren.

Twitter-Verbindungen

Die Karte wurde von Informatiker*innen der Universität von Illinois erstellt und zeigt keine selbstverfassten Tweets. Sie zeigt die 42.000 meist genutzten Verbindungen. Dazu filterte das Team Retweets zwischen dem 23. Oktober und 30. November 2012. Damit wird indirekt dargestellt, welche Teile der Erde zumindest auf Twitter in diesem Zeitraum Interesse aneinander hatten.

Dabei fällt auf: Nord- und Südamerika interessierten sich gegenseitig nicht so sehr wie zum Beispiel Südamerika und Europa. Generell existieren starke Retweet-Verbindungen über dem Atlantik und über die Arabische Halbinsel bis zu den Großstädten Südostasiens. Da Twittern in China verboten ist, überspringen die Verbindungen in Ostasien die großen chinesischen Städte und führen direkt nach Südkorea und Japan.

Von den 328 Millionen aktiven Twitter-Nutzer*innen leben 70 Millionen in den USA und etwa 14 Millionen in Großbritannien. Diese Zahl ist in Afrika deutlich geringer: In Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land des Kontinents, gibt es ungefähr zwei Millionen Nutzer*innen.

Die Anzahl der Retweets nimmt mit der geografischen Entfernung ab. Nutzer*innen, die nur einmal retweeten, sind durchschnittlich 1.000 Kilometer voneinander entfernt. Je näher sie einander sind, desto öfter wird geretweetet. Die meisten Retweets passieren auf lokaler Ebene.

Sprachliche Vielfalt

Die Karte basiert auf einem sprachwissenschaftlichen Ansatz des Linguisten Joseph Greenberg. Demnach könne man die sprachliche Vielfalt einer Nation messen, indem man die Wahrscheinlichkeit betrachtet, mit der zwei zufällig ausgewählte Personen verschiedene Muttersprachen haben. Der Index dafür reicht von 0 (alle haben dieselbe Muttersprache) bis 100 (keine zwei Menschen haben dieselbe Muttersprache).

Den Oscar für die höchste sprachliche Vielfalt erhält Papua-Neuguinea, knapp vor dem subsaharischen Afrika, Indien und einem großen Teil Südostasiens. Die Länder mit den geringsten oder Null-Raten sind Nord- und Südkorea, Haiti und Kuba. An Sprachvielfalt mangelt es zudem in Süd- und Mittelamerika sowie in Ländern mit sehr unterschiedlichen Einwanderungsmustern wie etwa Nordamerika und Westeuropa. In diesen Teilen gibt es zwar viele Sprachen, sie werden aber nur von wenigen Menschen gesprochen. Laut Schätzungen sind 75 Prozent der US-Amerikaner*innen und 95 Prozent der Brit*innen einsprachig.