Der Fotograf Aaron Walker war 20 Jahre lang als Trapezkünstler in Zirkussen beschäftigt. Daher käme auch sein Interesse für die Dragszene, sagt er. Genau wie im Zirkus schlüpfen Dragkünstler*innen auf der Bühne aus ihrem normalen Selbst in ihre bunte Show-Persona. Bevor sie vor ein Publikum treten, verbringen sie Stunden damit, eine andere Persönlichkeit zu kreieren – optisch und innerlich. "Ich finde es faszinierend, wie stark diese Veränderung von der Straße auf die Bühne ist. Ich habe selbst mitbekommen, wie sich mit ihrer äußeren Veränderung auch ihre Persönlichkeit änderte", sagt Walker. Nach der Transformation seien die Künstler*innen selbstbewusster und lebhafter gewesen.

Für sein Fotoprojekt #Dragformation trifft er regelmäßig Dragkünstler*innen. Walker möchte mit der Porträtreihe dokumentieren, was "drag eigentlich ist" und was es für die Person vor seiner Kamera bedeutet. "Ich hoffe, ich kann mit meiner Arbeit Leute dazu bewegen, über die vielen Rollen von Drag nachzudenken: von ihrer rebellischen, zerstörerischen Verwendung über ihren kulturellen Wert innerhalb der Gesellschaft bis hin zu ihrer identitätsstiftenden Wirkung", sagt Walker.

Es gehe darum, Grenzen zu überschreiten, seine individuelle Kunstfigur zu definieren, zu gestalten und zu testen, wie weit man damit gehen kann. Drag ist mehr als bloßes Verkleiden, es ist eine Transformation in ein neues Selbst – außerhalb traditioneller Geschlechterdefinitionen von Mann und Frau. Drag sei laut Walker das perfekte Mittel, um eben diese gesellschaftlichen Einschränkungen zu konfrontieren und in Frage zu stellen.

In Anbetracht des aktuellen politischen Klimas braucht die LGBTQI-Community so viel Unterstützung und öffentliche Wahrnehmung wie möglich.
Aaron Walker

Die Künstler*innen kommen für gewöhnlich in ihrer Alltagskleidung in Walkers Studio und beginnen vor Ort ihre Verwandlung. Jedes Fotoshooting dauert ungefähr dreieinhalb Stunden, wobei Walker nur 30 Minuten für die Vorher-Nacher-Fotos braucht, die restliche Zeit nehmen sich die Queens und Kings zum Schminken und Umziehen.

Sollte es die Einstellung verlangen, gibt Walker Tipps bezüglich der Perückenfarben, um eine breite Variation zu erhalten. Normalerweise aber hält sich Walker aus Designangelegenheiten raus, um den individuellen Stil nicht zu verfälschen. Anfangs hätte er angeboten, eine Visagistin und einen Friseur zur Verfügung zu stellen, doch das wurde schon beinahe als Beleidigung aufgefasst.

Die Shootings organisiert er immer als Gemeinschaftsshooting, "für ein Gefühl der Unterstützung und den Kameradschaftsgeist während der Session." So bekommt er auch die Gelegenheit, die Künstler*innen kennenzulernen und ein paar Fotos hinter den Kulissen zu schießen.

Die Menschen in der Fotoserie sind zwischen 20 und 50 Jahre alt. Die meisten Models arbeiten als professionelle Travestie-Künstler*innen, manche nutzten das Fotoshooting mit Walker gleich als Vorbereitung für ihren Auftritt. Unter den Models finden sich aber auch ein Zirkuskünstler, ein Haarstylist, ein Cafébesitzer, ein Sozialarbeiter, ein Tänzer, ein Eventmanager, ein Schauspieler und ein Musiker.