Wenn wir die Klimakrise verhindern wollen, sollten wir keine tierischen Produkte mehr essen. Am besten ab sofort. Dieser Gedanke sackt immer mehr, wenn man sich die Illustrationen von Sophia Fahrland in ihrem Buch Klimaschutz fängt auf dem Teller an anschaut. "Der Braunkohleausstieg allein wird nicht reichen und dauert zu lange, um die Klimaziele einzuhalten. Jede*r Einzelne muss direkt einen Beitrag dazu leisten: Das einfachste und effektivste ist eine pflanzliche Ernährung", lautet ihre Erklärung, warum sie sich ausgerechnet diesem Thema gewidmet hat.

Bei einer Fridays-for-Future-Demonstration stellte sie fest, dass viele Menschen offensichtlich nicht darüber Bescheid wissen, wie sich unterschiedliche Lebensmittel aufs Klima auswirken. "Wenn diese motivierten Schüler nicht den Zusammenhang von Ernährung und Klima kennen – wer denn dann? Hier fehlte die Aufklärung. Das musste ich ändern."

Eine neue Ernährungspyramide

Bei der gesamten Produktion von Lebensmitteln, samt Aufzucht, Anbau, Transport, Herstellung, Verarbeitung und Lagerung entstehen Treibhausgase. Der Treibhauseffekt führt wiederum zu globaler Erhitzung und begünstigt damit den Klimawandel. Doch die genauen klimatechnischen Daten und Fakten zu einzelnen Lebensmitteln hat wohl kaum jemand im Kopf.

Hier setzt Fahrland an: Sie arbeitet wissenschaftliche Erkenntnisse optisch und inhaltlich so auf, dass sie leicht verständlich und anschaulich werden. Außerdem schlägt sie eine neue Form der Ernährungspyramide vor. Laut Fahrland sollten wir zuerst darauf achten, pflanzlich statt tierisch zu essen, dann saisonal statt ganzjährig und regional statt global. Die Spitze bilden biologische statt konventionelle Lebensmittel.

Sophia Fahrland macht deutlich, welchen Unterschied dieses Konsumverhalten jeweils macht, indem sie einzelne Produkte ihren möglichen Alternativen gegenüberstellt. Etwa ein saisonaler Apfel aus Deutschland einem importierten Apfel aus Neuseeland oder konventionelle pflanzliche Ernährung versus vegane Ernährung mit Bio-Lebensmitteln.

Um die Klimawirkung einheitlich darstellen zu können, vergleicht sie die Lebensmittel anhand ihrer CO2-Äquivalente. Denn andere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas wirken sich anders auf den Treibhauseffekt aus als CO2; sie verbleiben für unterschiedliche Zeiten in der Atmosphäre. Im CO2-Äquivalent werden alle Treibhausgase zusammengefasst, als Referenzwert dient Kohlendioxid.

Nie wieder Butter?

Vor allem ein Bild prägt sich ein und schockiert Fahrland selbst: die Gegenüberstellung von Butter und Margarine. Während sich der Butterbalken mit 23.800 CO2-Äquivalenten fast über die komplette Buchseite erstreckt, kommt Margarine nur auf 1.350 CO2-Äquivalente in Gramm je Kilogramm Lebensmittel. "In der Öffentlichkeit und auch in der Klimabewegung wird stets ein reduzierter Fleischkonsum empfohlen. Doch der Nummer-eins-Klimakiller, die Butter, wird totgeschwiegen", so Fahrland.

In der Öffentlichkeit und auch in der Klimabewegung wird stets ein reduzierter Fleischkonsum empfohlen. Doch der Nummer-eins-Klimakiller, die Butter, wird totgeschwiegen.
Sophia Fahrland

Das Problem: Butter wird aus Milch gewonnen. Ganze 20 Liter werden für ein Kilo fertige Butter benötigt. Dementsprechend viele Kühe braucht es auch, die wiederum klimaschädliches Methan ausstoßen. Und Methan heizt das Klima 30-mal stärker an als Kohlendioxid. Fahrland schlägt deshalb vor, besser darauf zu verzichten: "Da es so einfach ist, Butter durch Pflanzenmargarine auszuwechseln, stellt sich gar nicht die Frage, ob wir das tun sollten oder nicht."

Beim Vergleich von regionalen und importierten Lebensmitteln lässt sich hingegen nicht immer eindeutig sagen, welche Variante nun am ökologischsten ist. Bei der Gegenüberstellung von saisonalen Äpfeln aus Deutschland (790 CO2-Äquivalente in Gramm pro Kilogramm Lebensmittel) und ganzjährig mit dem Flugzeug importierten Äpfeln aus Neuseeland (5.130 CO2-Äquivalente in Gramm pro Kilogramm Lebensmittel) schneiden die saisonalen deutschen zwar besser ab. In Bildern: ein kleiner Kreis auf der einen, eine mindestens dreimal so große Kugel auf der anderen Seite.

Allerdings sind die regionalen Äpfel wirklich nur während der Saison, also von August bis November, ganz klar klimafreundlicher als die importierte Ware. Außerhalb dieser Zeit muss der Energieeinsatz für die Lagerung des heimischen Obsts mitberücksichtigt werden. Wurden die Äpfel lange eingelagert, kann ein frisch gepflückter Apfel aus Neuseeland trotz des Fluges klimafreundlicher sein. Ob das der Fall ist, ist für die Konsument*innen jedoch nicht immer nachvollziehbar. Regionales Obst und Gemüse sollten wir also am besten immer dann essen, wenn es bei uns gerade Saison hat.

Next step: Klimafreundliches Kochen

Die Illustrationen entstanden ursprünglich im Zuge von Fahrlands Bachelorarbeit in Kommunikationsdesign an der FH Münster im Sommer 2019. Das Ganze überarbeitete und optimierte sie mit ihrem Verlag für das endgültige Buch dann noch einmal. Alle Quellen sind darin auch fein aufgedröselt zu finden. Da sich Fahrland generell für gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit interessiert, könnte bald noch ein weiteres Projekt folgen: "Eine weitere Idee wäre es, ein Klimakochbuch zu schreiben. Also ein Kochbuch mit tollen, einfachen Rezepten, die allen Richtlinien der klimafreundlichen Ernährung entsprechen."

Außerdem auf ze.tt: Diese Fotos von Butter sind das Beruhigendste, das du heute sehen wirst