Monate nach dem CDU-Zerstörungsvideo des YouTubers Rezo versucht sich die CSU an einer Antwort: #CSYOU. Durch das durchaus professionell produzierte Video führt ein auffällig blondierter Mann namens Armin Petschner. Der 30-Jährige verantwortet die digitale Kommunikation der CSU-Landesgruppe.

Die erste, fünfminütige Folge ging am Samstag auf Facebook und Instagram online. Das Format soll sich mit der Tagespolitik und der Arbeit der Landesgruppe im Bundestag beschäftigen und alle zwei Wochen erscheinen. Viel Kritik gab es bereits für den Umgang mit Kommentaren unter dem Video. Viele kritische Anmerkungen wurden gelöscht.

Anders als bei dem Video des YouTubers Rezo werden im Video von #CSYOU kaum Quellen genannt und keine Links zu weiterführenden Informationen angegeben. Das Ergebnis: Eine ganze Reihe von Aussagen, die zwar meist nicht völlig falsch, aber oft unvollständig und damit populistisch sind. Das erklärte bereits der VICE-Journalist Sebastian Meineck in einem Thread auf Twitter.

Aussage 1: Die Reise von Greta Thunberg mit einem Segelboot nach New York ist klimaschädlicher als eine Reise mit dem Flugzeug

Der Segeltrip an sich ist klimaneutral. Greta Thunberg reist so ohne den Verbrauch von Brennstoff von Europa in die USA. Doch um das Boot wieder nach Frankreich zu bringen, fliegen zwei Mitarbeiter*innen dem Boot hinterher. Die Rechnung einiger Kritiker*innen: So werde genauso viel CO2 versursacht, als würden Greta und ihr Vater einfach mit dem Flugzeug nach New York fliegen.

Diese Kritik ist aus zwei Gründen unvollständig. Zum einen erklärte der Skipper des Segelbootes Boris Hermann im Interview mit dem Tagesspiegel, dass das Boot Malizia kein Passagierschiff sei und er und sein Team sich gerade auf die Non-Stop-Regatta Vendée Globe vorbereiteten. "Wir testen dafür ständig Material und Crew. Das würden wir, wenn wir Greta gerade nicht an Bord hätten, derzeit in Frankreich tun. Dorthin würden Leute ebenfalls zu ihren Einsätzen fliegen."

Zum anderen ist das Argument gegen Greta Thunberg irreführend. Es dient vor allem dazu, eine Person, die sich nachweislich für den Schutz des Klimas einsetzt und eine umfassende Debatte dazu angestoßen hat, zu diskreditieren. Petschner nennt die 16-Jährige beispielsweise herablassend "Greta Abramowitsch", wohl ein Verweis auf den israelisch-russischen Milliardär Roman Abramowitsch, der eine Reihe von Yachten besitzt und zu den vermögendsten Menschen der Welt zählt. Dahinter lässt sich wiederum das antisemtische Motiv einer jüdischen Weltverschwörung vermuten.

Von Greta Thunberg eine 0,0-CO2-Bilanz einzufordern, geht an dem eigentlichen Problem vorbei: Die Klimakrise bedroht unsere Erde und die Politik muss endlich Maßnahmen dagegen ergreifen.

Aussage 2: Bundestagsabgeordnete der Grünen fliegen am meisten

In Dienstreisen pro Kopf ausgedrückt, stimmt diese Aussage. Demnach entfallen auf eine*n Bundestagsabgeordneten der Grünen in der laufenden Legislaturperiode 1,9 Einzeldienstreisen. Der Durchschnitt für das gesamte Parlament liegt bei 1,2 Einzeldienstreisen. Es lohnt sich aber, einen Blick auf die absoluten Zahlen und die Hintergründe zu werfen, wie derartige Reisen bewilligt werden:

Seit Herbst 2017 gab es bisher insgesamt 854 Einzeldienstreisen. Die Abgeordneten der Grünen flogen demnach 126-mal. Die Abgeordneten von CDU/CSU hingegen 330-mal. Die Grünen teilten zudem mit, dass die Fraktion die Flüge ihrer Abgeordneten mit Klimaschutzzahlungen kompensiere.

Einzelreisen müssen im parlamentarischen Interesse des Bundestags liegen. Das alleinige Interesse eines*r Abgeordneten reicht dafür nicht aus, sondern ein parlamentarisches Gremium muss einen Auftrag erteilen. Alle Fraktionen des Gremiums müssen die Reise bewilligen.

Aussage 3: Bei der Unteilbar-Demo demonstrierten Extremist*innen gegen Extremismus

Statt der Deutschlandfahne seien auf der Unteilbar-Demo vor gut einer Woche Fahnen der Antifa und solche mit DDR-Symbolen zu sehen gewesen, so Videohost Petschner, "also Schwarzer Block und Kommunismusnostalgie." Was er hier auspackt, ist klassische Hufeisentheorie und damit schlicht falsch. Diese Theorie wurde maßgeblich durch den Chemnitzer Politikwissenschaftler Eckhard Jesse geprägt und geht davon aus, dass sich die extremen Enden links und rechts in einer Gesellschaft ähnlich wie bei einem Hufeisen wieder annähern. Das gravierende Problem mit dieser Theorie ist, dass sie Neonazis und vermeintliche Linksextremist*innen fälschlicherweise gleichsetzt. Sie lässt Rassismus als ein Phänomen am politischen Rand erscheinen, dabei durchzieht Rassismus genauso die Mitte der Gesellschaft.

Ebenfalls richtig zu stellen: Antifa und Schwarzer Block sind, anders als Petschner im Video suggeriert, nicht dasselbe. Es gab auch gar keine Vermummungen in schwarzer Kleidung bei Unteilbar. Das Tragen einer Deutschlandfahne haben die Organisator*innen der Demonstration übrigens nie verboten. Es war nur nicht erwünscht.

Aussage 4: Die GroKo liefert – bereits zwei Drittel der Versprechen im Koaltionsvertrag seien umgesetzt oder angeschoben worden

Die Aussage ist grundsätzlich korrekt. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung wurden 61 Prozent der Versprechen im Koalitionsvertrag eingelöst oder zumindest angepackt. Die Aussagen ist aber populistisch. Denn eine derart einfache Rechnung geht davon aus, dass alle Vorhaben die gleiche Wertigkeit haben. Zwei weitere Anmerkungen: Die Mietpreisbremse, die als ein Beispiel genannt wird, wurde bereits von der vorigen Regierung eingeführt und von der aktuellen lediglich verlängert. Der Punkt "Flüchtlingsstrom begrenzt" ist rechtes Wording.

Aussage 5: Die Grünen habe noch nie etwas für die Bundeswehr getan

Ab 2020 dürfen Angehörige der Bundeswehr kostenlos mit dem Zug fahren, ein Vorstoß der Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Dass die Grünen noch nie etwas im Sinne der Bundeswehr gefordert hätten, wie Petschner behauptet, ist nicht richtig. Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Tobias Lindner und der frühere Parteivorsitzende Cem Özdemir haben erst im Juni 2019 die Bundeswehr besucht und am Standort Munster ein fünftägiges Praktikum absolviert. In einem Gastbeitrag für die FAZ mit dem Titel Warum grüne Außenpolitik die Bundeswehr braucht forderten sie im Nachgang eine bessere Ausstattung für die Truppe, um sie fit für die Zukunft zu machen.