Jair Bolsonaro würde lieber einen toten als einen homosexuellen Sohn haben. Er hat einer Politikerin gesagt, dass sie es nicht wert sei, vergewaltigt zu werden und dass der einzige Fehler der brasilianischen Militärdiktatur war, dass sie Menschen gefoltert und nicht gleich umgebracht hat.

Ein weiterer Autokrat also, der den weltweiten Rechtsruck verkörpert und Wahlen gewinnt, indem er den starken Mann raushängen lässt. Das ist sicherlich eine beängstigende Entwicklung, aber für europäische oder gar deutsche Verhältnisse, auf den ersten Blick, nicht weiter ausschlaggebend.

Wenn da nicht Bolsonaros Pläne für die Abholzung des Regenwalds und der drohende Ausstieg Brasiliens aus dem Pariser Klimaabkommen wären. Der frisch gewählte Präsident scheint nämlich Trumps Beispiel zu folgen und das Pariser Klimaabkommen über Bord werfen zu wollen. Diese Entwicklung wäre nicht nur eine herbe Niederlage für die Umweltorganisationen in Brasilien, sondern eine Katastrophe weltweiten Ausmaßes.

Den Hambacher Forst konnten wir retten, beim Regenwald wird das ein wenig schwieriger

Während der vorläufige Stopp der Rodung des Hambacher Forsts in Deutschland 200 Hektar Wald gerettet hat und berechtigterweise als Sieg für die Umweltbewegung gefeiert wird, geraten durch die Wahl Bolsonaros Millionen Hektar Regenwald in Brasilien in Gefahr. Insgesamt verfügt das Land über 136 Millionen Hektar Regenwald und ist damit der

 größte CO2-Speicher der Welt und für das Klima der Erde von enormer Bedeutung.

Komischerweise wird der Amazonas im offiziellen Präsidentschaftsprogramm von Bolsonaro überhaupt nicht erwähnt. Der Ex-Militär beschwört den Übergang zu erneuerbaren Energien zu unterstützen und die Abhängigkeit zum Erdölriesen Petrobras durch die Privatisierung von Teilen des Unternehmens zu reduzieren. Allerdings plant Brasiliens neuer Präsident ebenfalls, das Umweltministerium dem Landwirtschaftsministerium zu unterstellen. Damit würde der Umweltschutz des Landes an diejenigen fallen, die die Umwelt am meisten bedrohen – die Agrarunternehmer*innen.

Von 2005 bis 2012 konnten sich die brasilianischen Wälder erholen. Unter der Regierung Lula da Silvas ging die Rodung um etwa zwei Drittel zurück – von 20.000 Quadratkilometern auf etwa 6.000 Quadratkilometer pro Jahr. Bereits jetzt hat aber die illegale Rodung des Amazonas infolge der politischen Instabilität der vergangenen Jahre zugenommen.

Plant Bolsonaro einen Trump?

Drei Tage vor der Wahl sagte Bolsonaro, dass er das Pariser Klimaabkommen respektieren werde. Allerdings nur solange Brasilien die Kontrolle über die Anden, den Amazonas-Regenwald und den Atlantischen Ozean beibehält. 

Auch wenn Bolsonaro das Pariser Klimaabkommen ablehnt, kann er den Amazonas-Regenwald nicht ohne Kontrolle abholzen. Dazu müsste er auch das brasilianische Forstgesetz ändern; ein nationales Gesetz, das Landbesitzer*innen im Regenwald verpflichtet, 80 Prozent ihres Landes als Reserve für einheimische Vegetation zu erhalten. Um dieses Gesetz zu ändern, müsste Bolsonaro über eine Mehrheit im Senat und im Parlament verfügen, die seine Partei SLP noch nicht hat.

Aber auch ohne das Forstgesetz zu ändern, kann Brasiliens Präsident bei der illegalen Rodung des Amazonas ein Auge zudrücken. Wie uns Greenpeace Sprecher Marcio Astrini mitteilte, plant Bolsonaro die Einschränkung des Spielraums der brasilianische Umweltbehörde Ibama. Die Finanzierung der Umweltbehörde soll künftig begrenzt werden. Die Bewachung des Regenwaldes werde dadurch erschwert. "Er sendet ein klares Zeichen, dass Brasilien seine Anstrengungen zur Bekämpfung der Rodung in Amazonien reduziert", sagte Astrini.

Amazonaspolitik der Militärdiktatur

Bolsonaro hat auch seine Ansichten über die indigene Bevölkerung Brasiliens deutlich gemacht: Er hat das Engagement der brasilianischen Regierung für die Erhaltung großer Teile des Amazonasgebietes für indigene Völker kritisiert und versprochen, dass er "den Indianern kein weiteres Stück Land geben wird".

Bolsonaro hat bereits angedeutet, dass er ihre Gebiete für den Bergbau öffnen wird und möglicherweise sogar eine Autobahn durch das Amazonas-Gebiet plant. In vielerlei Hinsicht scheint der Ex-Militär auf die Amazonaspolitik der Militärdiktatur, die bis 1985 das Land regierte, zurückgreifen zu wollen. Zu dieser Zeit förderte das Land die rasante Entwicklung des Amazonasgebiets, baute Straßen und verwandelte die Wälder in Acker- und Weideland.

Nun aber ist es dringender denn je, den Klimawandel aufzuhalten. Der Weltklimarat hat erst vor zwei Wochen eine Studie veröffentlicht, wie der Mensch, auch jetzt noch, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen kann. Dafür müsste aber die weitere Rodung begrenzt werden, da Wälder eine bedeutende Kapazität zur Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff haben.

Für Jair Bolsonaro sind die Bedrohungen des Klimawandels unwichtig. Er sieht in Amazonien nicht den lebensrettenden Regenwald, der das Leben der zukünftigen Generationen lebenswert erhalten kann, sondern vor allem sein wirtschaftliches Potenzial. Seine Prioritäten sind klar: erst Produktivität, dann Umwelt.

Mit diesem Leitsatz wird Bolsonaro auch sein Werk als Präsident des viertgrößten Landes der Welt angehen. "Ich werde das Schicksal des Landes verändern", erklärte der 63-Jährige nach seinem Sieg. Mit seiner Regenwaldpolitik spielt er aber auch mit dem Schicksal von uns allen.