Naaaaaaaants ingonyama bagithi baba! Auch im Live-Action-Remake von Der König der Löwen erzeugen die Songs Gänsehaut. Die ganz große Emotion bleibt jedoch aus. Eine Kritik

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Die Leinwand ist schwarz, eines der wohl bekanntesten Intros der (animierten) Filmwelt ertönt und wir sind sofort wieder zurück im Geweihten Land. An dem Schauplatz also, an dem Simbas (deutsche Synchronstimme: Leonard Hohm, Original: Donald Glover) Geschichte beginnt. Schon vor 25 Jahren, als Der König der Löwen zum ersten Mal ins Kino kam, begeisterten die Bilder vom Königsfelsen und den Tieren, die Simba sehen wollen. Und auch in Disneys Remake ist man zunächst fasziniert von dem Setting sowie der Überführung der Zeichentrickcharaktere in eine nahezu realistische Darstellung. Doch spätestens als Simba und Nala (im Original besetzt mit Beyoncé Knowles-Carter, deutsche Stimme: Magdalena Turba) ihr bekanntes Duett singen, fängt man an, sich zu fragen, warum es überhaupt eine Neuauflage braucht, wenn das Original doch nach wie vor so ge- und beliebt ist.

Can you (still) feel the love (tonight)?

Es ist unumgänglich, ein Remake mit dem Original zu vergleichen. Insbesondere beim König der Löwen. Denn während beispielsweise Das Dschungelbuch in der Neuauflage aus dem Jahr 2016 deutlich düsterer daherkommt und zumindest Ansätze einer Neuinterpretation enthält, orientiert sich Der König der Löwen von 2019 nahezu identisch am Original.

Jon Favreau, Regisseur beider Filme, sagte dazu im Interview mit ze.tt, dass gerade bei dieser Produktion der Druck deutlich höher gewesen sei als beim Dschungelbuch. "Beim König der Löwen verhält es sich noch einmal extremer, da viele Zuschauer jede einzelne Einstellung kennen. Daher war es uns wichtig, sehr nah am Original zu sein", so Favreau. Aber gerade das wird dem aktuellen Film oftmals zum Verhängnis.

Zu sehr haben sich die lieb gewonnenen Zeichentrickcharaktere Mufasa, Simba, Nala und Co. ins kollektive Disney-Filmgedächtnis gebrannt. Immer wieder findet sich der*die Zuschauer*in in solchen Situationen wieder, in denen er*sie unvermeidlich Vergleiche zieht, um zu dem Schluss zu kommen: So toll die Optik des Remakes auch ist, als Zeichentrickfiguren waren die Tiere toller. Das fällt vor allem bei Scar (Chiwetel Ejiofor im Original, Torsten Michaelis als deutsche Synchronstimme) auf, der sich als eine der wenigen Figuren optisch deutlich von seiner Zeichentrickversion unterscheidet. Hätten die Filmemacher*innen grundsätzlich mehr Neues gewagt und den Vergleich mit dem Original erschwert, würde das Remake vermutlich besser bei Kritiker*innen wegkommen, die den 2019er Film für unnötig halten.

Technologie und die Sache mit den Emotionen

Ohne Frage sieht der Film jedoch fantastisch aus. Es ist beeindruckend zu sehen, welche enormen Fortschritte die Technologie in den vergangenen Jahren gemacht hat. Mimik, Gestik und Einbettung in die Natur sind erstaunlich realistisch und es macht Spaß, dabei zuzugucken, wie Simba und Mufasa durch hüfthohes Gras streifen oder Jagd auf Zazu machen. Oftmals muss man zweimal hinschauen, um zu begreifen, dass die Tiere in der Savanne nicht echt sind. Was dem Film durch den Fotorealismus allerdings abhanden kommt, ist die Seele.

Mit den überzeichneten Comiccharakteren mitzufiebern, fiel leichter, als eine Verbindung zu den realistisch animierten Tieren herzustellen. Das Original ließ Platz für die eigene Fantasie, knüpfte ein Band zwischen Zuschauer*in und Simba, Mufasa und sogar Scar und den Hyänen. Jetzt fühlt man sich nicht mehr von der Geschichte und einer der traurigsten aller Filmszenen überwältigt, sondern maximal vom beeindruckenden Look des Films. Einzig Timon und Pumba reißen es ab und zu raus, mithilfe von grandiosem Humor – sie sind die wahren Stars des Films. Neben der Musik.

Hans Zimmer und Beyoncé geben alles

Was nach wie vor Emotionen beim Zuschauen weckt, sind die bekannten Songs und Melodien. Komponist Hans Zimmer war es ein Anliegen, dass die Musik zwar frisch aufgenommen wird und hier und da ein Update erhält, sie im Grunde aber an den Erfolg des Originals anknüpft. Mag man sich zwar ein wenig am arg verkürzten Scar-Song reiben, dafür harmonieren Beyoncé und Donald Glover in ihrem Duett wunderbar und werten den Song deutlich auf. Beyoncés neues Lied Spirit bereichert den Film in einer kurzen Szene obendrein.

Das Remake von König der Löwen ist kein schlechter Film, insbesondere, wenn man noch nie das Original gesehen hat. Und Fans können sich an opulenter Optik und dem tollen Soundtrack erfreuen – auch wenn der emotionale Funke am Ende nicht überspringen wird wie beim Original.

Außerdem auf ze.tt: Regisseur Jon Favreau im Video-Interview