Das mit dem Fotografsein ist bei Dennis Scholz mehr aus Versehen passiert. Unter keinem alten Klassenfoto wird man lesen: "Berufswunsch: Fotograf". Wahrscheinlicher ist, dass man dort liest: "Berufswunsch: Skateboarder".Denn die Leidenschaft zur Fotografie ist eine Folgeerscheinung: "Das Skaten war definitiv zuerst. Mit acht Jahren habe ich damit angefangen. Quasi alle Skater kommen aber irgendwann an den Punkt, an dem sie sehen möchten, wie die eigenen Tricks aussehen", erzählt Dennis. "In der Regel beginnt man dann, sich gegenseitig bei den Tricks zu filmen."

Kurze Videos von gelungenen Tricks auf Youtube hochzuladen, war aber nicht genug für Dennis: "Ich habe mich früher immer riesig auf Monatsanfang gefreut, wenn ein neues Skateboardmagazin im Briefkasten lag. Irgendwann wollte ich selbst solche Fotos schießen, wie sie in den Magazinen sind, und habe angefangen mit der alten Digiknipse meiner Eltern rumzuprobieren."

Eine Frage des Stils?

Mit der Zeit fand der 23-Jährige zu einem Stil, der sich von klassischen Sport- und Skatefotos unterscheidet. Denn das Besondere an Dennis’ Fotos ist, dass der Skater und der vorgeführte Trick nicht alleine im Rampenlicht stehen. Abstrakter Co-Protagonist auf allen Fotos ist der Ort, an dem geskatet wird.

Wie kam es dazu? "Oft bin ich zum Skaten in abgefuckten Umgebunden und runtergekommenen Hinterhöfen unterwegs", erzählt Dennis. "Die MUSS ich einfach auf den Fotos miteinfangen, weil sie es sind, die das Foto zusammen mit Trick und Skater erst spannend machen."

Die Orte findet der zugezogene Berliner meist bei ausgedehnten Streifzügen durch die Hinterhöfe der Hauptstadt. In Kiezen wie Marzahn-Hellersdorf, in denen sich für die meisten anderen Berliner*innen wenig Ästhetisches befindet.

"Der Blick, den man als Skater auf eine Stadt hat, ist ziemlich speziell. An vielen Orten, die für mich interessant oder fotogeeignet sind, an denen würde jeder andere vorbeigehen und sich denken: ‘Alter, in das abgefuckte Haus würde ich niemals auch nur einen Fuß setzen, geschweige denn, ein Foto von machen.’ Genau DAS sind die Orte, an denen oft die besten Bilder entstehen."

Schöne Fotos zu schießen ist eine Sache. Diese für Geld an Hochglanzmagazine zu verkaufen jedoch eine ganz andere. Wie hat es gerade der 23-Jährige geschafft, aus dem Meer an Instagram-Skateograf*innen hervorzustechen?

Oder anders gefragt: Wieviele Fotoredakteur*innen musste er in seinem Leben schon bestechen? Angeblich keine*n: "Im Grunde ist es wie in allen Branchen: Man braucht Geduld und muss die richtigen Menschen kennen. Du kannst noch so geile Fotos an Skateboardmagazine schicken. Wenn die dich nicht kennen, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie deine Fotos drucken." Und das Kennenlernen? Das ergebe sich irgendwann von selbst, wenn man nur genug in der Szene drinstecke und Leidenschaft zeige. Und eine Prise Können brauche es natürlich auch.

Endlich bei Koks, Nutten und der Berliner Kunstbourgoisie angekommen?

Bei Dennis hat es jedenfall geklappt. Er kann von der Fotografie leben. Seine Fotos wurden schon in allen bekannten Skateboardmagazinen veröffentlicht. Er wird inzwischen für Portraitaufnahmen und Werbebilder gebucht. Sogar eine Modekollektion hat er schon fotografiert. "Diese Art des Fotografierens mit Ablaufplänen und gebuchten Studios, unterscheidet sich ziemlich von meinen Skatefotos", erzählt mir Dennis. "Das fühlt sich mehr nach Arbeit an. Für meine Skatebilder ziehe ich ja häufig einfach mit meinen Freund*innen los, wir haben Spaß und es ergeben sich gute Fotos oder auch nicht. Bei Werbefotos muss ich dagegen auf den Punkt funktionieren. Am Ende des Tages muss etwas Entstanden sein."

Von August bis September hängen Dennis' Fotos in XL-Drucken in seiner eigenen Ausstellung "Facades of Skateboarding". Ist er an dem Punkt angekommen, mit Koks und Nutten und der Berliner Kunstbourgoisie abzuhängen? Lachen. "Nee. Ich hänge nicht den ganzen Tag auf Fotoausstellungen ab oder halte Nerdytalk mit anderen Kunstmenschen. Fotografie läuft bei mir tatsächlich mehr so beiläufig ab. Ich mach das zwar, muss mich aber nicht ständig mit anderen Menschen darüber austauschen."

Kein Glitzer, keine Diskokugeln. Da bleibt dann auch mehr Zeit zum Ausleben von Hobby Nummero Uno: dem Skaten. Ob man einfach außerordentlich gut sein müsse, um sein Hobby zum Beruf machen zu können, möchte ich zum Schluss noch wissen. Seine Antwort: "Gut sein ist ja immer etwas sehr relatives."

Dennis' Fotos könnt ihr noch bis zum 5. September 2016 im Café Rock-paper in der Ausstellung "Facades of Skateboarding" sehen. Mehr über die Arbeit von Dennis Scholz erfahrt ihr auf seiner Homepage, bei Facebook oder Instagram.