"Ich kann noch nicht kündigen. Ich bin doch erst so kurz im Unternehmen." Wenn Menschen über ihren Job jammern und du sie fragst, warum sie noch nicht gekündigt haben, kommt unweigerlich diese Ausrede. Gemeine Chef*innen, schlechte Bezahlung, langweilige Aufgaben: Keine Unannehmlichkeit im Job scheint so groß zu sein, wie die Angst, als Jobhopper*in gebrandmarkt zu werden.

Wenn jemand zu viele Jobs hatte, stellt ihn*sie irgendwann niemand mehr ein. So zumindest die Horrorvorstellung, die in vielen Köpfen herumgeistert. Wie viele Jobs sind aber zu viele? Ab wann spricht man von Jobhopping? Warum wechseln Menschen häufig Jobs? Gibt es einen Weg aus der negativ behafteten Jobhopper*innen-Schublade?

Ab wie vielen Jobs ist man Jobhopper*in?

"Es gibt keine amtliche, statistische Definition des Begriffs ‚Jobhopper’.", sagt Thomas Rhein. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und beschäftigt sich mit Trends auf dem Arbeitsmarkt. Jemand, der in einem relativ kurzen Zeitraum von wenigen Jahren relativ häufig den Job wechsle, könne zwar als Jobhopper*in bezeichnet werden, einen genauen Grenzwert gäbe es aber nicht, stellt Rhein klar. So weit, so schwammig: Wie viele Jobwechsel sind relativ viele? Wie kurz ist ein relativ kurzer Zeitraum?

Das liegt im Auge des Betrachtenden. Aneta Schikora von der Bundesagentur für Arbeit meint dazu: "Es gibt Branchen, in denen häufigere Beschäftigungswechsel nicht ungewöhnlich sind." Beispiele dafür wären die IT- oder Finanzdienstleistungsbranche. Wer für den traditionellen Familienbetrieb mit seinen drei Jobs in fünf Jahren zu flatterhaft ist, hat möglicherweise durchaus gute Chancen beim jungen Start-up.

Sind häufige Jobwechsel nach der Ausbildung ein Auschlusskriterium für spätere Jobs?

In deinem ersten Job stellst du fest, dass die Aufgaben dich nicht erfüllen. Du würdest dich gerne anders spezialisieren oder sogar etwas ganz anderes machen. Geht das? Oder bist du dann schon ein*e Jobhopper*in?

Welche Tätigkeit passt besonders gut zu mir? Welche Tätigkeit übe ich besonders gerne aus? Am Anfang des Berufslebens und auch etwas später kann sich das noch ändern." – Aneta Schikora

Sowohl Schikora als auch Rhein betonen, dass häufige Jobwechsel gerade am Anfang des Berufslebens nichts Ungewöhnliches sind. "Beim Berufseinstieg schaut man: Welche Tätigkeit passt besonders gut zu mir? Welche Tätigkeit übe ich besonders gerne aus? Am Anfang des Berufslebens und auch etwas später kann sich das noch ändern", so Schikora. Die Suche nach mehr Erfüllung im Job ist ein Faktor für Arbeitsplatzwechsel. Auch Rhein meint, dass die Frage "Was ist richtig für mich?" dazu führen kann, dass man von einem Einstiegsjob in eine andere Anstellung wechselt.

Was sind weitere Gründe für häufige Jobwechsel?

"Wenn Sie in einem anderen Unternehmen die Möglichkeit haben, eine etwas höhere Position, mit einem entsprechend höheren Gehalt zu bekommen, ist das gerade beim Berufseinstieg interessant", so Schikora. Je nachdem in welchem Bereich man eine Ausbildung gemacht hat, kann es sein, dass man aus einem breiten Portfolio an Angeboten auswählen kann, oder Unternehmen einen sogar abwerben.

Nicht alle Gründe für Jobwechsel sind positiv. Gerade geringer qualifizierte Personen haben eine unsichere Position am Arbeitsmarkt. Aber selbst wenn man eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat, die Erwerbsverläufe von jüngeren Menschen sind generell unstetiger geworden.

"Beschäftigungszeiten sind kürzer, es wird häufiger der Job gewechselt und Phasen der Arbeitslosigkeit sind kommen öfter vor", so Rhein. Seine Untersuchungen zeigen auch warum. Es sind vor allem Geringerqualifizierte, die wegen des technischen Wandels Probleme haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Besser sieht es noch für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung aus, aber sie bekommen zunehmend den Verdrängungswettbewerb mit Hochschulabsolvent*innen zu spüren.

Viele Jobwechsel in der Vergangenheit: Was tun?

Manchmal haben die Aufgaben nicht gepasst, manchmal war die Vorgsetzte gemein und dann wieder die Kollegin*innen blöd. Plötzlich hast du eine ellenlange Liste an Arbeitsstellen in deinem Lebenslauf. Zwischen den Zeilen steht eindeutig Jobhopper*in. Was nun?

"Egal wie mein Lebenslauf aussieht, was grundsätzlich wichtig ist: dass ich vermitteln kann, dass ich immer planvoll und zielbewusst meine Karriere gesteuert habe", rät Martina Bandoly. Und sie muss es wissen, denn sie ist zweite Vorständin der deutschen Gesellschaft für Karriereberatung und Expertin für werteorientierte Führung und berufliche Veränderung. Sie rät: Sieh dir deinen Lebenslauf an. Gibt es einen roten Faden? Eine geschlossene Argumentation im Bezug auf die eigene Karriere gibt potenziellen Arbeitgeber*innen das Gefühl: Du hast deinen Karriereweg bewusst gesteuert.

Was ist aber, wenn du während deines bisherigen Karriereweges kein Ziel vor Augen hattest? Dann hilft dir Selbstbeobachtung. Vielleicht hast du in der Vergangenheit unbewusst Entscheidungen getroffen, die dich in eine bestimmte Richtung geführt haben Dann kannst du diese nachträgliche Interpretation deines Lebenslaufs für zukünftige Bewerbungen nutzen.

Außerdem können häufige Jobwechsel durchaus positiv im Lebenslauf dargestellt werden. "Jede Medaille hat zwei Seiten. Jobhopping hat nicht nur Nachteile", meint Bandoly, "Ich kann mich auf neue Situationen einstellen, ich bin flexibel, ich bin breit interessiert. Ich habe sozusagen mehr von der Welt gesehen." Und auch Aneta Schikora gibt zu bedenken, dass es im Berufsleben um das Austarieren zwischen Flexibilität und Beständigkeit gehe: "Ein zukünftiger Arbeitgeber versucht in einem Vorstellungsgespräch herauszuforschen: Sind Sie bereit sich zu verändern? Sind Sie gleichzeitig aber auch ein zuverlässiger Mitarbeiter?"

Immer wieder auf sich selbst schauen und sich selbst beobachten. Da kann man viel über sich herausfinden." – Martina Bandoly

Was ist aber, wenn schlichtweg kein roter Faden in deinem Lebenslauf zu finden ist? Wenn du auch absolut keinen Plan hast, wohin der Karriereweg führen soll? "Immer wieder auf sich selbst schauen und sich selbst beobachten. Da kann man viel über sich herausfinden.", ist Bandolys Rat. Das kann mithilfe eines Coaches passieren. Aber auch Freund*innen können helfen, einen anderen Blickwinkel auf die eigenen Stärken und Interessen zu bekommen. Fragen, die du dir stellen kannst, sind etwa: Was mache ich gerne? Was kann ich gut? Wo geht meine Aufmerksamkeit von alleine hin? Aber auch: Was fällt mir schwer? Womit habe ich Probleme? Laut Bandoly soll die Selbstbeobachtung dazu führen, dass man ein Gefühl der persönlichen Sicherheit bekommt: "Ich muss wissen: Das sind meine Themen, das sind meine Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse. Und die versuche ich, so gut es geht, bewusst zu leben."

Fazit

Wenn das nächste Mal wieder der*die Vorgesetzte, die Aufgaben, die Kolleg*innen richtig doof sind, frag dich nicht: "Bin ich lange genug im Unternehmen, um zu kündigen?" Eher solltest du dir vor Augen halten, was dieser Job für dich ist. Ein anstrengendes Stück deines Karriereweges, das du aber durchqueren musst, um an dein Ziel zu kommen? Oder ein Dickicht, in das du dich verlaufen hast? Dann heißt es: schnell den Job wechseln.