Da! Das ist die Chance. Der*die Partner*in ist kurz auf Klo, das Smartphone liegt unbeachtet und entsperrt auf dem Tisch. Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt, um mal ganz kurz heimlich ins Handy zu gucken. Was ist denn schon dabei? Wer nichts zu verbergen hat … Na? Kannst du schon spüren, wie dein Arm immer länger wird und nach dem Smartphone greifen will?

Tu es nicht. Nicht nur, dass du die Privatsphäre deines significant others massiv und unentschuldbar verletzt, du könntest auch Dinge erfahren, die alles verändern und quasi die digitale Büchse der Pandora öffnen.

Anders gesagt: Was auch immer du findest, du kannst es nicht mehr rückgängig machen. Und bist du dir sicher, dass du jetzt in diesem Moment mit den Konsequenzen leben könntest? Auch wenn das in einzelnen Fällen durchaus bitter benötigte Klarheit bringen kann.

Schnüffelei kann das Ende der Beziehung sein

Wissenschaftler*innen von der University of Columbia und der University of Lisbon haben unlängst untersucht, wie sich heimliches Ins-Handy-Gucken auf Beziehungen auswirkt.

Dazu haben sie über 100 Menschen anonym eine Umfrage ausfüllen lassen und nach ihren Erfahrungen – sowohl mit spionieren als auch mit ausspioniert werden – gefragt. Genauer gesagt: nach den Gründen dafür, dem Vorgehen selbst und dem, was danach geschah. Dabei beschränkten sich die Forscher*innen nicht nur auf romantische Beziehungen, sondern schlossen auch Familie und Freund*innen mit ein.

Ergebnis: Es ist keine gute Idee. Von den Befragten gaben 21 an, dass eine Liebesbeziehung wegen heimlicher Handyschnüffelei in die Brüche gegangen ist. "Das lag entweder daran, dass der Smartphonebesitzer das Gefühl hatte, das Vertrauen wäre missbraucht worden – oder weil es bereits andere Probleme innerhalb der Partnerschaft gab", sagt Studienautor Professor Ivan Beschastnikh laut Webseite der Uni.

Und während beispielsweise in Freundschaften vor allem Scherz und Schabernack als Gründe fürs Spionieren angeführt wurden, ging es laut der Antworten in Beziehungen vor allem um Eifersucht und Kontrolle.

Heimlich ins Handy gucken sollte unnötig sein

Ohne aufrichtiges Vertrauen und Respekt läuft in einer Beziehung nämlich rein gar nichts. Wer sich arg misstraut oder tatsächlich hintergeht, wer Ängste und Bedürfnisse nicht anspricht oder nicht ernst nimmt, wer den*die Partner*in vollkommen vereinnahmen will, weil der Selbstwert zu winzig ist, oder wer sich im Grunde gar nicht festlegen will, kann es auch direkt lassen.

Falls ihr euch auf eine monogame Beziehung geeinigt habt, solltet ihr euch an diese Vereinbarung halten. Und ein vertrauensvolles, wertschätzendes Klima innerhalb der Partnerschaft herstellen. Eins, in dem man sich Dinge sagen kann, aber nicht muss. In dem jede*r für sich entscheiden kann, was wirklich wichtig ist und was nicht. In dem niemand heimlich ins Handy gucken muss oder möchte.

Wenn die Beziehung stabil und gesund ist, wird er*sie dir schon sagen, falls etwas Wichtiges passiert oder ein potenziell spannender anderer Mensch auftaucht – und umgekehrt. Und dann geht ihr gemeinsam damit um.

Alles Interpretationssache

Denn was mit den Informationen, die bei der Smartphoneschnüffelei auftauchen könnten, nicht mitgeliefert wird: ihr Wert. Also, was bedeutet das wirklich für den*die andere*n? Beispiel: Ein schlichtes Kleinerdrei – für manche ein Zeichen echter Zuneigung, für andere ein inflationär benutztes Symbol für "Okay, war nett, ich muss dann mal. Tschö!"

Außerdem: Bist du dir zu 100 Prozent sicher, dass in den Tiefen deines Smartphones nichts lauert, was ungerechtfertigten Kummer bereiten könnte? Die eine bier-induzierte Instagram-Nachricht an den*die Ex vor zwei Monaten, das nicht gelöschte Foto vom Urlaub vor drei Jahren. Das könnte deinem*deiner Partner*in das Herz brechen und hat für dich null Bedeutung. Gleiches gilt selbstredend auch umgekehrt.

In soliden Beziehungen wird nicht spioniert

Das ist auch ein Ergebnis der Untersuchung: Die Beziehungen, die laut Fragebogen die Schnüffelei überstanden haben, waren stabil und solide. "In diesen Fällen interpretierten die Ausspionierten das als Zeichen dafür, dass sie ihre Partner stärker ihres romantischen Commitments versichern sollten", sagt Beschastnikh.

Wer eine feste monogame Beziehung eingeht, muss einander vertrauen können. Zumindest so lange, bis es handfeste Gründe für das Gegenteil gibt. Herzleid, Verrat und Betrug aus vergangenen Partnerschaften haben in der neuen nichts zu suchen. Falls das zu schwerfällt und das Misstrauen einfach nicht weichen mag, wären Coaching oder Therapie ein möglicher Ansatz, das Problem an der Wurzel zu packen.

Und wer tatsächlich seine*n Partner*in in einer monogamen Beziehung betrügt, entsprechende Geheimnisse im Smartphone verbirgt und sich deshalb auf keinen Fall heimlich ins Handy gucken lassen will, sollte sich schleunigst ein stabiles Rückgrat wachsen lassen und das Konzept der Monogamie für sich selbst dringend noch mal gründlichst hinterfragen – anstatt einen geliebten Menschen feige zu hintergehen.