Wer sind die Wet'suwet'en?

Wet'suwet'en sind eine sogenannte First Nation – so werden indigene Völker genannt. Das Gebiet der Wet'suwet'en befindet sich im Nordwesten Kanadas, in der Provinz British Columbia.

Gegen was wird da protestiert?

Seit 2012 plant die Firma TC Energy, eine Gas-Pipeline durch das Gebiet der Wet'suwet'en zu verlegen. Es umfasst etwa 22.000 Quadratkilometer – etwas weniger als ein Drittel der Fläche Bayerns. Das Projekt heißt Coastal GasLink und soll Gas aus dem Landesinneren in den Hafen der Stadt Kitimat leiten. Dort wird es verflüssigt und kann mit Schiffen exportiert werden. Das Umweltministerium hat den Bau der Pipeline 2018 bestätigt.

Woran stört sich die indigene Bevölkerung?

Unter der indigenen Bevölkerung ist das Projekt umstritten. Zwanzig sogenannte band councils, gewählte Vertretungen der indigenen Bevölkerung, unterstützen das Projekt. Unter ihnen ist auch die gewählte Vertretung der Wet'suwet'en. Teile der indigenen Bevölkerung verneinen allerdings, dass die gewählten Vertretungen das Recht haben, dies zu entscheiden. Sie kritisieren, dass die Kolonialist*innen des 19. Jahrhunderts ihnen das System der band councils aufgedrückt hätten.

Laut indigenem Recht hätten die sogenannten hereditary chiefs die Autorität in dem Gebiet der Wet'suwet'en – und diese haben dem Coastal-GasLink-Projekt nie zugestimmt. Hereditary chief ist eine einflussreiche Position innerhalb der indigenen Bevölkerung. Der Titel wird innerhalb von Familien weitergegeben, die Personen also nicht gewählt. Der Protest der hereditary chiefs wird nicht nur von Teilen der indigenen Community sondern auch von Klimaaktivist*innen unterstützt.

Welche Kritik äußern die hereditary chiefs am Projekt?

Die hereditary chiefs kritisieren, die Pipeline stelle eine Gefahr für das Land, das Wasser und das Leben der indigenen Bevölkerung dar. "Wir haben das Recht und die Verantwortung, unser Land, unser Wasser und unsere zukünftigen Generationen zu schützen", sagt Sleydo', eine der land defender – der Landverteidiger*innen – wie sich die Protestierenden der Wet'suwet'en selbst nennen.

Wie wollen sie den Bau verhindern?

Als Ende 2018 klar wurde, dass die kanadische Regierung den Bau der Pipeline unterstützt, bildeten die indigene Bevölkerung und solidarische Aktivist*innen Straßenblockaden und Checkpoints entlang der Morice West Forest Service Road, einer wichtigen Straße innerhalb des Gebiets der Wet'suwet'en. Dadurch sollte verhindert werden, dass TC Energy zum Bau der Pipeline in das Gebiet vordringt.

Und jetzt wird die Pipeline nicht gebaut?

Im Dezember 2019 entschied das oberste Gericht der Provinz British Columbia, dass den am Projekt beteiligten Firmen Zugang zum Land gewährt und etwaige Blockaden entfernt werden müssen. Am Donnerstag begann die Polizei, das blockierte Gebiet zu räumen. Dabei sollen mindestens 28 Menschen verhaftet worden sein, darunter auch hereditary chief Freda Huson.

Wie waren die Reaktionen darauf?

Nach der Räumungsaktion fanden solidarische Blockaden in ganz Kanada statt. In der Nähe von Montreal und Hazelton wurden aus Solidarität mit den Wet'suwet'en-Protesten Zugstrecken blockiert. In Ontario blockierten Klimaaktivist*innen gleich drei Zugstrecken. In Vancouver verhaftete die Polizei laut Global News knapp 50 Personen bei der Blockade des Hafens. Der lokale Protest ist zu einer nationalen Bewegung angewachsen.

Solidaritätsbekundungen aus aller Welt trudelten ebenfalls ein. Zum Beispiel von Greta Thunberg, die twitterte "Indigene Rechte = Klimagerechtigkeit". Die African Climate Alliance postete Fotos von Aktivist*innen, die Schilder mit der Aufschrift "I stand with Wet'suwet'en" in die Kamera hielten.

Und jetzt?

Der Konflikt wird wohl auf unbestimmte Zeit weiterbestehen. Die Protestierenden bestehen darauf, dass die Bauarbeiten des Coastal-GasLink-Projekts eingestellt werden, dass die kanadische Provinzregierung die indigenen Rechte respektiert und die Polizei mit den Räumungsaktionen aufhört. Die Firmen, die an dem Projekt beteiligt sind, kündigten an, weiter mit den hereditary chiefs verhandeln zu wollen – die Bauarbeiten sollen jedoch fortgesetzt werden.