Man könnte meinen, mit Jobs wäre es heute so ähnlich wie mit der Liebe: Es muss das ultimativ Richtige sein. Da werden Myers-Briggs-Tests gemacht, dass das Notebook nur so glüht, Stärken und Schwächen ausgelotet, Coachings absolviert, Unternehmensziele recherchiert und mit dem eigenen inneren Kompass abgeglichen, fruchtlose Pro-und-Contra-Gespräche bei Cremant geführt.

Aber Hand aufs Herz: Genauso wenig, wie es den*die eine*n einzigen und für immer passende*n Partner*in für dich gibt, gibt es DEN Job. Manchmal ist ein Job wirklich einfach nur ein Job, mehr nicht. Und wenn er anständig bezahlt ist, ist das ein stichhaltiges Argument, für das sich niemand schämen sollte.

Warum ist uns Geld so peinlich?

Die Frage nach dem "Und, wie viel verdienst du?" wird außerhalb des engsten Familien- und Freundeskreises selten und wenn, dann eher raunend gestellt. Und auch vor der Antwort winden sich viele Menschen. Laut einer Umfrage des britischen Finanzdienstleisters Bankrate teilt weniger als ein Viertel der Befragten die Höhe des Gehaltes mit Kolleg*innen.

Ein Team aus Wissenschaftler*innen der US-Unis Harvard und UCLA hat eine Untersuchung mit 752 Bankangestellten durchgeführt, um das Unbehagen beim Thema Bezahlung zu messen. Dafür befragte das Forscher*innenteam die Angestellten einer großen Bank, wie viel sie zahlen würden, um das Gehalt ihrer Kolleg*innen zu erfahren, ohne sich selbst danach erkundigen zu müssen. Einige der Proband*innen wären bereit gewesen, bis zu 1.000 Dollar für die Gehälter ihrer Kolleg*innen hinzublättern. Einer der Gründe für die Zurückhaltung ist laut der Wissenschaftler*innen die Vorstellung, im Gegenzug ihr eigenes Gehalt offenlegen zu müssen.

In unserer Gesellschaft wird noch immer, wie seit der Industrialisierung, Wert mit Leistung und die wiederum mit Geld verknüpft. Wie viel oder wenig wir verdienen, macht uns ein Stück weit messbar. Folge: Wir haben Angst, als Versager*innen zu gelten oder – bei entsprechend hohem Gehalt – Neid auf uns zu ziehen. Doch das ändert sich gerade mit der Generation der sogenannten Millennials. Nicht nur reden sie offener über Geld, sie erwarten auch andere Dinge von ihrem Arbeitsleben.

Nichts ist perfekt

Ein Job, der Spaß macht und sich dazu auch noch sinnvoll anfühlt, steht ganz oben auf der Wunschliste junger Menschen und ist vielen wichtiger als Erfolg, Karriere und hohes Einkommen. Gleichzeitig fühlt sich die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen aber auch massiv durch Geldsorgen gestresst.

Einerseits pleite, andererseits voller hoher Erwartungen – das kann ein kniffliger Spagat sein. Möglicher Lösungsansatz: purer Pragmatismus.

Nichts ist für immer

Du veränderst dich. Was dir Freude bringt und was nicht, verändert sich auch. Deine Fähigkeiten entwickeln sich weiter, ebenso deine Interessen. Kurz: Ein Job, der jetzt prima zu dir passen würde, tut das womöglich in ein, zwei Jahren nicht mehr.

Also Druck raus, du kannst einen Job auch nur eine Zeit lang machen. Heutzutage bleibt kaum jemand – wie die Generation deiner Großeltern – von der Lehre bis zur Rente in einem Unternehmen. Es ist okay, einen maximal mittelprächtigen Job als Sprungbrett zu nutzen. Oder halt, um finanziell auf die Beine zukommen, erst mal eine Runde Geld zu verdienen und in Ruhe weiter zu gucken.

Geld stinkt nicht

Eine junge Frau aus Kanada hat beim schriftlichen Bewerbungsverfahren nach der Bezahlung gefragt – und wurde prompt erst gar nicht zum Gespräch eingeladen. Mit haarsträubender Begründung: Ihre Frage würde zeigen, dass ihre Prioritäten nicht mit denen des Unternehmens übereinstimmen würden; das Start-up wäre eher auf der Suche nach Menschen, die quasi in erster Linie aus intrinsischer Motivation heraus über sich hinauswachsen würden. Nachdem der Fall öffentlich für einen Shitstorm gesorgt hat, ruderte die Firma zurück.

Statt mit angemessenen Gehältern locken Start-ups mit fluffiger Unternehmenskultur, kumpeligem Umfeld und Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung – vorausgesetzt, du kannst nach 14 Stunden noch die Kraft dafür zusammenkratzen. Aber Arbeit ist nun mal, vereinfacht ausgedrückt, Zeit gegen Geld. Da sollte das Verhältnis stimmen. Danach zu fragen, beziehungsweise einen angemessenen Preis für deine Zeit (und Leistung!) zu verlangen, ist dein gutes Recht.

Shut up and take the money!

Wenn du nicht weißt, was du wirklich, wirklich willst: Lass das Grübeln. Du hast einen Job (in Aussicht), der nicht perfekt ist, aber vernünftig entlohnt wird? Nimm die Kohle mit! Kauf dir was Schönes, lege ein Sümmchen zur Seite oder fahre in den Urlaub. Spende was, lade deine Eltern zum Essen ein. Dir wird schon was einfallen.

Ja, gutes Geld ist ein guter Grund. Definitiv nicht der einzige, aber ein guter. Und so lange du bei der Jobwahl mit deinen grundsätzlichen Wertvorstellungen in Einklang bleibst, ist alles schick und der Satz "Ich mach’s hauptsächlich wegen der Kohle" kein Grund zur Scham.

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