Die Alternative für Deutschland (AfD) hat im Bundestag beantragt, Texte des in der Türkei inhaftierten und kürzlich freigelassenen Journalisten Deniz Yücel zu missbilligen. Er sei ein "Deutschlandhasser" und genieße als "Ikone der Linkspresse" eine Vorzugsbehandlung. Die Partei wollte damit erreichen, dass er an oberster Stelle – vom Deutschen Bundestag – für seine Arbeit gerügt wird. Damit greift die AfD die Freiheit der deutschen Presse an.

Die anderen Parteien im Bundestag wehrten diesen Angriff einstimmig ab und kritisierten ihn zeitgleich scharf. Die klarsten Worte fand der Grünen-Politiker Cem Özdemir. In einer emotionalen Rede sagte er zu den AfD-Abgeordneten im Bundestag, sie seien "Rassisten" und "aus dem selben faulen Holz geschnitzt wie Erdoğan". Er verteidigte die im Grundgesetz verankerte Freiheit der Presse. Der Bundestag benotet die Arbeit von Journalisten nicht. Diese Maßregelung war aus mehreren Gründen wichtig.

Die AfD gehört bei diesem Thema in die Schranken gewiesen

Vor dem umstrittenen AfD-Antrag startete die Partei auf ihren Facebook-Seiten eine Offensive gegen Yücel. Die Kritik betrifft Texte, die der Journalist in seiner Tätigkeit für die taz veröffentlicht hatte. Sie ist insofern absurd, als diese Artikel Satire waren; und klar als solche gekennzeichnet.

Der Umgang der AfD mit dem Thema zeigt, dass sie offenbar keine Kenntnis über journalistische Darstellungsformen hat. In Wahrheit bedient sich die Partei aber der alten Verschwörungstheorie von den "gleichgeschalteten Medien"; davon, dass irgendeine mysteriöse Macht an den Strippen ziehe und den Medien vorgebe, was sie zu berichten haben. In gewohnt rechtem Jargon diskredierte etwa die AfD Hamburg nicht nur Yücel selbst, sondern schwadroniert von den vermeintlichen Staatsmedien. Besonders problematisch: Sie hat damit eine regelrechte Hetzjagd auf Yücel losgetreten.

Anhänger*innen der AfD beleidigten Yücel in den Kommentarspalten offen, wünschten ihm etwa, er solle "zurück in den türkischen Knast und da verrotten". Solche Ausfälle wurden von der AfD weitestgehend ignoriert und durften stehenbleiben. Es ist nur konsequent, wenn die Partei dafür generell scharf kritisiert wird – gerade im Bundestag, wo sie versucht, diesen Tonfall in den politischen Alltag zu bringen.

Solange AfD-Mitglieder wie Gottfried Curio im Bundestag versuchen, in fadenscheinigen Reden die Aberkennung Yücels deutscher Staatsbürgerschaft zu erreichen, so lange scheint es nötig, ihm zu erklären, dass seine Partei sich nicht über das Gesetz zu stellen hat. Und solange AfD-Mitglieder wie André Poggenburg türkischstämmige Menschen von den Parteispitzen unsanktioniert "Kameltreiber" nennen darf, so lange muss man sie klar als das bezeichnen, was sie sind: Rassist*innen. Cem Özdemir traf diese Formulierung mit allem Recht.

Der freie Journalismus ist ein hohes Gut

Die Mär von den gleichgeschalteten Medien ist womöglich so alt wie die deutsche Rechte selbst. Wer sich benimmt wie ein Rattenfänger, der seine Fans mit einem Propagandakanal von ihrer fremdenfeindlichen Meinung überzeugen will – wie die AfD es tut –, dem ist Pressefreiheit natürlich unangenehm.

Pressefreiheit bedeutet nämlich, dass unangenehme Fakten ans Licht kommen. Pressefreiheit bedeutet, dass über politische Missstände berichtet werden kann, ohne die Sorge, dafür ins Gefängnis gesteckt zu werden, gefoltert oder ermordet zu werden. Pressefreiheit bedeutet auch, dass die eigene Haltung in einen moralischen Gesamtkontext gesetzt wird, der gleichzeitig im deutschen Grundgesetz ausformuliert ist: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."

Wenn von AfD-Mitgliedern auf ihrem politischen Aschermittwoch in Sprechchören die Abschiebung von Cem Özdemir gefordert wird, dann kann es mitunter Aufgabe des Journalismus sein, diesen Fall einzuordnen. Zum Beispiel so: Cem Özdemir ist Deutscher, er würde also höchstens nach Stuttgart abgeschoben. Es handelt sich dabei um nichts anderes als eine dämliche Provokation.

Der freie Journalismus in Deutschland ist ein hohes Gut und muss verteidigt werden. Notfalls mit sehr klaren Worten.