Die Jobwelt, in der ich mich bewege, ist gemacht für Menschen, die keine Menschen sind. Denn menschlich wäre, dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich selbst vorstellt. Menschen mit Kindern wissen, was ich meine. Aber auch Menschen, die krank werden. Menschen, die Angehörige pflegen müssen oder wollen. Menschen, die merken, dass es ihnen besser geht, wenn sie abends zum Chor gehen, statt zwölf Stunden am Stück zu arbeiten. Menschen, deren Partner*in erkranken. Menschen, deren Kind krank wird.

Wenn alles läuft, läuft alles gut. So würde ich mein (Un-)Vereinbarkeitsleben beschreiben. Aber sobald nur ein Teil hakt und nicht so funktioniert, wie die Leistungsgesellschaft es verlangt, bricht alles zusammen. Das ist vor allem verquer, wenn wir darüber nachdenken, in was für einer Gesellschaft wir leben möchten. In einer, in der Menschen funktionieren wie Maschinen?

Oder wollen wir in einer Gesellschaft leben, die aus Menschen besteht. Menschen, denen es mal gut geht und mal schlecht. Die Lebensphasen haben, in denen es ihnen Freude bereitet, von morgens bis abends zu arbeiten. Und Phasen, in denen sie – wegen Kinderbetreuung, wegen Angehörigenpflege oder schlicht wegen weniger Energie – nicht mehr als fünf Stunden am Tag lohnarbeiten wollen oder können. Oder auch mal gar nicht.

Wenn alles läuft, läuft alles gut.

Vereinzelte Bemühungen, Menschen selbstbestimmt arbeiten zu lassen, gibt es. Zum Beispiel Unternehmen, in denen Mitarbeiter*innen bestimmte Rollen übernehmen. Rollen, die gekoppelt sind an Verantwortlichkeiten und nicht an Arbeitszeiten. Am Ende geht es um die Erfüllung einer Aufgabe – unabhängig davon, ob die Arbeit zwischen neun und 17 Uhr erledigt wird, aus dem Büro, der Hängematte oder vom Spielplatz. Nicht alle Jobs lassen diese Flexibilität zu. Aber mehr Jobs, als jene, in denen es aktuell möglich gemacht wird.

Dabei sprechen viele Argumente für eine Arbeitswelt, in der die Lohnarbeit selbstbestimmt geleistet wird. Arbeitnehmer*innen sind dann nicht nur glücklicher, sondern auch produktiver. Was Unternehmen im Kapitalismus eigentlich Anreiz genug sein sollte. In einer Studie schätzten 45 Prozent der Befragten, dass sie – ohne unterbrochen zu werden – ihre Jobs auch in weniger als fünf Stunden täglich erledigen könnten.

"Die Studie bestätigt, dass wir alle viel effizienter mit unserem Arbeitstag umgehen können. Angestellte brauchen mehr Flexibilität im Hinblick darauf, wie, wann und wo sie arbeiten. Wenn Angestellte Zeit zur Erholung bekommen, werden sie produktiver, kreativer und gesünder", erklärt Dan Schawbel, Autor der Studie. Damit das funktioniert, braucht es eine neue Kultur in den Unternehmen. Flexibilität, die vom Unternehmen gewollt ist, statt Mitarbeiter*innen, die mit schlechtem Gewissen das Kind von der Kita abholen.

Wenn wir eine menschliche Arbeitswelt wollen, sollten wir davon ausgehen, dass die Arbeit von Menschen gemacht wird. Von Menschen, die mal gute Tage haben und mal schlechte. Menschen, die sich in unterschiedlichen Lebensphasen befinden. Menschen, die selbst entscheiden wollen, wie sie arbeiten. Wenn individuelle Möglichkeiten Berücksichtigung finden und Individuen wertgeschätzt werden, dann macht das auf Dauer nicht nur unser Leben schöner, sondern auch unsere Arbeit besser. Und sie macht mehr Spaß.