Am Mittwoch wandte sich Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments, mit einem ungewöhnlichen Anliegen an die Politiker. "Hier hat es heute Morgen in diesem Hause einen Zwischenfall gegeben, von dem ich glaube, dass das Europäische Parlament nicht nicht reagieren kann, sondern zwingend reagieren muss", erklärte Schulz. Kurz darauf verwies er den Abgeordneten Eleftherios Synadinos unter Beifall des Saals. Die harte Entscheidung sei unbedingt notwendig, um die Würde des Hauses zu wahren, fügte Schulz hinzu.

Was war passiert?

Eleftherios Synadinos, Abgeordneter der neonazistischen griechischen Partei Chrysi Avgi ("goldene Morgenröte"), hatte die Debatte über den EU-Gipfel in der Türkei mit einer rassistischen Äußerung gestört. Schulz zitiert ihn: "Wie osmanische Wissenschaftler geschrieben haben: Die Türken sind geistige Barbaren, gottesverachtend, Schwindler und schmutzig. Der Türke ist wie der Hund, der den Wilden spielt, aber wenn er gegen den Feind zu kämpfen hat, davonläuft. Der einzig effektive Weg, mit den Türken umzugehen, ist die Faust und Entschlossenheit."

Gegenüber dieser Äußerung zeigte Schulz keine Toleranz und wies Synadinos an, den Parlamentssaal sofort zu verlassen. Als der sich weigerte, drohte Schulz mit den Saaldienern. Die Aussage stelle "eine schwere Verletzung der Werte und Grundsätze der Union" dar. Schulz bezeichnete sie als weiteren Versuch, "rote Linien zu überschreiten, um den Rassismus hier salonfähig zu machen". Mit dem Rauswurf setzte Schulz ein deutliches Zeichen, den rechten Reihen künftig mit mehr Härte zu begegnen. Das Video des Ereignisses machte in sozialen Netzwerken die Runde; Nutzer freuten sich über die Härte, die Schulz dem rechtskonservativen Politiker zeigte.

Wer ist dieser Synadinos mit dem auffälligen Schnauzer überhaupt?

Synadinos hat eine Laufbahn in der Armee hinter sich, er schaffte es bis zum General-Leutnant und führte Spezialeinheiten an. Seit 2014 sitzt der Politiker für die Neonazi-Partei Chrysi Avgi im Parlament. Er ist Mitglied im Haushaltsausschuss sowie in der Delegation für den Parlamentarischen Stabilitäts- und Assoziationsausschuss EU-Montenegro. Als Stellvertreter mischt er auch im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres mit.

Für welche Partei sitzt er im EU-Parlament?

Im Januar 2015 erreichte Chrysi Avgi bei der griechischen Parlamentswahl 6,28 Prozent der Stimmen und konnte mit drei Sitzen ins EU-Parlament einziehen. Die Mitglieder der Partei lassen sich locker als Rassisten bezeichnen: Sie wettern gegen Ausländer und LGBTQ, gerne mit harschen Parolen.* Sie haben auch sonst kein Problem damit, mit Fackeln bei Kundgebungen aufzulaufen, "Blut und Ehre" zu brüllen und das Horst-Wessel-Lied anzustimmen, die einstige Parteihymne der NSDAP.

Was passiert jetzt mit Synadinos?

Schulz bezog sich beim Rauswurf auf Artikel 165 der Geschäftsordnung des EU-Parlaments, in der die Abstimmung im Parlament geregelt ist. Demnach wird das Parlament gemeinsam über Sanktionen gegenüber Synadinos entscheiden. Es wäre zum Beispiel möglich, dass er für einen kurzen Zeitraum nicht mehr an den Sitzungen teilnehmen darf.

*Korrektur: In einer früheren Version stellte der Artikel es an dieser Stelle so dar, als wäre die Geste, die Parteikollegen von Synadinos bei seinem Rauswurf über ihrem Kopf machten, der Gruß der Partei. Dabei handelte es sich allerdings um einen Antrag zur Geschäftsordnung im EU-Parlament, um den Rauswurf zu verhindern. Im Video ist zu sehen, wie Schulz diesen Antrag abwiegelt.