Siemens plant, einen Kohleminenbetreiber in Australien mit Technik zu beliefern. Dabei wollte der Konzern eigentlich mehr fürs Klima tun.

UPDATE: Siemens-Chef Joe Kaeser verkündete am Sonntag, nicht aus dem Adani-Carmichael-Projekt auszusteigen.

Am Freitag treffen sich die Dortmunder Aktivist*innen der Umweltgruppe Fridays for Future (FFF) vor dem Siemenswerk, um dort zu demonstrieren. Auch in Augsburg, Bielefeld, Braunschweig, Dortmund, Erlangen, Erfurt, Freiburg, Konstanz, Mannheim, München, Osnabrück und Trier sollen Protestaktionen vor Niederlassungen des Konzerns stattfinden. In mehreren anderen Städte sind sogenannte "Siemens-AG-Mahnwachen" geplant.

Was stört die FFF-Aktivist*innen an Siemens?

Es geht um ein Steinkohlebergwerk in Australien. Die indische Adani Group errichtet in der Nähe der australischen Westküste eines der größten Steinkohlebergwerke weltweit, die Carmichael-Mine.

Um die abgebaute Kohle transportieren zu können, plant die Adani Group eine knapp 200 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen dem Bergwerk und dem Hafen von Abbott. Und die Signaltechnik für diese Bahnstrecke soll von Siemens kommen, einem der größten Unternehmen für Elektrotechnik und Elektronik weltweit.

Ein Kohlebergwerk ausgerechnet in Australien? Da brennt es doch gerade richtig heftig?

Genau. 2019 war das heißeste und trockenste Jahr, das Australien seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt hat. In New South Wales, der Region, die besondern von den Bränden betroffen ist, fällt seit 1990 im Schnitt elf Prozent weniger Regen, schreibt

Der Spiegel. Zudem sei das Feuerrisiko seit 1978 gestiegen und die Feuersaison halte inzwischen länger an.

Das alles sind Indizien dafür, dass die Brände in Australien in Zusammenhang mit der globalen Klimakrise stehen. "Zwar müssen wir noch ein paar Wochen warten, bis die aktuelle Situation eingeordnet werden kann", sagte die Klimafolgenforscherin Kirsten Thonicke der Morgenpost, "aber es ist zu erwarten, dass sie sich einreiht in die Reihe der Extremereignisse aus den vergangenen Jahren, die auf die globale Erwärmung zurückzuführen sind."

Der Kohleabbau ist einer der Sektoren mit dem größten CO2-Ausstoß. "Deswegen wäre die Beteiligung von Siemens an diesem Projekt grob fahrlässig", schreiben die FFF-Aktivist*innen auf ihrer Webseite.

Was kritisiert FFF noch an dem Bauprojekt?

Zudem würde durch den Bau des Steinkohlebergwerks indigenes Land gestohlen und Wasser verschmutzt werden, schreibt FFF. Die Umweltaktivist*innen fürchten auch um das Great Barrier Reef, das durch den Transport von Kohle nach Indien mit Schiffen zerstört werden könnte.

Und was sagt Siemens dazu?

Nachdem die Organisation FFF bereits im Dezember gegen die Belieferung der Adani Group mit Signaltechnik protestiert hatte, kündigte der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG Joe Kaeser an, den Auftrag prüfen zu wollen.

Am Freitag trifft er sich mit Luisa Neubauer, um sich der Kritik der Umweltaktivist*innen zu stellen. Es wird erwartet, dass er noch diese Woche entscheidet, ob das Unternehmen an dem Auftrag festhält – oder es ernst meint mit dem Versprechen, mehr für das Klima tun zu wollen.

Was, Siemens will mehr für das Klima tun?

Ja. 2015 kündigte das Unternehmen an, bis 2030 klimaneutral arbeiten zu wollen. Dafür möchte es 100 Milliarden Euro investieren, zum Beispiel in die Verbesserung der Energieeffizienz der Produktionsstätten.

Aber Bahnstrecken für Bergwerke will der Konzern trotzdem ausrüsten?

Genau das kritisieren die FFF-Aktivist*innen als Widerspruch. "Dass Siemens als Konzern, der öffentlich immer wieder bekundet, Klimaneutralität bis 2030 anzustreben und seiner Verantwortung in Zeiten der Klimakrise gerecht werden zu wollen, jetzt durch einen Auftrag ein Projekt stützt, das bis 2080 Kohle fördern wird, widerspricht dem in so vielen Dimensionen", sagte Luisa Neubauer der Augsburger Allgemeinen. "Als Konzern, der verstanden hat – oder vorgibt, zu verstehen – was die menschengemachte Klimakrise bedeutet, ist es nicht zu rechtfertigen, an einem Projekt wie der Adani-Mine festzuhalten."