Was hat es mit dem Siedlungsbau auf sich?

Um den Siedlungsbau und den damit verbundenen Israel-Palästina-Konflikt zu verstehen, müsste man mindestens bis ins Jahr 1945 zurück gehen. Soviel Zeit haben wir jedoch nicht, deshalb hier nur einen kurzen Abriss dessen, was man unbedingt wissen muss, um den Konflikt zu verstehen:

  • Der Siedlungsbau begann nach dem sogenannten Sechstagekrieg 1967. Es kämpften damals Israel gegen seine arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien. Warum, weshalb, wieso, könnt ihr hier nachlesen.
  • Während des Krieges brachte Israel den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem unter seine Kontrolle – und gab diese Gebiete auch nach dem Friedensvertrag vom 11. Juni 1967 nicht wieder zurück.
  • Israelische Bürger*innen begannen nach dem Krieg, in den besetzten Gebieten Häuser zu bauen und eine Infrastruktur zu errichten – was von der israelischen Regierung sowohl materiell als auch ideologisch gefördert wurde und bis heute gefördert wird.
  • Völkerrechtlich wird dieser Siedlungsbau jedoch von einem Großteil der Weltgemeinschaft als illegal betrachtet, denn in der Genfer Konvention heißt es: "Die Besetzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln."

Wer ein gutes Video sucht, der den Konflikt ausführlicher darstellt, sollte sich diesen Beitrag von VOX ansehen:

Doch nicht alle Gebiete, die 1967 von Israel besetzt wurden, sind heute noch von israelischen Bürger*innen besiedelt:

  • Die Sinai-Halbinsel gab Israel 1982 an Ägypten zurück, die israelischen Siedlungen wurden abgebrochen.
  • Die Golanhöhen und Ost-Jerusalem sind quasi annektiert und Teil des israelischen Staatsgebiets – ob man in diesen Gebieten noch von Siedlungsbau sprechen kann, ist umstritten.
  • Das Westjordanland und der Gazastreifen sind inzwischen teilweise palästinensisches Autonomiegebiet (jedoch nicht zu verwechseln mit einem unabhängigen Staat!). Israelischer Siedlungsbau findet im Westjordanland statt. Israel rechtfertigt dies mit der Begründung, dass das Westjordanland vor dem Sechstagekrieg lediglich von Jordanien verwaltet wurde und kein eigener Staat gewesen sei.

Warum wird aktuell darüber geredet?

So, jetzt kommen wir nach einem sehr verkürzten historischen Kontext endlich zum eigentlichen Inhalt dieses Textes: dem aktuellen Zwist zwischen Israel und den USA. Der Grund für den Konflikt ist eine Resolution des UN-Sicherheitsrat, die besagt, dass die Siedlungen "keine rechtliche Gültigkeit" hätten und "alle israelischen Siedlungsaktivitäten" gestoppt werden müssen. Da die Resolution nicht an Sanktionen gebunden ist, bleibt sie folgenlos. Sie ist ein rein symbolischer Akt.

Die Resolution als Symbol ist trotzdem von besonderer Bedeutung: Denn sie ist die erste, die seit Jahren verabschiedet wurde, die die Siedlungspolitik Israels kritisiert. Nach Angaben der Organisation Security Council Report haben die USA in den letzten Jahren 30 Mal ihr Veto eingelegt, um Resolutionen zum Nahostkonflikt zu verhindern. Am Freitag hingegen enthielten sich die Vereinigten Staaten bei der Abstimmung – womit die Resolution mit 14 Ja-Stimmen angenommen wurde.

Warum haben die USA Israel so lange geschützt?

Die USA hat lange mit der Begründung Resolutionen gegen Israel verhindert, dass dies den Friedensprozess zwischen Palästinenser*innen und Israel belasten würde. Der Gazastreifen und das Westjordanland werden überwiegend von Palästinenser*innen bewohnt; sie fordern die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaats. Die von den USA unterstützte Lösung für diesen Interessenskonflikt ist die sogenannte Zweistaatenlösung: Israel soll einen Teil des besetzten Landes abgeben, um die Gründung eines freien, demokratischen Palästinenserstaates zu ermöglichen.

Seit Jahren verhandelt die USA mit Vertreter*innen beider Seiten. Zuletzt scheiterten die Friedensgespräche 2014. Beide Seiten zeigten sich nicht ausreichend kompromissbereit. Auf palästinensischer Seite lag dies vor allem daran, dass gemäßigte Vertreter die Gewalt gegenüber Israel nicht in den Griff bekamen. Israel hingegen scheiterte daran, die Siedlungen im Westjordanland aufzulösen – beziehungsweise versuchten sie dies nichtmal ernsthaft.

Denn einerseits behauptete die israelische Regierung um Ministerpräsident Netanjahu stets, die Zweistaatenlösung zu unterstützen. Andererseits betrieb sie eine offensive Siedlungspolitik: Über 100.000 neue Siedler*innen sind seit 2009 ins Westjordanland gezogen, "in die Mitte dessen, was nach jeder vernünftigen Definition das künftige Palästinensische Staatsgebiet wäre", so US-Außenminister John Kerry.

Warum haben die USA diesmal kein Veto eingelegt?

Dass die USA diesmal kein Veto gegen die UN-Resolution eingelegt hat, hängt auch mit dem Ende von Obamas Regierungszeit zusammen. Das Scheitern der Friedensgespräche, die fehlende Bereitschaft den Siedlungsbau zu stoppen, hatten die Fronten zwischen ihm und Netanjahu in den letzten Monaten verhärtet.

US-Außenminister Kerry sagte in seiner Abschiedsrede am Mittwoch: "Der israelische Ministerpräsident unterstützt öffentlich eine Zweistaatenlösung, aber seine jetzige Koalition ist die rechteste Regierung in der Geschichte des Landes und hat eine Agenda, die von den extremsten Elementen angetrieben wird." Dass die UN-Resolution verabschiedet wurde, gilt als letztes Zeichen der Regierung Obamas an Israel, dass dieses seine Siedlungspolitik überdenken müsste – zumindest, wenn Frieden in Nahost erreicht werden soll.

Wie reagierte Israel darauf?

Israel reagierte auf die Enthaltung der USA im UN-Sicherheitsrat sehr, sehr wütend. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums kündigte an, dass die diplomatischen Beziehungen zu zehn Staaten – allesamt Mitglieder des UN-Sicherheitsrats – vorübergehend eingeschränkt werden.

Hauptziel der israelischen Kritik war die scheidende US-amerikanische Regierung: "Wenn die US-Regierung den palästinensischen Terror so bekämpft hätte wie den Häuserbau in Jerusalem, dann hätte der Frieden vielleicht eine Chance gehabt", sagte Netanjahu als Reaktion auf die Abschiedsrede von Kerry. Kernproblem des Konflikts sei weiter die Weigerung der Palästinenser*innen, Israel als Staat anzuerkennen: "Wie kann man Frieden schließen mit jemandem, der uns unser Existenzrecht abspricht?"

Wird sich etwas ändern, wenn Trump Präsident ist?

Mit Champagner und Feuerwerk wird Israel vermutlich den Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump feiern. Dessen Botschafter für Israel steht schon fest: David Friedman. Ein Mann, der dem Bau und Ausbau jüdischer Siedlungen in den palästinensischen Gebieten nicht kritisch gegenüber steht, sondern ihn sogar unterstützt.

Auf Twitter verkündete Trump: