"Ach sooo – du bist im Homeoffice …" Süffisantes Grinsen mit hochgezogener Augenbraue und ein unausgesprochenes "… na, dann mal viel Spaß beim Rumgammeln." Wer mehr als zwei Tage pro Woche im Homeoffice verbringt, verliert nicht nur den Anschluss zu Kolleg*innen am Arbeitsplatz, sondern zieht sich eventuell auch ihren Unmut zu.

Das hat beispielsweise unlängst die Untersuchung eines britischen Gesundheitsdienstleisters in Zusammenarbeit mit der University of Manchester zum Thema Heimarbeit ergeben.

Demnach kann mehr als eine halbe Woche im Homeoffice sich negativ auf die Unternehmenskultur und soziale Dynamik am Arbeitsplatz auswirken. Insbesondere die zwischenmenschlichen Beziehungen unter Kolleg*innen würden darunter leiden. Kein Wunder: Wer sich nur über Slack oder Skype sieht, verliert den richtigen Kontakt. Und bekommt gegenseitig vieles nicht mit.

Hinzukommt Neid oder potenzielle Abneigung gegenüber denjenigen, die von zu Hause aus arbeiten – Sofa-Jobber*innen, Sesselfurzer*innen, Faulpelze, Verdrücker*innen.

Faul im Homeoffice? Von wegen!

Dass Kolleg*innen Arbeit im Homeoffice derart kritisch beäugen, liegt an verbreiteten Vorurteilen. Allen voran die Annahme, dass der Begriff "Arbeit" in diesem Kontext eher einem Euphemismus gleicht. Gemütlich zwischendurch Serien gucken, mal ein halbes Stündchen aufs Ohr hauen – in der gängigen Vorstellung vieler Leute passiert im Homeoffice jede Menge, bloß keine Arbeit.

Doch das ist ziemlich weit weg von der Realität. Angestellte können sich im Homeoffice oft besser konzentrieren und sind sogar produktiver als Kolleg*innen, die sich im Büro mit Meetings, Pläuschchen und anderen Ablenkungen rumschlagen müssen. Das hat unter anderem auch ein Bericht der AOK ergeben – zwei Drittel der befragten Angestellten schaffen demnach zu Hause mehr.

Zu den Schattenseiten im Homeoffice gehört nachweislich auch eher ein Zuviel an Arbeit. Klarer Feierabend fällt schwer – gerade weil es keine räumliche und auch kaum zeitliche Abgrenzung gibt. Das Homeoffice schließt nicht nach 18 Uhr oder am Wochenende. Arbeit und Privatleben verschwimmen daher leicht zu einer mitunter recht trüben Job-Suppe.

Ich schreibe da durchaus aus Erfahrung: Es gibt ab und zu Tage, an denen ich mich direkt in die Arbeit stürze und mittags nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob ich morgens tatsächlich Zähne geputzt habe. Und manchmal ist der hiesige Postbote der einzige Mensch, mit dem ich von Angesicht zu Angesicht spreche. Klar, das mit der Jogginghose ist famos. Aber von rumgammeln kann wahrhaftig keine Rede sein.

Alles eine Frage der Balance – und Kommunikation

Doch wie so oft macht die Dosis das Gift. Laut der britischen Untersuchung sind bis zu zweieinhalb Tage Homeoffice pro Woche prima, alles darüber hinaus sei jedoch weder dem Wohlbefinden noch der Produktivität zuträglich. Im Gegenteil. Ähnliches hat auch eine ältere Studie der Elite-Uni Stanford gezeigt: Ein bis zwei Tage Homeoffice pro Woche sind laut Forschung ideal.

Entscheidend beim Thema Homeoffice sei laut der britischen Untersuchung deshalb, die Eckpunkte vorher zu besprechen und zu klären. Also: Wer? Wann, wie oft, wie lange? Zu welchen Zeiten? Mit welcher Technologie? Außerdem: Wie oft und wann ist physische Anwesenheit am Arbeitsplatz sinnvoll, erforderlich und förderlich?

All das lässt sich am Besten gemeinsam klären, eventuell sogar mit speziellen Schulungen. Und gegenseitiges Vertrauen ist auch wichtig. Damit das Arbeiten in Jogginghose auch für alle funktioniert – frei von Häme, Neid und Vorurteilen.