Ich bin 27 Jahre alt und ich will keine Kinder. Damit gehöre ich zu den sieben Prozent der Schweizer*innen zwischen 20 und 29 Jahren, die laut einer Befragung des Bundesamtes für Statistik (BfS) gleich empfinden wie ich. Man nennt uns Frühentscheiderinnen und wir sind im Gegensatz zu den Aufschieberinnen und den Spätentscheiderinnen selten. Eine Minderheit.

Es ist einfach so. War schon immer so. Seit ich denken kann, wollte ich keine Kinder.

Erklären kann ich es nicht wirklich. Es ist einfach so. War schon immer so. Seit ich denken kann, wollte ich keine Kinder. Und das, obwohl ich Kinder durchaus mag. Wenn ich mit meinen beiden Neffen zusammen bin, bin ich jedes Mal fasziniert und hingerissen zugleich. Auch die Theorie, dass sich eine zerrüttete Kindheit hinter meiner Entscheidung verbirgt, zieht nicht. Wenn es möglich wäre, würde ich mich hier und jetzt in meine Kinderwelt zurückbeamen, um stundenlang selbstvergessen zu spielen oder mit Freund*innen um die Häuser zu jagen.

Keine Kinder zu wollen, ist egoistisch?

Kinderkriegen ist nun nicht gerade ein Small-Talk-Thema, aber nach einer gewissen Zeit landet es oft auf dem Tisch. Die entspannteste Reaktion, die ich aufs Nicht-Kinder-Wollen erhalte, ist ein überrascht-neugieriges "Ah jaa?" Aber die meisten scheinen es mir nicht so wirklich abzunehmen. Sie glauben, ich sei halt noch jung – der Kinderwunsch käme dann schon noch. Einmal habe ich auch schon persönlich erlebt, dass man mir sagte: "Das ist doch nicht normal – eine Frau ohne Kinderwunsch." In Diskussionen darüber kommt dann manchmal das Argument: "Keine Kinder zu wollen, ist egoistisch – man verweigert seinen Dienst an die Gesellschaft." Wenn wir Menschen eine aussterbende Art wären, dann könnte ich diesen Einwand ja verstehen. Aber so? Schützen wir doch lieber die Orang-Utangs. Ausserdem kann mir niemand glaubhaft machen, dass er*sie nur Kinder zeugt, um der Gesellschaft einen Dienst zu leisten. Vielmehr verbirgt sich dahinter meist ein zutiefst persönlicher, emotionaler Wunsch. Und das ist auch gut so. Denn wir sind ja hoffentlich mehr als Produktionsmaschinen biologischen Erbgutes.

Das Urteil der Gesellschaft oder das Unverständnis Einzelner könnten mir ja eigentlich egal sein. Ein (nicht vorhandener) Kinderwunsch ist doch schließlich Privatsache. Und genau da fängt das Problem an: in der privaten Beziehung. Denn für ein Kind braucht es ja bekanntlich zwei. Und ironischerweise war ich bis jetzt immer mit Männern zusammen, die prädestinierte Vätertypen waren. Solche, denen es quasi auf die Stirn geschrieben steht: "Ich möchte mal Kinder und ich wäre ein Superdaddy!" Solche, die das Familienleben vor die Karriere stellen würden – einer konnte sich sogar vorstellen, Hausmann zu werden.

Dating: Was tut man in so einer Situation?

Bis jetzt tat ich nicht viel. Manchmal behielt ich meinen Kinder-Non-Wunsch ganz einfach für mich. Hielt es nicht für relevant, das Thema anzusprechen, denn für eine Familiengründung per sofort waren wir sowieso zu jung. Aber man wird irgendwie nicht jünger. Und ich frage mich: Wenn ich jetzt einen Mann date, der um die 30 ist und in den nächsten paar Jahren Kinder will; schulde ich ihm dann innerhalb der ersten drei Dates ein Statement, bevor das Ganze ernst wird und irgendwann genau an dieser Differenz scheitert?

Wenn ich jetzt einen Mann date, schulde ich ihm dann innerhalb der ersten drei Dates ein Statement?

Manchmal werde ich auch gefragt, ob ich nicht Angst habe, alleine und einsam alt zu werden – so ganz ohne Kinder, die für einen sorgen. Nein, habe ich nicht. Mal abgesehen davon, dass Kinder schon lange kein Garant mehr dafür sind, dass man die letzten Jahre nicht einsam und allein in einem sterilen, trostlosen Altersheim fristet. Wenn ich an mein Alter denke, dann sehe ich mich entweder in einer kinderlos-glücklichen Partner*innenschaft, in einer Senior*innen-WG mit Freund*innen oder irgendwie, irgendwo mit meinen Geschwistern zusammenlebend.

Meistens finde ich meinen nicht vorhandenen Kinderwunsch aber eher entspannend. Ich muss mir in einer Beziehung nie überlegen: Den müsste ich jetzt behalten, denn vor 30 wollte ich doch eigentlich Kinder kriegen und der wäre doch so ein guter Vater. Wenn es nicht mehr passt, kann man sich trennen – ohne Torschlusspanik. Ich habe keine Grobplanung für mein Leben, denn ich habe keinen Stress, keinen Druck, jetzt noch turbomäßig Karriere zu machen, um dann nach wenigen Jahren bereits zurückzutreten und als Mutter durchzustarten. An so einem Konzept ist nichts falsch. Es ist nur eben nicht meins.

Wenn ich eine Angst habe, dann ist es wohl die, dass ich mich mit der Zeit immer mehr von meinen familiengründenden Freundinnen entfernen werde. Die gemeinsamen Themen und Erlebnisse werden abnehmen, die Distanzgefühle werden wachsen. Vermutlich werde ich einige Freundinnen deshalb verlieren. Und andere (vielleicht jüngere) dazugewinnen. Aber die richtig guten werden bleiben. Oder für die Sex and the city-Affinen: Ich bin dann einfach Carrie, während meine Freundinnen Charlotte oder Miranda heißen.