Silvester, Mitternacht. Während alle anderen sich selig in den Armen liegen, fühlst du dich allein und hast das Gefühl, jemand hätte deinen Brustkorb von innen mit Säure geschrubbt. Alles in dir krümmt sich zusammen, alle Farben sind grau. Und an deinen Eingeweiden zerrt unaufhörlich die Frage: Wann wird die Scheiße endlich, endlich besser?

Der Volksmund sagt: Es dauert ein Viertel so lange wie die Zeit, die man geliebt hat – bei einer viermonatigen Beziehung also einen Monat. Doch stimmt das wirklich? "Es gibt keine Faustregeln", sagt die Liebeskummer-Expertin Silva Fauck. "Bei meinen Klienten dauert es aber, bis sie sich wieder völlig frei fühlen, etwa ein Jahr."

Große Liebe, großer Schmerz

Dabei ist nicht nur entscheidend, wie lange du mit deinem*r Partner*in zusammen warst, sondern auch, wie innig ihr euch verbunden gefühlt habt. Wer länger leidet, hat tiefer geliebt und umgekehrt. Den Grund kennt Silvia Fauck aus ihrer Praxis: "Herz und Seele lassen nicht los."

Aber was tun, wenn das dumme kleine Herz nicht verstehen will, dass es vorbei ist? Es ist so ähnlich wie mit einer Grippe oder einer gebrochenen Rippe: Das einzige, was wirklich hilft, ist aushalten. Vorsichtig atmen, einen Tag nach dem anderen bewältigen, alles Schritt für Schritt. Denn es wird besser, definitiv. Alles eine Frage der Zeit.

Je älter, desto komplizierter

Auch das Alter spielt bei der Dauer von Liebeskummer eine Rolle. Selbst wenn sich der erste Herzschmerz grausamer anfühlt als alles andere auf der Welt, wie es Cat Stevens und Rod Stewart in The First Cut Is The Deepest besungen haben, es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der längste deines Lebens.

Je älter, desto länger hält der Liebeskummer. Und das liegt laut Silvia Fauck unter anderem daran, dass sich zwei Lebenswege miteinander verflochten haben. "Wenn man älter ist, dauert der Liebeskummer in der Regel länger als bei jungen Leuten. Wer älter ist, hat meist mehr verloren als nur die Liebe. Man hatte ein Haus, Kinder, eine Firma und so weiter. All das bricht zusammen." Und so eine Auflösung dauert und schmerzt.

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, der mit steigendem Alter präsenter wird: "Man denkt, man verliebt sich nie wieder", so Silvia Fauck. Und auch, wenn das nicht stimmt, weil Liebe kein Alter kennt: Wer glaubt, die letzte große Chance verloren zu haben, wird sich davon langsamer erholen als jemand, der*die noch das meiste vor sich hat.

Vom Liebeskummer zur Lebenskrise?

Wer von dem Gefühl beherrscht wird, dass ihm*ihr das Herz aus der Brust gerissen, zerfetzt und angezündet wurde, will verständlicherweise einfach nur, dass es aufhört. Leider gibt es keinen Schalter dafür. Liebeskummer ist Trauer und Trauer ist ein Prozess mit verschiedenen Phasen. Die akute Höllenphase sollte nach eineinhalb Monaten halbwegs überstanden sein.

Wenn das nicht der Fall ist, kann professionelle Hilfe eine gute Idee sein: "Aus dem Liebeskummer kann eine Lebenskrise werden. Wer länger als sechs Wochen nicht essen und schlafen kann, der muss sich Hilfe suchen. Arzt, Coach, Beratung. Freunde und Familie können nur bedingt helfen", sagt Silvia Fauck.

Doch so furchtbar und endgültig sich Liebeskummer anfühlt, er hat auch sein Gutes. Er ist eine Möglichkeit, sich intensiv mit dir selbst auseinanderzusetzen, mit deinen Bedürfnissen und Mustern. Und dann kommt irgendwann ganz langsam wieder das Licht zurück in dein Leben. Das weiß auch Liebeskummer-Expertin Silvia Fauck: "Nach einem schweren Liebeskummer lernt man besser auf sich aufzupassen, bleibt bei sich und gibt für einen neuen Partner zum Beispiel nicht das soziale Umfeld auf."

Denn eins steht fest: Wer auch immer dir das angetan hat – du lässt ihn*sie auf keinen Fall gewinnen.

Außerdem auf ze.tt: Dieser Instagram-Account zeigt dir, wie schön und schmerzhaft Liebe sein kann