Was wir für attraktiv halten oder nicht, ist nicht einfach nur persönliche Geschmacksache. Darüber entscheiden auch Umstände, die wir nicht so ohne Weiteres beeinflussen können. Soziale und kulturelle Faktoren, aber auch angeborene Präferenzen. So geht eine Theorie, die sich mit der sexuellen Partner*innenwahl beschäftigt, davon aus, dass besonders männliche Merkmale (wie z. B. ein Bart) für heterosexuelle Frauen besonders attraktiv sind. Dahinter steckt die Annahme, dass evolutionär gesehen Männlichkeit in Partnern für Frauen Vorteile signalisiert. Ganz platt ausgedrückt: männliches Aussehen soll bessere Versorgerqualitäten kennzeichnen. Und hier kommen die Bärte ins Spiel.

Wissenschaftler*innen der University of Queensland und der University of Stirling wollten wissen, wie sich Gesichtsbehaarung bei Männern auf deren Attraktivität auswirkt. Ihre Studie trägt den schönen Titel Eine mehrdimensionale Analyse von Paarungsstrategien und sexueller Selektion bei Frauen aufgrund von männlicher Gesichtsmorphologie.

Gut 900 Probandinnen sollten Männer mit und ohne Bärte bewerten und angeben, wie attraktiv sie die Gesichter jeweils für eine Kurz- oder Langzeitbeziehung hielten. Und an dieser Stelle scherten Frauen mit einer ganz besonderen Abneigung aus. Denn es stellte sich heraus, das Frauen, die sich besonders vor Läusen, Flöhen oder anderen Miniparasiten ekeln, auch Bärte besonders fies finden.

Und warum? Weil diese Parasiten einen Hinweis darauf geben könnten, dass Krankheiten weitergetragen werden.

"Das trifft zumindest für den Großteil unserer evolutionären Vergangenheit zu. Heutzutage, mit vermehrter Körperpflege und besserer Hygiene, besteht die Verbindung zwischen Behaarung und Ektoparasiten nicht mehr, aber die Tendenz dazu kann sich noch gehalten haben", erklärt Anthony J. Lee, Co-Autor der Studie.

Unsere Attraktivitätseinschätzung ist eben nicht rational. Nichtsdestotrotz konnten die Wissenschaftler*innen eine Präferenz für bärtige Männer feststellen:

Frauen haben Bärte als mehr attraktiv als komplett rasierte Gesichter eingeschätzt, besonders wenn es um Langzeit- statt um Kurzzeitbeziehungen geht.
Auszug aus der Studie

Wer auf Grundlage dieser Studie nun unsicher ist, was er mit seinem Gesicht anstellen soll, kann sich allerdings entspannen. Denn auch, wenn die aktuelle Studie vorangegangene Studien in diesem letzten Punkt bestätigt hat, konnten einige der Hypothesen der Wissenschaftler*innen nicht bestätigt werden, wie sie selber in der Studie schreiben.

Bart – ja oder nein?!

Weitergehende Forschung, auch unter Einbezug von nicht-weißen europäischen Gesichtern, wird also zeigen müssen, wie die Ergebnisse weiter zu differenzieren sind. Denn was die Bartforschung eben auch gezeigt hat, ist, dass die sogenannte facial masculinity insbesondere von Frauen aus Ländern mit ausgeprägten urbanen Strukturen und wenig Krankheitserregern als sehr attraktiv bewertet wird. Ein Hinweis darauf, dass soziale Faktoren eben auch ein Wörtchen mitzureden haben, wenn es darum geht, was jemand sexy findet.

Was als attraktiv gilt, ist keine ausschließlich persönliche Frage. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass wir unsere Körper der Mehrheitsmeinung zuliebe umgestalten sollten. Und so erklärt auch Anthony J. Lee, dass Männer tunlichst bei ihrem eigenen Wohlfühlgesicht bleiben sollten:

Ich würde die Entscheidung, mir einen Bart wachsen zu lassen, nicht von einer einzigen Studie abhängig machen.
Anthony J. Lee

In diesem Sinne:

https://giphy.com/gifs/chris-millington-j-john-djjERWETDoAHS