Geld

Als ich nach dem Abi in Südamerika unterwegs war, hatte ich kaum Geld. Ich versuchte zu sparen, wo es nur ging. Ich schlief in Mehrbettzimmern, nahm wenn möglich immer den öffentlichen Bus und hungerte eher, als zu viel für Essen auszugeben. Das ist jetzt ein wenig anders. Ich habe zwar immer noch nicht viel Geld, aber in bestimmte Dinge investiere ich jetzt ohne schlechtes Gewissen. Denn ich habe gelernt, dass sie wichtig sind.

Das fängt bei der Unterkunft an. Statt mit fünf Unbekannten in einem Zimmer zu schlafen und kaum zur Ruhe zu kommen, da der Typ im Bett über mir schnarcht und die beiden Mädchen rechts neben mir morgens um vier Uhr los müssen, um ihren Bus zu erwischen, nehme ich jetzt das Einzelzimmer im Hostel und bin morgens gut erholt. Die nette Atmosphäre und die Kontakte bekomme ich trotzdem mit, nur mit dem Plus meiner Privatsphäre. Und zu meiner Überraschung stellte ich fest: so viel teurer ist es gar nicht.

In Bezug auf Transport ist es ähnlich. Natürlich nehme ich auch jetzt die öffentlichen Überlandbusse, um von einer Stadt in die nächste zu kommen, aber vom Busterminal zum Hostel darf es dann ruhig schon mal ein Taxi sein. Und anstatt total gestresst im überfüllten Lokalbus zu fahren und anschließend mit meinem Rucksack noch 20 Minuten lang durch die Gegend zu laufen, um zwei Dollar zu sparen, komme ich jetzt eine Stunde früher an und trinke schon mal einen Kaffee.

Sightseeing

Auf meiner ersten Reise dachte ich, ich müsste möglichst viel erleben. Einfach weil das erwartet wird. Ich bin von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten getingelt, auch wenn ich gar keine Lust darauf hatte. In den letzten zehn Jahren lernte ich, mich auf das zu konzentrieren, was mir wichtig ist und auch nur dafür Zeit aufzuwenden. Statt mich durch Städte zu schieben, die mich gar nicht interessieren, habe ich jetzt meine Prioritäten: Natur, Natur, Natur. Ich ärgere mich nicht mehr, wenn ich das Gebäude X nicht gesehen habe, sondern verbringe ohne schlechtes Gewissen einen Tag mehr im Nationalpark.

Feiern

Natürlich habe ich mit 20 Jahren öfter mal gefeiert. Was abends lustig war, war am nächsten Tag eine Qual. Wenn ich mich mit einem Höllen-Kater in den nächsten Bus schleppen musste oder einfach einen ganzen Tag im Bett verbrachte, weil mir der Schädel brummte. Jetzt genieße ich alles in Maßen und habe am nächsten Tag immer noch Kraft, um meine Reise zu genießen.

Neinsagen

In den letzten zehn Jahren habe ich gelernt, meiner Intuition zu trauen. Früher habe ich viele schlechte Erfahrungen machen müssen, da ich mich nicht immer so auf mein Bauchgefühl verlassen habe. Das Hostel, in dem ich irgendwie ein ungutes Gefühl hatte, aber in dem ich trotzdem geblieben bin und in dem mir meine Jacke geklaut wurde. Der Guide, der irgendwie komisch war, den wir aber trotzdem engagiert haben und der uns dann den doppelten Preis berechnet hat. Das Restaurant, das mir nicht so gut gefiel, in dem ich dann trotzdem gegessen habe und danach drei Tage krank war. Ich will nicht behaupten, dass ich mit 32 Jahren altersweise bin, aber ich habe durchaus gelernt, mit mehr Selbstvertrauen Nein zu sagen, wenn mir irgendetwas nicht ganz richtig vorkommt.

Am deutlichsten merke ich den Unterschied jedoch in Bezug auf die Menschen, die ich unterwegs kennenlerne. Vor zehn Jahren wollte ich bloß nicht alleine sein und hab mich dadurch manchmal Gruppen angeschlossen, mit denen ich nicht viel gemeinsam hatte. Ich habe viele Leute kennengelernt, aber wirkliche Freund*innen waren nur wenige dabei. Mittlerweile habe ich gelernt, dass Qualität wichtiger ist als Quantität. Wenn ich zu niemandem einen echten Draht habe, dann bleibe ich lieber allein und lese mein Buch, ohne dass mich das in eine Existenzkrise stürzt.

Nicht falsch verstehen: Meine Reise mit 20 war wunderbar und ich möchte keinen Tag missen. Ohne diese Reise wäre mein Leben womöglich anders verlaufen. Aber mit ein paar mehr Erfahrungen auf dem Buckel kann ich vieles dann doch mehr genießen.