"Herr Palmer hat offenbar Probleme mit einer offenen und bunten Gesellschaft", antwortet die Deutsche Bahn AG (DB) auf einen Tweet von Boris Palmer, Grünen-Politiker und Oberbürgermeister von Tübingen. Dieser hatte sich über die jüngste Werbung der DB empört. Darauf sind sechs Menschen zu sehen. Vier davon sind Schwarz oder of Color.

Für die Deutsche Bahn Grund genug, sich als diverses und vielfältiges Unternehmen zu verstehen. Dabei gibt es immer wieder rassistische Vorfälle durch ihre Mitarbeiter*innen. Ich frage mich also, ob die Deutsche Bahn die Menschen, die sie für Werbezwecke nutzt, auch tatsächlich respektiert.

Diversität als reine Modeerscheinung

Unternehmen bemühen sich in den vergangenen Jahren zunehmend darum, mit ihrer Werbung sämtliche Bevölkerungsgruppen anzusprechen. Modeketten zeigen in ihren Katalogen vermehrt Menschen of Color, Werbevideos zeigen queere Menschen, Plakate Menschen mit Behinderung. So sehr ich mich über die Sichtbarkeit von marginalisierten Menschen in den Mainstreammedien freue, ist diese Art der Repräsentation leider nicht der Maßstab dafür, wie sie in Deutschland tatsächlich wahrgenommen und behandelt werden.

Repräsentation ist toll, versteht mich nicht falsch, doch sie darf nicht das Ende dieses Diskurses sein. Wir müssen uns auch fragen, mit welcher Intention Unternehmen ihre Kampagnen von etwa Menschen of Color zieren lassen. Geht es dabei um ehrliche Sichtbarkeit und das Einbinden dieser Menschen in ihre Strukturen? Oder geht es allein um Gewinnoptimierung, bei der sie lediglich als Kaufkraft zählen?

Ich habe ein Problem damit, wenn Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG Menschen of Color schlicht als symbolische Geste für ihre Plakate oder Werbung instrumentalisieren, ohne in Erwägung zu ziehen, sie auch in Machtpositionen wie etwa in den Vorstand zu lassen, oder ihnen die Möglichkeit zu geben, Unternehmen mit ihren Perspektiven aktiv mitzugestalten.

Deutsche Bahn, du hast ein Rassismusproblem

Nicht zuletzt kommt es darüber hinaus immer wieder zu rassistischen Vorfällen durch Mitarbeiter*innen der Deutschen Bahn an Mitfahrenden of Color. Die SPD-Abgeordnete Giorgina Kazungu-Haß berichtete FOCUS Online, dass ein Mitarbeiter sie und ihre Familie aus der ersten Klasse habe werfen wollen, obwohl sie eine entsprechende Fahrkarte besaßen. Trotz offizieller Entschuldigung seitens der Deutschen Bahn AG bleibt dies kein Einzelfall. Die 33-jährige Sanaa teilte zuletzt via Instagram ihre Rassismuserfahrung mit der Deutschen Bahn. Sie und ihr Ehemann hatten auf einer Fahrt nach Berlin ihre Fahrkarten nicht schnell genug vorzeigen können, da der Schaffner die Screenshots ihrer digitalen Fahrkarten nicht akzeptieren wollte. Er habe daraufhin die Polizei gerufen. Gemeinsam mit den Beamten habe er dann das Ehepaar dazu aufgefordert, den Zug – trotz gültiger Fahrkarten – vorzeitig zu verlassen. Sanaa habe dabei sogar einen Asthmaanfall erlitten, bei dem weder die Polizei noch Mitarbeiter*innen der Deutschen Bahn erste Hilfe geleistet hätten.

Racial Profiling und rassistische Anfeindungen durch die Mitarbeiter*innen der DB sind also Realität. Sie werden allerdings vornehmlich von Betroffenen im Internet geteilt. Denn laut Bahnsprecher werden solche Vorfälle nicht erhoben, obwohl Bahnfahrten als häufiges Szenario für rassistisch motivierte Kontrollen gelten. Auch wenn wir lediglich von einer Dunkelziffer ausgehen können, da auch die Polizei solche Fälle nicht dokumentiert, sprechen die geteilten Erfahrungen der Opfer für sich.

Nun frage ich mich, wie die Deutsche Bahn dazu kommt, Menschen of Color als Werbezwecke zu benutzen, wenn sie jene aber in ihrem Alltagsgeschäft tatsächlich nicht respektiert. "Solch eine Haltung lehnen wir ab", heißt es weiter in ihrem Tweet gegen Palmer. Scheint mir leider nicht so.

Repräsentation ist nicht genug

Natürlich ist es schön und auch bestärkend, Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung zu sehen, die mir ähnlich sehen. Repräsentiert fühle ich mich von ihnen aber nicht. Das möchte ich auch gar nicht, da ich mich als komplexen und nuancierten Menschen verstehe, der sich nicht einfach damit zufrieden geben möchte, dass jemand vermeintlich so aussieht wie ich. Viel mehr wünsche ich mir hingegen eine selbstverständliche Sichtbarkeit von marginalisierten Menschen, nicht nur in Werbekampagnen, sondern in allen Räumen und darüber hinaus: Respekt.