Ich leide seit vielen Jahren unter dem Prämenstruellen Syndrom (PMS). Zeitweise war es sogar die schlimmere Form Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS). Ich kämpfe dann mit Stimmungsschwankungen, Heißhunger und schmerzenden Brüsten. Oder ich verfalle in depressive Verstimmungen und kann mich kaum konzentrieren. Mein Job, Freundschaften und Beziehungen leiden darunter.

30 bis 50 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leiden unter PMS. Die genauen Ursachen sind noch nicht geklärt. PMS kann zwischen drei und vierzehn Tagen vor der Menstruation einsetzen und auch hierbei gibt es Unterschiede in der Art, Dauer und Intensität. Die häufigsten Beschwerden sind psychische Symptome wie sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit oder Angst. Körperlich drückt es sich unter anderem durch heftige Unterleibskrämpfe, Migräne oder Akne aus. Das Krankheitsgefühl und die psychischen Probleme können so weit gehen, dass sich Frauen nicht in der Lage fühlen, zur Arbeit zu gehen. Bei vier bis acht Prozent der Betroffenen ist das PMS so stark ausgeprägt, dass sie sich vor Schmerzen nicht mehr bewegen können, sogar ohnmächtig werden. Angstgefühle und ein gemindertes Selbstwertgefühl werfen sie aus der Bahn.

Keine Kontrolle über Körper, Stimmung und Gedanken

Die schlimmste Zeit bei mir kam nach dem Absetzen der Antibabypille. Ich besuchte in dem Jahr, in dem meine Periode völlig ausblieb, häufig die Gynäkologie-Praxis auf. Immer wieder schlug die Ärztin vor, es doch noch einmal mit einer neuen Pille zu versuchen. Das lehnte ich aber ab. Ich wollte es selbst schaffen. Doch meine Symptome wurden immer schlimmer. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Körper, meine Stimmung und meine Gedanken. Durch PMS und PMDS war ich fremdgesteuert, wusste nicht, wer ich bin und wie ich da raus kommen sollte. Mein Zyklus war schmerzhaft und unregelmäßig, ich litt unter Depressionen, Panikattacken, habe mich zurückgezogen. Dazu kam Müdigkeit, heftige Migräne, Krämpfe, Akne und Kraftlosigkeit. Und nein, durch eine Schmerztablette gingen diese komplexen Symptome nicht weg.

Ich wusste nicht weiter. Von chinesischer Medizin, über Tee und Mönchspfeffer, ich probierte alles aus. Wobei nur der Mönchspfeffer und eine Hormonbehandlung die einzigen Vorschläge der Frauenärztin waren. Als ich nach einigen Monaten immer wieder darauf bestand, Tests durchzuführen, kamen wir langsam dahinter. Meine Hormone und Follikel waren so schwach, durcheinander und nicht in der Lage normal zu funktionieren.

Frauen, lasst euch nicht einreden ihr würdet euch nur anstellen!

PMS ist keine klare Krankheit, wie sie im Buche steht.Und trotzdem musste ich mir immer wieder anhören: "Stell dich nicht so an! Oh hast du wieder deine Tage, du Zicke? Kann doch nicht so schlimm sein, nimm doch einfach eine Schmerztablette!" Ich merke immer wieder, dass die Symptome nicht ernst genommen werden. Bei mir waren es aber nicht nur ein paar Krämpfe kurz vor den Tagen, ich war eigentlich den ganzen Monat betroffen. So kam es, auch durch meine Recherche, zu einer Diagnose von PMS/PMDS. Auch wenn es nicht die eine Lösung oder ein Medikament dagegen gibt, war ich erleichtert. Endlich hatte ich die Bestätigung, dass ich mir nicht alles nur einbildete.

Menstruationsurlaub – Arbeitsmodelle als Vorreiter der Bewegung

Stress kann PMS verschlimmern. Es gibt Möglichkeiten Linderung zu schaffen, zum Beispiel mit einer Kombination aus Entspannung, Ernährung und Bewegung. Dafür braucht man aber Zeit, die viele Frauen nicht haben, wenn sie Vollzeit arbeiten. Und es würde mir, meiner Produktivität und meinem sozialen Leben so viel bringen, wenn es einen Menstruationsurlaub gäbe.

In Japan, Südkorea und Indien gibt es Menstruationsurlaub. Um das Jahr 1947 begann die Bewegung in Japan, kurz darauf folgte Indonesien mit der Regelung, das Frauen an zwei Tagen im Monat ein Recht auf Urlaub verschafft. Leider missachten bis heute viele Unternehmen diese Regel. In Südkorea dürfen die Frauen selbst entscheiden, ob sie den Urlaub nutzen oder nicht. Wenn nicht, werden sie höher entlohnt.

Die Firma Nike schloss sich im Jahr 2007 der Bewegung an und fordert auch von Partnerfirmen eine Umsetzung des Urlaubs während der Regelblutung. In Indien gibt es eine Firma, die den ersten Tag der Periode frei gibt. Die Mitarbeiterinnen sprechen von einem angenehmen Arbeitsklima dank Anerkennung, Unterstützung und Normalisierung. Auch ein britisches Unternehmen zog nach. In Italien wird schon seit einigen Jahren ein Modell diskutiert, welches sich aber (noch) nicht durchsetzen konnte. In Russland gab es zwar Ideen, allerdings wurde ein Antrag auf Menstruationsurlaub nie gestellt und sogar von einer feministischen Gruppe bekämpft.

Es gibt viele Diskussionen um den Menstruationsurlaub. Manche Frauen sehen damit die Stellung der Frau angegriffen. Mit dem Nutzen des Urlaubes würde sich die Frau als schwach outen und alle wüssten über ihren Zustand Bescheid, sagen sie. Viele Frauen sind damit lieber alleine und verstecken sich und ihre Bedürfnisse. Und das ist nur allzu verständlich: Wir haben schon Angst, einen Job nicht zu bekommen, da wir möglicherweise irgendwann schwanger werden könnten. Wenn wir da jetzt noch im Vorstellungsgespräch oder später in der Probezeit kundtun, dass wir stark an PMS leiden, wie sähe es dann mit der Karriereleiter aus?

Die Tatsache, dass sich selbst die Frauen, denen laut Gesetz der Urlaub zusteht, nicht trauen, diesen auch zu nutzen, zeigt, wie sehr das Thema tabuisiert ist.

Auch Männer schalten sich in die Diskussion ein. Manche diskutieren, wie es denn um die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz stehe, wenn auch sie nicht einmal im Monat zu Hause bleiben dürfen. Allerdings geht es ja darum, einen Nachteil der Frau auszugleichen, welchen der Mann nie hatte. Hier ist kein Ausgleich für den Mann nötig.

Wir brauchen endlich Verständnis!

Es gibt so viele verschiedene Zyklen, wie es Frauen gibt, doch eins fest steht: Es ist ein natürlicher Prozess. Wir haben ihn uns nicht ausgesucht und können ihn nicht steuern. So passiert es häufig, dass der Zyklus sich nicht danach richtet, ob wir eine wichtige Präsentation auf Arbeit haben. Oft genug müssen Frauen die Schmerzen ertragen oder mit einer Tablette ausschalten. Aber manchmal geht es eben nicht einfach so.

Seit Jahren wächst in mir der Wunsch, dass sich gesellschaftlich etwas ändert. Ich möchte nicht zur Arbeit müssen, wenn ich mit einem aufgeblähten Bauch, schmerzenden Eierstöcken, Pickeln und depressiver Stimmung lieber in meinem Bett bleiben und an die Wand starren möchte. Unsere Gesellschaft geht kaum auf die natürlichen Bedürfnisse der Frauen während ihrer Periode ein. Viele Frauen haben es nie gelernt, sich intensiv mit dem eigenen Körper auseinander zu setzen, um zu wissen, was es braucht, um einen angenehmen Zyklus zu erfahren.

Wie wäre es aber, wenn die Menstruation unseren Takt angeben würde?

Bezahlter Urlaub wäre dann nur fair. Antidepressiva können nicht die Lösung sein. Eigentlich bereitet sich der weibliche Körper jeden Monat auf eine mögliche Schwangerschaft vor – allein, dass wir zu so etwas fähig sind, verdient Respekt. Ich wünsche mir daher Verständnis, Unterstützung und Wertschätzung. Ich wünsche mir den Menstruationsurlaub für Deutschland! Eine Petition für bezahlten Menstruationsurlaub gibt es noch nicht. Vielleicht wäre es ein Anfang? Oder Unternehmen probieren einfach für einige Zeit eine Testphase durch? Ähnlich dem Modell der Firma Culture Machine Media Pvt. Ltd. vielleicht auch eine Homeoffice-Lösung in manchen Fällen? Das geht natürlich nicht in allen Berufen, aber wenigstens die Chance auf Urlaub an zwei Tagen mit belastenden Symptomen?

Frauen sollten in der Lage sein, selbstbewusst zu vertreten wer sie sind und wie sie sind. Dazu gehört auch PMS und die Anerkennung ihrer Bedürfnisse. Ich wünsche mir, dass Frauen in Zukunft ohne Scham zu Hause bleiben können, wenn die Schmerzen bis in den Rücken und die Beine ziehen.

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