Auch wenn 1993 verdammt jung klingt – Menschen, die zu dieser Zeit geboren sind, werden dieses Jahr 24. Nur zur Erinnerung. Ein Alter, in dem man sicherlich nicht mehr von Kindern sprechen kann. Wir, die zwischen 1982 und 1996 das Licht dieser Erde erblickten, sind keine Teenager mehr, die man zum Kaffeeholen in die Küche und zum Faxen – what? – an den Kopierer schickt, sondern erstzunehmende Berufstätige mit beachtenswertem Sozialkapital geworden. Und wir fordern genauso unseren Platz in dieser Welt ein, wie es die Generationen vor uns taten. Wenn auch mit anderen Mitteln.

Ob es unseren Vorgänger*innen schmeckt oder nicht: Wir sind die Zukunft. Mit dem bevorstehenden Generationswechsel werden sich in vielen Betrieben Deutschlands Dinge ändern, sobald wir in höhere Positionen gelangen. Bereits im Jahr 2020 werden Millennials nämlich weltweit mehr als ein Drittel der berufstätigen Bevölkerung stellen. Ab sofort entscheiden wir, wie wirklich flexible Arbeitszeitmodelle aussehen, wie wir unsere ungeborenen Kinder betreuen und Arbeit mit einem Leben vereinbaren können, das diesen Titel auch verdient.

Aber keine Sorge: Nur weil wir vieles hinterfragen und dabei wenig Interesse haben, Dienst nach Vorschrift zu verrichten, heißt das noch lange nicht, dass wir illoyale Volldeppen sind, die beim kleinsten Problem alles hinwerfen und ins Smartphone weinen. Naja, zumindest nicht, wenn Arbeitgeber*innen und Kolleg*innen ein paar Dinge beachten. Los geht’s.

1. Redet mit uns

Selten war es einfacher, Feedback einzufordern als heute. Durch unsere Social-Media-Kanäle stehen wir in ständigem Austausch mit der Umwelt und können abschätzen, wie wir bei anderen ankommen und was uns gefällt. Das hat natürlich Auswirkungen auf das Berufsleben. Laut einer SAP-Studie wünschen sich zwei Drittel aller Millennials öfter Feedback, am liebsten monatlich. Das Blöde: Weniger als die Hälfte erhält es auch. Das führt dazu, dass sich junge Arbeitnehmer*innen unsicher fühlen. Unsicher vor dem ersten Personalgespräch, der ersten Feedbackschleife nach drei Monaten, unsicher bei kleinen Fehlern und ernsten Lappalien.

Liebe Chef*innen: Wartet besser nicht, bis wir total verunsichert um ein 1:1 bitten, weil wir geistig bereits vor der Kündigung stehen, sondern erklärt uns in monatlichen oder zweiwöchigen Gesprächen kurz und knapp, was gut läuft und was besser laufen könnte. Einfach mal nach einer Aufgabe "Danke, hat mir gut gefallen, wie du dies und jenes umgesetzt hast" schreiben. Auch wir sind mit unserem Feedback nicht sparsam und werden euch genau sagen können, wo der Hase in die falsche Richtung läuft. Auf lange Sicht profitiert euer Unternehmen von der neuen Sichtweise. Wenn etwas uncool ist, wissen wir es zuerst – schon vergessen?

Aber bitte nicht beleidigt sein! Wir haben von Eltern und Lehrer*innen stets das Gefühl vermittelt bekommen, Mitspracherecht zu haben – und das fordern wir auch im Beruf rigoros ein.

2. Gebt uns Entwicklungsmöglichkeiten

Jetzt mal unter uns: Niemand hat Lust, für den Rest des Jahres Customer-Support zu machen. Eine abwechslungsreiche Tätigkeit besteht auch nicht darin, jeden Tag etwas anderes für den Business-Account auf Facebook oder Instagram zu planen. Es geht uns darum, etwas lernen zu können und auch mal die Position zu wechseln, wenn wir das Gefühl haben, in einem Bereich genug gesehen zu haben.

Interne Weiterentwicklung macht glücklich und verdrängt Gedanken eines voreiligen Jobwechsels aus purer Langeweile."

Warum nicht alle drei bis sechs Monate eine Job-Rotation einführen, wenn erwünscht? Das fordert gleichzeitig die Motivation und legt unentdeckte Talente offen. Interne Weiterentwicklung macht glücklich und verdrängt Gedanken eines voreiligen Jobwechsels aus purer Langeweile.

3. Lasst uns kommen, wann wir wollen

Die sogenannte Work-Life-Balance ist eine Farce, sobald sie von außen vorgegeben wird. Wer sich jeden Tag entschuldigen muss, weil er*sie fünf Minuten zu spät ist – Für was zu spät, eigentlich? Um in gewohnter Umgebung am Schreibtisch zu sitzen und selbstständig zu arbeiten? – kommt sich nicht nur demotiviert, sondern auch unnötig bevormundet vor. Man kann nicht gleichzeitig Eigenständigkeit von Angestellten verlangen und diese dann in einen Käfig sperren.

Vertrauen ist das Stichwort, die dadurch entstandenen Möglichkeiten belohnen wir im Gegenzug mit Motivation, Loyalität und Ideen, die uns kommen, wenn wir den Vormittag am See verbringen. Gerade Wissensarbeiter*innen, die auf ihrem Fachgebiet Spezialist*innen bleiben müssen, brauchen Freiraum, um komplexe und innovative Gedanken zu entwickeln. Auch wenn es die letzten 30 Jahre vielleicht anders praktiziert wurde: Niemand bekommt Hirnregungen, während er*sie in einem dunklen Kämmerchen an die Wand starrt und von dem*der Chef*in beobachtet wird.

Homeoffice, Jobsharing und bewusste Auszeiten vom Job müssen Realität werden, um menschenwürdige Kreativarbeit in Betrieben zu ermöglichen. 50 Prozent aller Millennials sind laut der Man-Power-Studie Millennials im Karriere-Marathon, für die 19.000 Millennials befragt wurden, offen für alternative Arbeitsmodelle.

4. Beförderung? Muss nicht sein

Falls ihr darauf wartet, dass wir uns den Arsch abarbeiten und in der Chefetage schleimen gehen, nur um später einen Job zu bekommen, der uns noch mehr Anwesenheit abverlangt und Druck aufbürdet, habt ihr falsch gedacht. Die Chef*innenrolle ist für die meisten von uns uninteressant geworden, weil wir unser Ego nicht mit Head-of-Titeln aufpolieren, sondern mit Lebensfreude.

Nur 13 Prozent der Nachwuchskräfte wollen laut der Studie Millennials im Karriere-Marathon Führungsaufgaben übernehmen. Wichtiger sind uns Freizeit und flache Hierarchien. Unpopuläre Entscheidungen vor einem Team zu vertreten, gehört zu der Art von Opfern, die viele von uns einfach nicht mehr bringen wollen.

Wenn es unbedingt Hierarchien geben muss, dann sollten sich Vorgesetzte zumindest die Zeit nehmen, Aufgaben und deren Sinn zu erklären und die Bedeutung von Rollen transparent zu machen.

5. Freundschaft ist unterbewertet

Wer seine Arbeitskolleg*innen nicht leiden kann, wird sich bald einen neuen Job suchen. Also sorgt bitte dafür, dass die Arbeitsatmosphäre gut bleibt. Dazu gehört zum Beispiel das Fördern von Kollegialität statt Ellbogentechnik. Pro-Tipp: Wer scheiße zu Praktikant*innen ist, macht sich bei allen unbeliebt.

6. Let’s face it: Sinn ist wichtig, Geld aber auch

Ja, schon klar. Materielle Dinge sind überbewertet, wir möchten lieber von heute auf morgen mit einem Rucksack nach Sizilien reisen und Oliven pflücken – aber ihr dürft dabei eines nicht vergessen: Das Zimmer oder die Wohnung zu Hause muss auch jemand bezahlen. Und das darf bitte nicht Mutti sein. Gerade in Ballungszentren werden die Mieten Jahr für Jahr teurer und damit auch die Lebenserhaltungskosten. Ein hoher Lohn kann also sehr wohl glücklich machen, sofern auch der Rest stimmt. Die Studie Millennials im Karriere-Marathon zeigt ebenfalls, dass dies zu den wichtigsten Prioritäten bei der Arbeitssuche zählt. 92 Prozent nennen Geld, 87 Prozent Sicherheit und 86 Prozent Urlaub als wichtigste Kriterien.

Aber bitte nicht falsch verstehen: Wir werden für ein bisschen Schotter mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem nicht in einen Ausbeuterkonzern wechseln. So wichtig sind 200 Euro mehr im Monat dann nämlich doch nicht, wenn wir stattdessen an einem Produkt oder einer Technik arbeiten können, die für uns Sinn machen. Wir wollen Arbeitgeber haben, deren Namen wir auch in der Öffentlichkeit erwähnen können, ohne uns dafür zu schämen.

7. Respekt kommt durch Persönlichkeit, nicht durch Hierarchien

Wo früher Titel automatisch für den notwendigen Respekt und das obligatorische Ja und Amen zu allem sorgten, hilft reines Chef*innen-Gehabe heute nicht mehr viel. Respekt verdient sich der*die Vorgesetzte durch tatsächlich vorhandene und unter Beweis gestellte Fähigkeiten, ungekünstelte Authentizität und Empathie seinen*ihren Mitarbeiter*innen gegenüber. Das heißt nicht, dass man zweimal pro Woche zusammen Bowlen gehen muss, um danach lustige Polaroid-Fotos an die Wand zu hängen. Ein kleines Danke an der richtigen Stelle und die Absicht, mitanzupacken, kann bereits Wunder bewirken.  

Fazit

Ja, wir können mit unseren Ansprüchen regelmäßig für Augenroller auf der Chef*innenetage sorgen und stehen auch in den ungünstigen Momenten für einen konstruktiven Dialog bereit. Aber fehlende Motivation kann man uns bei aller Liebe nicht vorwerfen. Wir möchten Arbeitsplätze, die sich so gemütlich wie zu Hause anfühlen und Kolleg*innen, die im besten Fall zu Freund*innen werden. Ellbogentechnik wird geächtet, genauso wie Intransparenz und festgefahrene Strukturen, an denen wir nicht rütteln können.

Wir wollen mit unserer Zeit etwas anfangen, am besten etwas Sinnvolles. Dann haben wir auch kein Problem damit, leidenschaftlich an Projekten zu sitzen, die uns nicht nur ausreichend Geld bringen, sondern auch Spaß machen.