ze.tt: 

Herr Jelinek, warum sehen wir gerade so viele eingesponnene Bäume und Sträucher?

Karl-Heinz Jelinek: Dahinter stecken die Gespinstmotten. Das sind schöne Kunstwerke, nicht wahr?
Naja. Sieht ziemlich brutal aus. Die Raupen fressen gesamte Bäume und Büsche kahl. Erholen die sich denn davon?

Ja, die Motten sind völlig harmlos. Der Spuk geht so ungefähr von April bis Mitte Juni. Dann verpuppen sich die Motten und die Gespinste verwittern. Die Bäume und Sträucher treiben dann ein zweites Mal aus. Vier Wochen später sieht man nichts mehr von den Gespinstmotten.
Warum sind nur bestimmte Bäume und Sträucher betroffen?

Die Motten sind wirtsspezifisch. Eine Mottenart ernährt sich nur von einem bestimmten Strauch oder Baum. Am häufigsten sind Pfaffenhütchen, Traubenkirsche, Weißdorn und Schlehe betroffen.

Das Phänomen ist nicht jedes Jahr gleich stark. Warum?

Das ist ganz normal. Wenn ein Busch kahl gefressen ist und in der Nachbarschaft kein zweiter ist, verpuppen sich die Tiere oder verhungern. Da sind ja mehrere tausend Raupen auf einem Baum. Wenn es zu viele sind, geraten die Tiere auch in Stress. Dann reduzieren Krankheiten oder Parasiten deren Zahl. Dass Vögel die Raupen fressen, habe ich dagegen noch nie beobachtet. Die Gespinste scheinen ein guter Schutz zu sein.
Was passiert, nachdem sich die Motten verpuppt haben?

Irgendwann schlüpfen die Falter. Die paaren sich dann, legen ihre Eier an die Rinde ihres Wirtsbaumes oder -strauchs und im nächsten Jahr schlüpfen neue Raupen.
Welche Rolle spielt ein kalter Winter für die Tiere?

Lange, kalte Winter beeinträchtigen die kleinen Falter kaum in ihrer Entwicklung.
Wird denn Chemie gegen die Motten eingesetzt?

Nein. Es sind ja nur Zierpflanzen und keine Nutzpflanzen betroffen. Es wäre also sinnlos, die zu bekämpfen. Außerdem haben wir schon genug Gift in der Umwelt.