Das Berghain in Berlin gilt als Legende. Zumindest für Elektro-Fans, die den enormen Hype durch die Welt tragen. Für alle anderen ist das Berghain – einfach nur ein Club.

Die Marketingstrategie der Betreiber*innen jedenfalls läuft perfekt, schon seit Jahren. Das Ding wurde zu einem Selbstläufer, vermutlich vor allem wegen des verruchten Rufs. Was ranken sich nicht alles für Mythen um den Laden. Sprechen die Menschen über ihn, hat man das Gefühl, es gehe um einen sakralen Tempel, in den nur Wissende eintreten dürfen und sollen. Nur diese Auserwählten lässt der Wächter herein, so wird es überliefert und Bildnisse aus dem Inneren seien verpönt.

Und jetzt hat dieser eine Club ein Privileg, dass so noch keinem Club der Stadt zuteil wurde: DJ-Auftritte gelten als kulturelle Events. Das hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, wie der Spiegel berichtet. Damit ist er mit Philharmonien gleichgestellt, mit Theatern oder Konzertsälen. Techno fortan als Hochkultur.

Betreiber*innen müssen weniger Steuern bezahlen

Die DJs des Berghain sind jetzt also Berliner Dirigent*innen, Regisseur*innen oder Sänger*innen gleichgesetzt. Allein dieses Statement gleicht schon einer Schelle für besagte Künstler*innen, die jahrzehntelang probten, irgendwie Fuß fassen und sich oft durch verstaubte Strukturen kämpfen müssen – und sich trotzdem mit miserablen Einkommen plagen. Ein "Resident-DJ" im Berghain, der dort einmal im Monat für einige Stunden auflegt, kann für die restlichen Tage die Füße hochlegen. Als sei Techno irgendwie mehr wert, als hätte er heilende Kraft. Wie sehr man elektronische Musik auch schätzt: Da herrscht ein fatales Ungleichgewicht, das kein*e Kunstliebhaber*in für normal halten kann.

Aber eigentlich, eigentlich geht es dabei auch gar nicht so sehr um die Frage, ob das jetzt Kunst ist, oder Kultur oder ob das Berghain allein durch sein Gebäude eine vermeintlich elektrisierende Stimmung schafft. Es geht um etwas viel greifbareres und deutscheres: um Geld.

Die Betreiber*innen müssen jetzt nämlich weniger Umsatzsteuern abtreten – 7 Prozent für "Kulturveranstaltungen", statt wie gewöhnlich 19 Prozent für "Unterhaltungsveranstaltungen". Bis 2008 hatten sie jahrelang zu wenig Geld an den Fiskus bezahlt – bis dem das auffiel und er mehr Steuern einforderte. Dagegen haben die Betreiber*innen geklagt und jetzt Recht bekommen. Dass die Veranstaltungen des Berghains nun zur Hochkultur zählen, bezeichnet der zuständige Richter allerdings als "Einzelfall"-Entscheidung.

Auch das ist eine deftige Schelle, und zwar für alle Betreiber*innen der 112 anderen Clubs der Hauptstadt. Lutz Leichsenring vom Verband der Berliner Clubveranstalter sagte den Kolleg*innen des Tagesspiegel, das Berghain habe zwar seinen eigenen Sound geschaffen – aber es gebe eben auch Clubs in Berlin, deren Betreiber*innen DJs mit vergleichbarer musikalischer Qualität einladen. Die schauen aber in die Röhre.

Am Ende gewinnt durch die Entscheidung des Finanzgerichts nämlich nur das Berghain. Nicht unbedingt an kultureller Bedeutung – aber zumindest werden die Geldbeutel der Betreiber*innen noch etwas voller.