Vor sieben Jahren führte die Bundesregierung den neuen Personalausweis ein – und mit ihm ein umstrittenes Feature: Der elektronische Identitätsnachweis (eID) soll es jeder*m ermöglichen, sich einfach online auszuweisen. Von dieser Funktion wird bisher allerdings kaum Gebrauch gemacht, nur ein Drittel der Menschen mit dem neuen Personalausweis stimmte der Aktivierung der Funktion zu. Einerseits gibt es kaum Anwendungsmöglichkeiten für die eID. Andererseits sind viele skeptisch, was mit ihren Daten passieren kann, sobald sie einmal digital abgespeichert sind.

Die Bundesregierung will den Rohrkrepierer eID aber nicht aufgeben: Die Funktion soll nun zur Pflicht werden. Dafür will die Regierung bald ein Gesetz "zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises" durchsetzen, teilte sie am Montag mit. Künftig soll die Funktion zwangsweise aktiviert werden, ohne dass der*die Bürger*in darüber entscheiden kann.

Und eine weitere drastische Änderung ist in Planung, schreibt Netzpolitik.org: Geheimdienste sollen ab dem Jahr 2021 automatisch Zugriff auf die Daten der elektronischen Ausweise haben, beispielsweise auf die biometrischen Passbilder. Automatisch bedeutet, dass die Meldeämter nicht darüber informiert werden, wenn die Geheimdienste Daten anzapfen und dieser Prozess undurchsichtiger wird.

Die eID-Funktion soll häufiger Anwendung finden

Nach bisheriger Planung möchte die Große Koalition das Gesetz bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag durchbringen. Die Bundesregierung begründet ihr Vorhaben damit, das Bedürfnis stillen zu wollen, im Zeitalter der digitalen Kommunikation "auf die Identität des jeweiligen Kommunikationspartners vertrauen" zu können.

Zudem soll die eID auch Unternehmen und Behörden ermöglichen, "sich gegenüber ihrem jeweiligen Kommunikationspartner im Netz sicher ausweisen zu können." Deswegen sollen "gesetzliche Hürden abgebaut und die bisherigen Anwendungsmöglichkeiten der eID-Funktion erweitert" werden.

Was bedeutet das für uns?

Dass die eID-Funktion Pflicht wird, sollte unser Datenschutzbewusstsein wachrütteln.

Klar ist es reizvoll, für einen Bafög-Antrag keinen Brief losschicken oder zum Amt laufen zu müssen, sondern das Ganze online abzuwickeln. Doch wir müssen uns bewusst machen, dass das ein Sicherheitsrisiko darstellen kann. Der Chaos Computer Club (CCC) warnte bereits zum Start des neuen Persos in einer offiziellen Stellungnahme vor Sicherheitslücken im Datenschutz. Um die eID im Netz nutzen zu können, braucht der*die Bürger*in nämlich ein Kartenlesegerät. Davon gibt es teure, hochwertige und billige, minderwertige Modelle, die allerdings erhebliche Sicherheitsgefahren mit sich bringen. Laut CCC bestehe die Gefahr vor sogenannten Relay-Angriffen, mit denen Hacker*innen wichtige Daten wie PINs ermitteln können. Wer künftig einen neuen Perso bekommt, sollte sich intensiv informieren, mit welchem Gerät man die eID-Funktion am besten nutzt.

Und wir müssen im Blick behalten, was die Geheimdienste mit ihren möglichen neuen Befugnissen anstellen werden. Netzpolitik.org urteilt kritisch, es bestehe die Gefahr, dass "das eigene Gesicht zum digitalen Identifizierungsmerkmal im normalen öffentlichen Raum" werde. Das Gesetz sei "ein wichtiger Baustein beim Aufbau eines Systems vernetzter Verhaltensscanner" – künftig könnten Menschen also von Geheimdiensten computergesteuert auf der Straße identifiziert werden. Im Gesetzesentwurf heißt es allerdings: "Eine bundesweite Datenbank der biometrischen Merkmale wird nicht errichtet."

Ingesamt kann uns die eID-Funktion laut Bundesregierung also gesichertes Auftreten im Netz ermöglichen und bürokratische Prozesse beschleunigen. Dafür müssen wir allerdings unsere Entscheidungsfreiheit in Sachen Digitalisierung und Datenschutz abgeben und erhöhte Risiken in Kauf nehmen.