Das Eingehen zwischenmenschlicher Bindungen gehört zu den fundamentalsten Bedürfnissen des Menschen. Es ist so wichtig, dass es nicht nur für unsere Gesundheit ausschlaggebend sei, sondern sogar für das Überleben selbst. Das sagt Psychologin Julianne Holt-Lunstad von der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah.

Vergangenes Wochenende stellte Holt-Lunstad bei der 125. Jahrestagung der American Psychological Association die Ergebnisse zweier großer Meta-Analysen über den Zusammenhang zwischen Einsamkeit und frühzeitigem Tod vor. "Es liegt eine starke Beweislast dafür vor, dass soziale Isolation und Einsamkeit das Risiko eines frühzeitigen Todes signifikant erhöhen können. Das Ausmaß dieses Risikos übersteigt sogar viele der führenden Gesundheitsindikatoren", schreibt sie in einem Statement.

Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger Forschung. Für eine der Meta-Studien aus dem Jahr 2010 befragten Holt-Lunstad und ihr Kollegium im Rahmen von 148 Einzelstudien insgesamt 308.849 Teilnehmende. Die gesammelten Daten über soziale Beziehungen, Gesundheitsstatus, frühere Erkrankungen und Todesursachen konnten einen klaren Unterschied zwischen sozial Isolierten und Menschen mit starken zwischenmenschlichen Beziehungen messbar machen: Letztere Gruppe habe eine 50 Prozent höhere Chance, länger am Leben zu bleiben als einsame Menschen. "Die Größenordnung dieses Effekts lässt sich mit Menschen vergleichen, die mit dem Rauchen aufhören, und geht über bekannte Todesursachen wie Übergewicht und Bewegungsmangel hinaus", schreiben die Forschenden in der Studie.

In einer zweiten Meta-Analyse verglichen Holt-Lunstad und ihr Team 70 Studien von 1980 bis 2014 zum selben Thema. Die Ergebnisse bekräftigten ihre ersten Erkenntnisse: Einsamkeit, soziale Isolation und alleine Wohnen erhöhen die Sterberate. Jeder dieser drei Faktoren erhöhe die Todeswahrscheinlichkeit um 26 bis 32 Prozent – Zahlen, die anhand von 3,4 Millionen Menschen auf der ganzen Welt erhoben wurden.

"Die meisten alleinlebenden Menschen leben in Wohlstandsnationen, diese Zahl wird auch weiter steigen", schreiben die Wissenschaftler*innen in der Studie. Zusätzlich würden sich die Menschen den negativen Auswirkungen des Alleinseins – darunter psychische Erkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen – bewusster werden. In Deutschland leben ungefähr 15,9 Millionen Menschen alleine (Mikrozensus 2011), in den USA macht das etwa ein Viertel des Gesamtbevölkerung ebenso.

"Viele Länder stehen einer sogenannten Einsamkeitsepidemie gegenüber. Die Herausforderung ist es jetzt, herauszufinden, was man dagegen tun kann", sagt Holt-Lunstad. Ginge es nach ihr, müsse man Einsamkeit als öffentliches Gesundheitsrisiko auffassen und bekämpfen, über Sozialkompetenz-Training für Kinder in der Schule bis hin zur regelmäßigen Abfrage der sozialen Beziehungen beim ärztlichen Gesundheitscheck.