Im August letzten Jahres warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO): In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 seien in Europa mehr als 41.000 Menschen mit Masern infiziert worden, hieß es in einer Erklärung, darunter nicht nur Kinder. Mindestens 37 Menschen seien laut WHO bis zu dem Zeitpunkt an dem Virus gestorben. Laut Robert-Koch-Institut wurden in diesem Jahr in Deutschland mehr als 260 Krankheitsfälle gemeldet.

Das Masernvirus ist gefährlich: Fieber tritt auf, der bekannte Ausschlag verbreitet sich am ganzen Körper, das Immunsystem wird erheblich geschwächt. Die Krankheit ist eine Tröpfcheninfektion. Sie überträgt sich also durch Niesen oder Sprechen. Personen, die mit einem erkrankten Menschen in Berührung kommen, sind anschließend mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Ansteckung betroffen – es sei denn, sie sind geimpft. "Gesundheit für alle fängt bei Impfungen an", erklärt daher Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. Doch genau bei dem Thema scheiden sich die Geister.

Brandenburg und NRW sind für und Bayern gegen eine Impfpflicht

In der letzten Woche hatten die Bundesländer Brandenburg und Nordrhein-Westfalen verkündet, über die Einführung eine Masern-Impfpflicht für Kita- und Schulkinder nachzudenken. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält es für eine gute Idee, Masern-Impfungen in Deutschland zur Pflicht zu erklären. Bereits im Mai wird ein dementsprechender Gesetzesvorschlag aus seinem Ministerium erwartet. Auch SPD-Chefin Andrea Nahles begrüßt die Entscheidung. Skepsis gegenüber diesem Vorstoß gibt es hingegen aus Bayern: "Eine allgemeine Impfpflicht sollte nur als letzte Möglichkeit in Erwägung gezogen werden – und zwar dann, wenn andere Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen", hieß es von der bayrischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).

Doch bei solchen Gewissensfragen gibt es selten einen Parteikonsens. Auf der einen Seite geht es um die persönliche Unversehrtheit und Freiheit, über den eigenen Körper entscheiden zu dürfen, oder diese Freiheit eben Kindern zu überlassen. Auf der anderen Seite geht es um die Verantwortung für die Gemeinschaft: Ist es zu verantworten, dass sich Kinder in Schulen und Kitas mit einem im schlimmsten Fall tödlichen Virus anstecken, weil die Eltern eines anderen Kindes sich weigern, dieses impfen zu lassen? Sollte es also eine Impfpflicht für Kinder geben? Das wollten wir auch von unseren Leser*innen wissen.

Das sind eure Antworten:

Ich bin kein Freund von Zwängen, direkt oder indirekt, aber das Allgemeinwohl steht über der Ignoranz einzelner Besorgter.

"Gegen Masern impfen? Klar! Mir oder meinem Kind vielleicht irgendeinem gefährlichen Scheiß spritzen lassen, von dem wir nichts wissen, und der schlimme Folgen haben kann? Nein!"

Ich erachte eine Impfpflicht als Bevormundung, Zwang und Unterdrückung der Freiheit; und wegen der Inhaltsstoffe sogar als Körperverletzung.

"Ich bin kein Freund von Zwängen, direkt oder indirekt, aber das Allgemeinwohl steht über der Ignoranz einzelner Besorgter", kommentierte ein User auf Facebook. Und: "Wer nicht hört, muss fühlen." Der Nutzen einer Impfung sei für die Bevölkerung größer als eventuelle "Impfschäden". Letzteres ist eines der Hauptargumente sogenannter Impfgegner*innen. Laut ihnen sind in Impfstoffen krankmachende Erreger enthalten, die zu unabsehbaren Nebenwirkungen führen. Ähnlich sieht es auch Userin Jule Tress: "Ich glaube, es würde diese ganze Impfdebatte gar nicht geben, wenn garantiert sicher wäre, dass da auch nur das drin ist, was draufsteht. Gegen Masern impfen? Klar! Mir oder meinem Kind vielleicht irgendeinen gefährlichen Scheiß spritzen lassen, von dem wir nichts wissen, und der schlimme Folgen haben kann? Nein!" Ein*e anonyme Leser*in erklärte: "Ich verstehe den Sinn dahinter nicht, zumal die meisten Masernfälle durch 'geimpfte' Menschen hervorgerufen wurden (Impfversager, etc...). Wenn die problematischen Begleit-/Füll-/Inhaltsstoffe nicht wären, dann würde ich mir sicherer sein. Aber trotz dessen erachte ich eine Impfpflicht als Bevormundung, Zwang und Unterdrückung der Freiheit; und wegen der Inhaltsstoffe sogar als Körperverletzung."

"Ich arbeite mit Kindern im Elementarbereich und würde eine Impfpflicht sehr begrüßen zum Wohl aller Kinder und Eltern, die Bildungseinrichtungen betreten. Die derzeit zunehmende Praxis des Ausschlusses ungeimpfter Kinder nimmt ihnen ihr Recht auf Bildung und bestraft so mehr die Kinder als die verantwortlichen Eltern."

Eine*e andere Leser*in berichtet von selbst erfahrenen Nebenwirkungen, plädiert jedoch trotzdem für eine verbindliche Regelung: "Menschen, die kaum Impfnebenwirkungen haben, sollten sich impfen lassen. Ich selbst reagiere mit starken Nebenwirkungen, indem ich Neurodermitisschübe bekomme, die das letzte Mal sechs Monate anhielten. Meine Haut war kaputt, ich fühlte mich furchtbar, und so sah ich auch aus. Ich kann nur noch Immunosuppressivas nehmen dagegen, und die sind auch nicht ohne. Ich hab mir deswegen seit vier Jahren keine Impfung mehr gegönnt."

Impfpflicht? Nicht nur für Masern! Aber insgesamt sollte die Aufklärung noch besser werden.

Dennoch spricht sich eine große Mehrheit für die Impfpflicht aus: "Ich will keine todkranken Babys mit Masern sehen!" ist etwa eine der Antworten. Aber auch Impf-Befürworter*innen fordern eine bessere Aufklärung. Auch Erwachsene sollten besser aufgeklärt werden, fordert ein*e andere*r: "Kinder haben eigentlich gute Impfquoten, es sind die Erwachsenen, wo die Quoten unterirdisch sind. Nur 10 Prozent bei Keuchhusten beispielsweise. Bei Diphtherie, Polio und Tetanus sind es auch nur um die 50 Prozent. Da muss viel mehr getan werden als bei den Masern." Tatsächlich erkranken laut Robert-Koch-Institut in Deutschland jedoch nur jährlich 10 bis 15 Personen an Tetanus. Während bei Kindern hier die Impfquote immerhin bei 96 Prozent liege, seien 71 bis 76 Prozent der Bevölkerung ab 18 Jahren geimpft. Doch auch hier sehen Expert*innen dringenden Handlungsbedarf.

Das Wohl von Vielen, es wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder eines Einzelnen.