Die Kerzen flackern, der Rotwein funkelt im Dekanter – und das Gegenüber glotzt ununterbrochen aufs Smartphone. Swipe! Scroll! Doubletap! So viel zum romantischen Abendessen. Nein, niemand will die Zeiten zurück, in denen man aufstehen und in den Flur gehen musste, wenn das Telefon geklingelt hat. Und dieser erstaunliche kleine Taschencomputer macht das Leben so viel leichter, verbindet uns in Echtzeit mit der ganzen Welt.

Aber wer ständig am Smartphone rumdaddelt und sich ohne quasi nackt fühlt, hat eventuell ein Problem – und zwar nicht zuletzt in seinen*ihren Beziehungen.

Echte Beziehungen leiden

Der Psychologe Matthew A. Lapierre von der University of Arizona hat unlängst 125 junge Studierende in Beziehungen für eine Studie befragt; unter anderem nach ihrer Smartphone-Nutzung, ihrem Einsamkeitsempfinden und ihrer Beziehungszufriedenheit. Ergebnis: Teilnehmende, die eine stärkere Abhängigkeit von ihrem Smartphone angaben, fühlten sich deutlich unglücklicher und unsicherer in ihren Partnerschaften.

Laut der Studie könnte das unter anderem daran liegen, dass Menschen mit einer stärkeren Verbindung zu ihrem Smartphone sich einsamer fühlen – auch innerhalb einer Beziehung. Zusätzlich haben sie oft ein geringeres Selbstwertgefühl. Das reiche als Erklärung aber nicht aus, sagt Lapierre: "Wir wissen noch nicht, was davon zuerst kommt. Führen Beziehungsprobleme zu einer Abhängigkeit vom Smartphone oder andersrum?"

Handys führen zu Trennungen

Natürlich ist es unhöflich, während gemeinsamer Paarzeit die Aufmerksamkeit aufs Smartphone zu lenken, anstatt sich aufs Gegenüber zu konzentrieren. Auf Dauer ist es aber mehr als das: Laut einer aktuellen Umfrage gibt zum Beispiel ein Drittel der Brit*innen in Beziehungen an, von Partner*innen wegen des Smartphones ignoriert worden zu sein; demnach soll das Smartphone angeblich sogar Trennungen und Scheidungen verursachen.

Kein Wunder: Wer ständig mit der ganzen Welt um die Aufmerksamkeit des*der Partner*in kämpfen muss, fühlt sich genervt, angestrengt, zurückgewiesen, nicht wichtig genug, ungeliebt – und gibt schließlich irgendwann auf, um anderweitig Nähe zu erleben. Doch dieses grundsätzliche Problem der Aufmerksamkeitskonkurrenz dürfte schon seit der Erfindung von Zeitung, Radio und Fernsehen hinlänglich bekannt und beschrieben worden sein. Was also ist beim Smartphone anders?

Smartphone als Ersatz

Im Gegensatz zu TV und Co ist das Handy deshalb so unwiderstehlich, weil es bei uns tief verwurzelte Evolutionsmechanismen bedient – das haben der Psychologieprofessor David Sbarra und seine Kolleg*innen von der University of Arizona untersucht. "Die Anziehungskraft eines Smartphones hängt mit sehr alten Teilen im Gehirn zusammen", schreibt Professor Sbarra.

In der Geschichte der Menschheit hing unser Überleben demnach davon ab, Teil einer Gruppe zu sein und dieses Netzwerk aus Familie und Freund*innen zu pflegen. Hauptsächlich dadurch, Nähe durch Teilen von Informationen und Emotionen herzustellen. Smartphones und der dauerhafte Zugang zu sozialen Netzwerken imitieren diese Nähe in einem bisher nie da gewesenen Ausmaß.

Genau diese virtuellen Verbindungen können laut Professor Sbarra unerwünschte Auswirkungen auf Beziehungen im richtigen, analogen Leben haben: "Wenn wir von dem Gerät abgelenkt werden, ist unsere Aufmerksamkeit geteilt. Auf unsere Partner einzugehen – ein wesentlicher Bestandteil von Intimität – erfordert jedoch Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt." Das führt unweigerlich zu Konflikten; echte Beziehungen lösen sich langsam auf, wenn wir nicht aufpassen.

Miteinander statt alleine

Deshalb ist das Smartphone aber noch lange kein Teufelswerk. Im Gegenteil: Wenn sich Paare zum Beispiel untereinander Nachrichten oder Fotos senden, kann das die Beziehung laut der Studie von Professor Sbarra sogar stärken – weil sie ihre Verbindung auch im virtuellen Raum pflegen und Dinge miteinander teilen. Miteinander ist hier das Stichwort. Die Aufmerksamkeit aufeinander konzentrieren und sich auf das Gegenüber einlassen, aktiv zuhören, anwesend sein, Interesse zeigen – von Angesicht zu Angesicht oder per Message.

So haben beispielsweise auch Forscher*innen der Carnegie Mellon University und der University of Kansas herausgefunden, dass das Teilen von Informationen in sozialen Netzwerken mit Fremden zwar grundsätzlich eher schlecht für die Intimität in einer Beziehung ist; wer jedoch seine*n Partner*in regelmäßig in seine*ihre Postings einschließt, steigert damit sogar die Zufriedenheit und Intimität. "Das bestätigt die Beziehung und Partner nehmen diese Postings als fürsorglich wahr", so der beteiligte Professor Omri Gillath.

Smartphones sind so ein wichtiger Teil unseres Alltags geworden – es ist wichtig zu verstehen, wie sich ihre Nutzung auf unser Leben und unsere Beziehungen auswirkt. Und wer das Handy beim romantischen Abendessen partout nicht weglegen mag: Im Zweifel eben Schatzi taggen.