Warum lieben manche Menschen Männer, warum lieben andere Menschen Frauen? Es ist eine Frage, auf die es bis heute keine eindeutige Antwort gibt.

Selbst als der medizinische Fortschritt es für die Wissenschaftler*innen ab den 1980er Jahren vereinfachte, mittels genetischer Forschung nach konkreten Ursachen von Homosexualität zu forschen. Der US-Amerikaner Dean Hamer verkündete im Jahr 1993, er habe das sogenannte Schwulen-Gen entdeckt, doch das Experiment konnte nicht wiederholt und die These daher nicht bestätigt werden. Oder als der US-amerikanische Wissenschaftler Brian Mustanski im Jahr 2005 gleich drei Bereiche im männlichen Erbgut entdeckte, die Einfluss auf die sexuellen Vorlieben haben könnten, blieb die Frage unbeantwortet, da die Geschlechts-Chromosomen nicht betroffen waren.

Dass es für Homosexualität also eine ganz bestimmte Ursache gibt, glauben heute nur noch wenige Wissenschaftler*innen.

Punkt für die Genetik

Nun glauben Genetiker*innen und Psychiater*innen des NorthShore University HealthSystem Research Institute im US-Bundesstaat Illinois ein weiteres Indiz dafür gefunden zu haben, dass die erbliche Komponente eine Rolle bei der Entstehung von Homosexualität spielt. In der ersten genomweiten Vergleichsstudie zu diesem Thema suchten sie nach Hinweisen in der DNA für männliche Homosexualität – und wurden fündig. Sie entdeckten zwei Genvarianten, die sexuelle Orientierung beeinflussen sollen. Und diese treten bei homosexuellen Männern häufiger als bei heteresexuellen auf.

Dafür untersuchten die Wissenschaftler*innen die DNA-Proben von 1.077 homosexuellen und 1.231 heterosexuellen Männern. Sie verglichen ihr Erbgut und fanden in zwei Genbereichen Unterschiede zwischen schwulen und heterosexuellen Männern. Einer davon liegt auf dem Chromosom 13 zwischen den Genen SLITRK5 und SLITRK6. Laut den Wissenschaftler*innen würden Genfamilien wie SLITRK als potenziell relevant für die sexuelle Orientierung gelten. Der andere Bereich liegt auf dem Chromosom 14 am TSHR-Gen, das mit der Funktionsweise der Schilddrüse zu tun hat, aber auch in verschiedenen Hirnarealen aktiv ist.

Und auch wenn man es nicht erwarten würde, haben vergangene Studien bereits nahegelegt, dass es einen Zusammenhang zwischen bestimmten Schilddrüsenstörungen und Homosexualität geben könnte. Homosexuelle Männer würden demnach häufiger an Morbus Basedow erkranken als heterosexuelle. Außerdem würden Frauen, die während einer Schwangerschaft unter einer Schilddrüsenstörung leiden, eher homosexuelle Söhne zur Welt bringen.

Es gibt kein Schwulen-Gen

Mehr als spekulativ ist aber auch diese neue Studie nicht. Der Leiter der Studie Alan Sanders sagte zum Telegraph: "Das Ziel unserer Studie war es, nach der genetischen Basis für die männliche sexuelle Orientierung zu suchen." Eine komplette Antwort sei allerdings nicht gelungen. Die Wissenschaftler*innen räumen ein, dass die Zahl der Proband*innen zu gering war, um mehr als nur erste Hinweise und vorläufige Ergebnisse zu liefern. "Was wir jetzt mit unserer genomweiten Assoziationsstudie erreicht haben, ist immerhin ein erster Schritt. Wir hoffen nun, dass weitere, umfangreichere Studien die genetischen Zusammenhänge noch weiter beleuchten werden."

Welche Voraussetzungen es also genau sind, die Menschen homosexuell werden lassen, weiß man bis heute nicht genau. Vielleicht wäre es sinnvoll in der Entwicklung der Sexualität die biologischen, kulturellen und sozialen Faktoren nicht getrennt voneinander zu betrachten. Erst die richtige Mischung macht's.