Als "europaweit größtes Portal zur Vermittlung von provisionsfreien WG-Zimmern und Mietwohnungen" sorgt die Plattform für ein kleines bisschen mehr Ordnung im Chaos der Wohnungssuchenden. Die Webseite verzeichnet im Jahresdurchschnitt mehr als 73 Millionen Besucher, die jeden Monat bis zu 200.000 Anzeigen inserieren.

Liebe, Fetisch und harter Betrug

Neben dem Großteil, der ehrlich eine Bleibe sucht, gibt es auch all jene, die die Plattform für anderweitige Dinge nutzen. Manche erlauben sich einen Spaß und zweckentfremden die Webseite als Datingplattform oder um diverse Fetische auszuleben. Andere missbrauchen die Plattform für betrügerische Absichten, um Geld zu machen. Unseriöse Kontakte könnte man laut den Betreibern vor allem an "zu schön, um wahr zu sein"-Anzeigen erkennen. Oder wenn Interessierte eine E-Mail auf Englisch oder fehlerhaftem Deutsch erhalten, in der der angebliche Vermieter behauptet, im Ausland zu sein und deswegen keine Besichtigung der Wohnung möglich sei. Der Schlüssel würde dann gegen eine Vorabüberweisung per Post zugeschickt werden.

Manche nutzen die Anonymität des Internets auch, um Anzeigen mit anstößigem Inhalt aufzugeben. Angebote für geringere Miete gegen Sex kommen vor, seien laut Seitenbetreiber aber selten. Dank aufmerksamer Nutzer*innen sind solche Anzeigen nur kurz online. Sollte eine Anzeige anstößige Inhalte haben, wird der*die Nutzer*in verwarnt und dessen*deren Account blockiert.

Bis dato gibt es keine gängigen Praktiken, "die unseriöse Kontakte mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern können", wie eine Mitarbeiterin der Presseabteilung von WG-Gesucht erklärt. Der Anteil der Anzeigen mit unseriösen Absichten halte sich dennoch im Promillebereich, da WG-Gesucht ein zweistufiges Sicherheitskonzept einsetzt. Ein internes Kontrollsystem filtert automatisch eine Mehrheit der Anzeigen heraus, die nicht den Richtlinien entsprechen. Darüber hinaus scannt ein Sicherungsteam die Anzeigen und löscht unseriöse Angebote manuell.

Ein paar Goldstücke lassen sich allerdings immer wieder finden, wenn man nur lange danach sucht. Da gibt es zum Beispiel ...

... die Sex-WG

So startete und endete die Anzeige für ein freies Zimmer in einer Fünfer-WG in Kreuzberg:

"Achtung, vor dem Weiterlesen: Wir sind eine Sex-WG! Haben also regelmäßig untereinander Sex und leben sehr offen! Bitte zeigt auch, dass ihr das gelesen und verstanden habt :) WG-Leben: Sehr offen, sehr tolerant, sehr freizügig."

Der Rest der Anzeige war vergleichsweise harmlos und las sich nicht anders als die anderen. Leider waren keine Fotos angehängt, auf denen man etwaige Love-Dungeons oder Sex-Schaukeln hätte sehen können.

Das Angebot warf aber schlagartig etliche Fragen auf: Wie erfolgt die Auswahl? Wie wird beurteilt, ob der*die potenzielle Mitbewohner*in in die WG passt? Inwiefern spielen Aussehen, Größe (der Geschlechtsteile), Intimrasur, Körperbau eine Rolle? Muss man gut im Bett sein und wie wird das getestet? Hat wirklich jede*r mit jeder*m Sex? Auch geschlechterintern? Wie oft passiert das? Haben alle immer gleichzeitig miteinander Sex oder zeitgleich nebeneinander? Gibt es feste Termine? Wer treibt's mit wem am liebsten und warum? Sind Gefühle im Spiel? Darf man Beziehungen führen?

Der Versuch, Antworten auf diese und mehr Fragen von den WG-Bewohner*innen zu bekommen, war leider erfolglos.

... den Sklaven

Auf die Bewerbung für ein freies Zimmer in einer Dreier-WG in Kreuzberg bekam eine Interessentin eine lange E-Mail zurück. Das inserierte Zimmer war zwar schon vergeben, der Vermieter machte aber ein anderes (besseres?) Angebot.

"Ich bin devot, spricht mich erfüllt es einer Frau zu dienen, sei es als Geldsklave und/oder Arbeitssklave. Das heißt nicht, dass ich irgendwas erwarte oder kaufe, im Gegenteil. Falls du einen seriösen und zuverlässigen Geldsklaven/Arbeitssklaven gebrauchen könntest, könnte dies uns beiden helfen. Du könntest mich als Geldsklaven für deine Mietzahlungen oder Einkäufe benutzen, oder eine eigene Wohnung anmieten bzw. selbst eine WG gründen und mich auch dahingehend benutzen."

Die Nachricht zieht sich über vier weitere Absätze dieser Länge. Darin beteuert der Vermieter nicht nur tatsächlich real zu sein, sondern gibt auch seine Telefonnummer an. Auf Anfrage reagierte der 29-Jährige mit "Bye. Bitte schreib mir nicht mehr".

Im Rest des Textes erklärt er weiter, dass er vor kurzem nach Berlin gezogen sei, weil er nur da seine devote Seite ausleben könne. Er gehöre keiner Szene an und laufe "auch nicht in irgendwelchen komischen Klamotten rum." Er würde keine Beziehung suchen, es wäre auch kein Problem, wenn man selbst in einer Beziehung stecke, denn er sei seriös, diskret und zuverlässig. Er möchte einfach nur dienen und benutzt werden, bräuchte nichts Intimes und kann aufgrund seiner beruflichen Flexibilität Sklave auf Abruf sein. "Es ist im Besten Falle für beide Seiten eine Win-Win Situation."

... den geilen Opi

Der Verfasser von folgender Anzeige hat klare Vorstellungen darüber, wie das bevorzugte Zusammenleben in seiner Wohnung in Köpenick aussehen soll. Zumindest stellt er gleich mal klar, was dich als potenzielle*n Mieter*in erwartet.

"noch mals zum verständnis hier wird ein schlafplatz angeboten kein eigenes zimmer bevorzugt junge gay studenten oder andere die gerade in berlin angekommen sind und vorrübergehend ein platz zum schlafen suchen. bis du was eigenes gefunden habt. hallo ich bin ein 48 jahre alter gay mann stehe voll im leben. geboten wird ein schlafplatz im gemeinsamen zimmer."

Dieses Inserat ist entweder ein sehr ehrlicher, aber dennoch harmloser Wunsch nach Gesellschaft auf begrenztem Platz. Oder aber der Opi ist brünstig wie nie zuvor und sucht auf diesem Weg einen Fuckbuddy. Ob der*die Interessent*in nun sein*ihr eigenes Bett im gemeinsamen Zimmer kriegt oder man sich ein- und dasselbe Bett teilt, geht nicht so ganz klar aus der Anzeige hervor.

Süße Senior*innen-WGs bieten Bewohner*innen im Alter von 60 bis 90 Jahren Spiel und Spaß auf einem Bauernhof in Seenähe. Vorzugsweise für "naturverbundene Pensionäre mit Freude am Garten und kleineren Landschaftsgestaltungen für das Wohlfühlen für Mensch und Tier."

Das klingt nach einer herrlichen Alternative, seinen Lebensabend in guter Gesellschaft und mit altersgerechter Action zu verbringen. Mit kollektivem Kaninchenstreicheln und Rollatorparties mit fetziger – aber nicht zu lauter – Clubmusik.

Für die Esoteriker*innen da draußen ist auch etwas Passendes dabei. Wer das Bedürfnis hat, sein*ihr spirituelles Wesen kennenzulernen, der*die meldet sich am besten bei einer WG in Berlin-Kreuzberg: "ich beschäftige mich viel mit spirit, heilung und liebe und empfinde mich als schwingungsfähiges wesen", schreibt die Vermieterin. Wenn dort das Zusammenleben nicht wahnsinnig harmonisch ist, dann ist es das nirgends.

Dann gibt es diejenigen, die in WGs wohnen, aber eigentlich gar keinen Bock haben, in WGs zu wohnen. "Mit geselligen Abenden ist bei mir nicht zu rechnen, da ich weder ein Kochfan bin noch Alkohol trinke." Aha. Danke für gar nichts.

Der selbe Dank gilt auch dem Vermieter, der in einer anderen Anzeige laut schreibt "SORRY - NO YOUNG MEN, PLEASE !!!! GERMAN SPEAKING IS A MUST!!!"

... die nicht ernst gemeinten

Laut Angaben der WG-Gesucht-Presseabteilung stoßen die Mitarbeiter*innen immer wieder auf skurrile Angebote und Gesuche, bei denen sie sich selbst nicht sicher wären, ob es sich um ernsthafte Anzeigen handelt oder um einen Scherz. So wurde zum Beispiel von einer WG mit "finanziellem Engpass" eine einzelne Couch auf dem Flur für 210 Euro monatlich inseriert.

Oder während des Bahnstreiks ein Schlafplatz im Wagen Nummer neun des ICE-Zugs mit dem Namen Konstanz, der auf dem Berliner Hauptbahnhof parkte. Die "besonders großzügige Gestaltung" des Wagens Nummer neun würde eine ruhige Atmosphäre, breite Sitze und Beinfreiheit mit individuellem Freiraum am Platz versprechen.

Folgende Anzeige wurde von ein paar Witzbolden in München inseriert:

Habt ihr verrückte Erfahrungen auf WG-Gesucht gemacht? Schreibt uns eine E-Mail und erzählt uns davon.