Familien diskutieren wichtige Entscheidungen, Paare feilschen wahlweise um ihr Beziehungsende oder haben Versöhnungssex auf der wackeligen Holzplatte, WG-Mitbewohner*innen büffeln bis spät in die Nacht für die ätzende Abschlussprüfung – am Küchentisch kommt alles zwischen Gewürzkrümeln, geklautem Mensabesteck und Kerzenschein zusammen. Wir haben mit verschiedenen Menschen über ihre Küchentische gesprochen und sie gefragt, was sie mit dem Möbelstück verbinden.

Lea, 23 Jahre, Musikerin aus Lörrach

Am Küchentisch sitze ich oft, um auf den Kaffee – oder in schlaflosen Nächten – auf das kochende Wasser für meinen Tee zu warten. Es passen gerade so zwei Personen an den kleinen Tisch in der Küche. Das hat für mich eine Gemütlichkeit und Intimität, die ich am Esstisch nicht gleich finde. Mit meiner damals besten Freundin saß ich in meiner Schulzeit oft viel zu lange wach. Wenn es dann langsam wieder hell wurde und die Küchenuhr die frühen Morgenstunden anzeigte, war das einfach ein schönes Gefühl. Nachdem ich mir jetzt so viele Gedanken über den Küchentisch gemacht habe werde ich, wenn ich die Wahl habe, auch in zukünftigen Küchen einen stehen haben.

Henrik, 35, vom Einzelhandel über Barkeeper zum Heilerziehungspfleger aus Rheinfelden

Seit 15 Jahren ist mein Küchentisch Dreh- und Angelpunkt zwischenmenschlicher Situationen. Ich feiere den Küchentisch, deswegen verbrachte ich auch die meiste Zeit der besten Partys dort. Das liegt natürlich nicht ausschließlich an der Tatsache, dass der Kühlschrank mit dem Bier so in greifbarer Nähe ist. Hier finden die besten Gespräche statt und manchmal auch die schlechtesten. Ich verbinde mindestens genauso viele positive wie negative Erinnerungen mit diesem Ort und sehe ihn als ebenso essenziell wie den Klopapierhalter an der Wand. Die Küche war und ist für mich ein besonderer und intimer Ort, mit dem ich auch immer einen heimischen Platz verbinde, an dem ich mich sehr wohl fühle. Mein eigener Tisch mit Macken und Kratzern kommt auch in künftige Wohnungen auf jeden Fall mit. Zu viele Erinnerungen und Gefühle hängen daran.

Jenny, 28, Lehrerin aus Rheinfelden

Meinen Gästen biete ich gerne das Sofa zum Sitzen an – meistens vergebens. Ganz selbstverständlich scheinen sie den großen Tisch in der Küche anzusteuern. Den habe ich auf dem Flohmarkt gefunden. Ich liebe ihn, weil er so schön groß ist und aus echtem Holz – ganz natürlich. Ich selbst habe zuletzt gestern Abend dort gesessen. Das nächste Mal werde ich vermutlich morgen früh, für die erste Tasse Kaffee, am Küchentisch sitzen. Meine liebste Erinnerung als Kind an den Küchentisch meiner Eltern? Pantomime spielen an Weihnachten. Da ging es nach dem Weihnachtsessen vom Esstisch in die Küche. Dort konnte man mit der Zeitschaltuhr am Backofen die Zeit stoppen. Positiv ist diese Erinnerung nicht nur, weil mein Dad und ich immer gewonnen haben, sondern auch, weil die ganze Familie so eng und lustig zusammen kam.

Jenny, 24 Jahre, Studentin aus Karlsruhe

Ich bin hier erst vor Kurzem eingezogen. Der Tisch stand da bereits in der Küche. Ich esse fast nie am Küchentisch, stattdessen findet dort alles einen Platz, das sonst keinen findet, zum Beispiel mein neuestes Küchenprojekt – aus einem Mangokern selbst eine Pflanze ziehen. Das Verhältnis zu meinem Küchentisch würde ich eher pragmatisch als emotional beschreiben. Mit meinen Freunden esse ich lieber im Esszimmer, die Küche ist dafür aber auch einfach zu klein. Ab und zu mit meinem Partner dort frühstücken, nichts herrichten und nichts rumtragen müssen, finde ich schön. Eine Küche ohne Tisch wird es bei mir nicht geben. Praktisch ist er ja schon.

Steffen, 24, Elektroniker für Betriebstechnik aus Grenzach

Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Ess- und Küchentisch. Ich sehe das eher pragmatisch – an einen Tisch muss die ganze Familie passen. Das ist das Wichtigste, egal wo er steht. Wenn ich Besuch habe, sitze ich am liebsten in der Mitte, um mich mit allen gut unterhalten zu können. Wenn ich morgen in eine neue Wohnung ziehen würde, wäre dort auf jeden Fall ein Tisch, an dem man essen kann. Auf dem Sofa zu essen kommt für mich nicht infrage. Wo der Tisch letztendlich steht, in der Küche oder im Wohnzimmer, ist dann zweitrangig. Meine Familie oder Freunde müssen daran Platz finden. Um gemeinsame Abende verbringen, abschalten und runterkommen zu können.

Jessi, 24, Sachbearbeiterin und Leo, 24, Servicetechniker aus Bad Säckingen

Unser Küchentisch hat uns bereits viele Nerven gekostet, bevor er überhaupt in unserer Küche stand. Die Tischplatte bekamen wir letztes Jahr im Mai, das richtige Gestell dazu kam allerdings erst im August. Wenn das Wetter es zulässt, essen wir gerne draußen auf unserer Terrasse, ansonsten fast immer in der Küche. Abendessen gibt es bei uns eigentlich ganz ohne Handy und Co. – wenn sich Leo daran hält –, um ohne Ablenkungen gemeinsam essen und sich unterhalten zu können. Eine besondere Erinnerung teilen wir noch mit dem Tisch in der Küche: Wir haben darauf den Kaufvertrag für die Haushälfte, in der wir heute wohnen, unterschrieben.

Kathi, 20, Studentin aus Weil am Rhein

Früher gab es bei uns einen Tisch in der Küche, an dem wir alle gemeinsam gefrühstückt haben. Heute haben wir dort nur noch eine Art Stehtisch mit zwei Hockern. Da wir alle meistens zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten gehen und frühstücken reicht das aber völlig aus. Unser Familienleben, das gemeinsame Essen und Austauschen von Erlebnissen findet mittlerweile an unserem großen Esstisch im Wohnzimmer oder an unserem Steintisch auf der Terrasse statt. Draußen sitze ich am liebsten, vor allem, wenn ich Besuch habe. Dort lässt es sich so wunderbar abends in die Sterne schauen. Früher, wenn meine Mutter nicht da war, gab es immer einen Becher Eiscreme. Der wurde rumgereicht und mein Vater sagte dann immer: "Ihr dürft so viel essen, bis ihr auf dem Boden liegt, zappelt und es euch aus den Ohren kommt." Eine großartige Erinnerung. Wenn ich in meine eigene Wohnung ziehe, wird es sicher wieder einen Tisch in der Küche geben. Ich koche sehr gerne und liebe das Beisammensein während gekocht wird beziehungsweise die Unterhaltung, wenn ich selbst koche.

Birk, 31 Jahre, Bautechniker aus Lörrach

Vor fünf Jahren habe ich den Tisch aus einer Nachbarwohnung "gerettet". Die Kellerwohnung stand damals nach einem schlimmen Unwetter unter Wasser und die Mieterin hat vieles zurückgelassen bei ihrem Auszug. Seitdem hat er einige Gebrauchsspuren dazugewonnen. Ich esse zwar oft hier, repariere auf diesem Tisch aber auch mein Fahrrad, wachse mein Snowboard oder schraube an meinem Skateboard. Für mich ist mein Tisch in der Küche also ein Ort, an dem alles zusammenkommt. Mittlerweile stören mich auch die ganzen Kratzer und Flecken nicht mehr, das macht ihn einzigartig. In meiner letzten WG haben meine Mitbewohner auf ihm Tätowieren geübt. Deshalb sieht man, wenn man genau hinschaut, immer noch die schwarzen Striche oder die Motive, wenn sie zu tief in die Kunsthaut gestochen haben. Für mich kommt es auch eher darauf an, mit wem ich am Tisch sitze, nicht wo oder woran.