Die Hand des Menschen ist ein mächtiges Instrument. Mit ihren fünf Fingern, 27 Knochen und mehr als 17.000 Rezeptoren nutzen wir sie für so ziemlich alles. Sie greift, schlägt, zupft und zwickt. Wir kommunizieren mit ihr, arbeiten, schaffen Kunst. Wir nutzen sie zum Zählen, zum Knöpfe drücken, zum Klatschen und zum Kratzen. Mit ihrer Hilfe errichten wir Gebäude, meistern Instrumente und machen Schattenspielchen an der Wand. Sie ist präzise wie eine Pinzette und stark wie ein Vorschlaghammer.

Kurz: Sie ist ein Allround-Talent, das wir jeden Tag für so ziemlich alles nutzen. Alle, die schon mal aufgrund einer akuten Sehnenscheidenentzündung am Handgelenk bewegungsunfähig waren, wissen, wie sehr wir auf sie angewiesen sind.

Auch im Job sind unsere Hände ständig in Verwendung und strapaziert. Eine Professorin schreibt damit ihre Thesen an die Tafel, ein Büromensch tippt auf die Tastatur ein und schiebt die Maus umher, ein Friseur handhabt Schere und Rasierer, eine Malerin hält einen Pinsel, ein Koch ein Messer, ein Busfahrer ein Lenkrad, eine Chirurgin ein Skalpell – die Liste ließe sich ewig fortsetzen.

Von der Bäuerin zum Kernphysiker

Auch Izabella Kostadinova nutzt ihre Hände, nämlich um den Auslöser ihrer Kamera zu drücken. Die Fotografiestudentin aus Bulgarien sollte sich für ein Uni-Seminar mit dem Thema Hände auseinandersetzen und beschloss zu dokumentieren, welche Spuren bestimmte Berufe auf den Handinnenflächen hinterlassen. Dafür besuchte sie ihr Stammcafé in Sofia und bat die Gäste um ein Foto. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, die ihre Hände für zu persönlich hielten, machten die Gäste bereitwillig mit. Vom Kellner bis zum Bergsteiger, von der Bäuerin bis zum Kernphysiker – sie alle gaben durch ihre Hände einen kurzen Einblick in ihr Berufsleben.

Weil Handlinien, die groben Furchen in der Handfläche, angeboren sind und sich im Laufe des Lebens kaum verändern, glauben Anhänger*innen der Chirologie, darin das Schicksal des Menschen lesen zu können. Anhand der Linien behaupten sie, Informationen über Gesundheit, Wohlstand, teilweise sogar konkrete Geschehnisse voraussagen zu können.

Dass das wissenschaftlicher Mumpitz ist, steht allerdings mindestens seit dem Zeitalter der Aufklärung fest. Gegenteilig dazu kann die Handfläche viel mehr ein Fenster in die Vergangenheit als in die Zukunft sein. Ihre Abnutzungserscheinungen geben Hinweise auf die Strapazen der handlichen Nutzung. Ob trockene Stellen, Hornhaut, Schwielen oder Narben – Hände sind von durchlebten Erfahrungen gezeichnet. Und genau die wollte Izabella Kostadinova sichtbar machen.