Manchmal braucht es den Kopf eines Kindes, um auf tolle Ideen zu kommen. Als die 13-jährige Sarah, eine aufstrebende Ballerina, die Wände ihres Kinderzimmers mit Postern von Tänzer*innen verschönern wollte, um ihren Geburtstag zu feiern, wurde sie zunächst enttäuscht. Sie und ihre Eltern durchforsteten Bücherläden, kauften Kalender und Fotobücher, doch nirgends gab es Fotos von den gegenwärtigen Tänzer*innen, die Sarah so sehr bewunderte. Alles, was sie fanden, waren Bilder von Tanzgrößen der vergangenen Generationen, geschossen vor mehreren Jahrzehnten.

Praktisch also, dass Sarahs Eltern Deborah Ory und Ken Browar für ihren Lebensunterhalt Fotos schießen, beide sind professionelle Fotograf*innen und wohnen in Brooklyn, New York. Sie beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Als Fans von Daniil Simkin, einem russischen Balletttänzer beim American Ballet Theatre und oftmals als einer der fünf besten männlichen klassischen Tänzern weltweit bezeichnet, schrieben sie ihm kurzerhand eine E-Mail mit der Frage, ob er sich fotografieren lassen würde. Er sagte zu.

Ken und Deborah richteten ein provisorisches Fotostudio in ihrem Wohnzimmer ein. Einen grauen Hintergrund aufgespannt, zwei Blitzschirme davor, ein paar Meter Kabel verlegt und fertig waren die Rahmenbedingungen, um Daniils schönste Tanzposen aufzunehmen. Von dem Endergebnis war Daniil so begeistert, dass er anderen Balletttänzer*innen Bescheid gab, sie sollten sich doch auch von Deborah und Ken fotografieren lassen.

Vom Kindheitswunsch zum Kunstprojekt

Das NYC Dance Project war geboren. Als die ersten Fotos in den sozialen Netzwerken online gingen, verbreitete sich die Bekannheit des Projekts schnell in der Tanz-Community. Bald wollten Tänzer*innen aus der ganzen Welt von Deborah und Ken fotografiert werden.



Nach und nach besuchten nun die renommiertesten Tänzer*innen der Gegenwart das Wohnzimmer in Brooklyn. Die Fotoshootings dauerten mit Vor- und Nachbereitung jedes Mal mehrere Stunden. Jede Tanzbewegung brauchte eine bestimmte Lichteinstellung, Kostüme wurden probiert, verschiedene Posen und Sprünge ausprobiert. Und vor allem dann, wenn die Hauskatze durch das Bild lief oder die Kinder von der Schule nach Hause kamen, waren zusätzliche Unterbrechungen fällig.



Das Projekt entwickelte sich von dem Vorhaben, einen Kinderwunsch zu erfüllen, zu einem elaborierten Kunstprojekt. Die beiden Fotograf*innen fingen die Kunst der Bewegung mit ihrer Kamera ein, angefangen bei intimen Momenten, wie dem letzten tiefen Luftholen vor dem Sprung bis zur Pose selbst. "Das Projekt soll den Körper in Bewegung zelebrieren und zeigen, dass Tänzer gleichzeitig Künstler und Athleten sind", sagt Deborah, und Tochter Sarah hat inzwischen wahrscheinlich das Kinderzimmer ihrer Träume.