Früher war das eigene Auto ein Symbol für Freiheit – heute ist es vor allem für junge Menschen in Städten eher ein Klotz am Bein. Die Deutschen nutzen das eigene Auto im Schnitt nur 45 Minuten am Tag. Mehr als 23 Stunden am Tag steht es nur herum und belegt einen Parkplatz. Es kann sinnvoll sein, über Alternativen nachzudenken. Vor allem in Städten sind Bus und Bahn oder auch das Fahrrad oft die stressfreieren und günstigeren Transportoptionen – und falls es doch mal ein Auto sein muss, das Carsharing. Wir sagen euch, wie das Mobilitätskonzept funktioniert, unter welchen Voraussetzungen es sich lohnt und auf was ihr bei der Nutzung achten solltet.

Das ist der Grundgedanke beim Carsharing

Die Idee ist einfach: leihen statt besitzen. Anstatt sich ständig um das eigene Auto kümmern zu müssen, teilen sich mehrere Fahrer*innen ein Auto und zahlen nur noch für die tatsächliche Nutzung. Carsharing ist also eine Art Kurzzeitmiete. Besitzer des Fahrzeugs ist das jeweilige Unternehmen, das sich um alles kümmern muss, was sonst an uns als Halter*in hängenbleibt: Versicherungen, Kraftstoff, Wartung, Reparaturen, TÜV, Pflege.

Die Deutschen nutzen das eigene Auto im Schnitt nur 45 Minuten am Tag.

Ein weiterer Vorteil: Während wir uns beim eigenen Auto dauerhaft für ein Modell entscheiden müssen, können wir bei einigen Carsharing-Unternehmen das Modell auswählen, das wir gerade brauchen. Das kann zum Beispiel ein Kleinwagen zum bequemen Parken in der Innenstadt sein – oder ein Kombi für den Großeinkauf.

Gut 180 Anbieter*innen in Deutschland

Das erste Carsharing-Angebot in Deutschland gab es bereits Ende der 1980er-Jahre in Berlin. Mittlerweile sind im gesamten Bundesgebiet, allen voran in Städten und Ballungsräumen, rund 180 Organisationen mit 740 festen Stationen und einer Flotte von insgesamt 20.200 Fahrzeugen vertreten. Der Bundesverband CarSharing meldete Anfang 2019 fast 2,5 Millionen Kund*innen, die sich für das alternative Mobilitätskonzept angemeldet haben.

Die Bundesregierung hat im Herbst 2017 sogar ein Carsharing-Gesetz auf den Weg gebracht, das die Entwicklung weiter vorantreiben soll. Dabei geht es auch um Aspekte wie Verkehrsentlastung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Der positive Effekt von Carsharing auf diese Faktoren ist allerdings umstritten. Der Bundesverband hebt die Umweltfreundlichkeit hervor, weil unter anderem Nutzer*innen eigene Pkws abschaffen würden. Doch Studien konnten gerade bei Carsharing-Anbieter*innen, die es den Kund*innen überlassen, wo sie das Auto parken, keine Verbesserung der Verkehrssituation oder Klimabilanz in Städten feststellen – außer bei Elektroautos.

Für wen lohnt sich das Autoteilen?

Grundsätzlich kann sich Carsharing lohnen, wenn wir im Jahr weniger als 10.000 Kilometer mit dem Auto fahren (das sind etwa 27 Kilometer am Tag) und offen gegenüber der zusätzlichen Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad sind. Es ist also auch als Alternative zum Zweitwagen denkbar. Wer allerdings täglich mit dem Auto zur Arbeit fährt, ist mit Carsharing weniger gut beraten, denn auch Standzeiten kosten Geld. In Anbetracht der enormen Fixkosten, die ein eigenes Auto mit sich bringt, rentiert sich also ein genauer Kostenvergleich zwischen eigenem Auto und der Nutzung von Carsharing. Eine Beispielrechnung bietet der Bundesverband CarSharing hier an.

Generell bietet sich das geteilte Auto demnach eher auf kürzeren Strecken in Stadtgebieten an. Aber auch eine Fahrt in den Urlaub kann sich je nach Betreiber*in auszahlen, denn viele gewähren bei längeren Fahrten Rabatte. Hier sollten wir vorher genau nachrechnen und ggf. abklären, ob wir mit dem Wagen ins Ausland fahren dürfen.

Wie funktioniert Carsharing?

Bevor ihr ein Angebot nutzen könnt, müsst ihr euch bei einem Unternehmen registrieren. Dafür benötigt ihr üblicherweise neben einem gültigen Führerschein auch den Personalausweis. Manche Unternehmen verlangen auch einen Bonitätsnachweis, zum Beispiel in Form einer Schufa-Auskunft. Dann schließt ihr mit der*dem Betreiber*in einen Rahmenvertrag ab, zahlt meist eine einmalige Anmeldegebühr und hinterlegt eine Kaution, die ihr bei Kündigung zurückbekommt. Zudem entscheidet ihr euch in der Regel für einen der angebotenen Tarife, die sich unter anderem nach der Nutzungshäufigkeit richten und bei denen oft eine Monatsgebühr anfällt.

Weil Gebühren und Tarife zum Teil enorm differieren, solltet ihr die vor Ort verfügbaren Betreiber*innen vor der Registrierung miteinander vergleichen. Eine Übersicht bietet die Webseite carsharingvergleich an. Ihr solltet aber nicht nur auf die Kosten schauen, sondern auch in die Nutzungsbedingungen. Zu klärende Fragen könnten sein:

• Welches Carsharing-Modell wird angeboten: stationsbasiert, Free Floating ohne festen Abhol- und Abgabeorte oder beides?

• Wie weit ist beim stationsbasierten Carsharing der nächste Anmietpunkt entfernt und lässt er sich gut erreichen?

• Wo dürft ihr beim Free Floating den Wagen abstellen und wo nicht?

• Sind spezielle Studierendentarife buchbar?

• Wichtig zu wissen für Fahranfänger*innen: Gibt es ein bestimmtes Mindestalter oder Anforderungen an die Fahrpraxis?

• Welche Tankregelung besteht (unter einer bestimmten Kraftstoffmenge müssen wir den Wagen meist mit der Tankkarte des Unternehmens auftanken)?

• Wie sehen die Versicherungsbedingungen aus und wie hoch ist die Selbstbeteiligung bei Schäden und Unfällen (manche Anbieter*innen verlangen bei Missgeschicken bis zu 1.500 Euro aus unserer eigenen Tasche)?

• Was passiert, wenn ihr beim stationsbasierten Angebot das vorab angegebene Fahrtende nicht einhaltet?

Ist alles geklärt und die Anmeldung abgeschlossen, könnt ihr nach Bedarf flexibel auf die Fahrzeugflotte zurückgreifen, ohne jedes Mal einen neuen Vertrag – wie es bei der klassischen Autovermietung der Fall wäre – abschließen zu müssen. Das Auto bucht ihr per Telefon, Internetseite oder App. Über die lässt sich beim Free Floating auch ein in der Nähe verfügbares Fahrzeug orten. Das öffnet ihr mit einer Chipkarte oder übers Handy, der Schlüssel liegt meist im Wagen. Wer auf Nummer sicher gehen will, dass sie*er nicht für anderer Leute Kratzer und Beulen zahlen muss, checkt am besten vor und nach der Fahrt das Auto und fotografiert es ab. Schäden, die schon vorhanden sind, meldet ihr gleich dem Unternehmen. Ebenso solltet ihr euch angewöhnen, vorm Losfahren nachzuschauen, ob alle nötigen Dokumente (Fahrzeugpapiere, Versicherung, Tank- und/oder Parkkarte etc.) da sind.

Abgesehen von eventuellen monatlichen Fixkosten zahlt ihr beim Carsharing nur für die tatsächliche Nutzung – alle Kosten, auch Kraftstoff bzw. Strom, sind im jeweiligen Fahrpreis enthalten. Den bekommt ihr nach Fahrtende in der App oder einer E-Mail angezeigt. Er wird von eurem Konto oder eurer Kreditkarte abgebucht. Damit habt ihr eure Fahrtkosten, die sich meist aus einer Kilometerpauschale und einem Minuten- oder Stundenpreis zusammensetzen, tagesaktuell im Blick.

Stationsbasiert oder Free Floating – welches Modell eignet sich für was?

Es gibt zwei unterschiedliche Konzepte beim Carsharing: das stationsbasierte und das Free Floating.* Weil sich je nach Situation die eine oder die andere Variante mehr anbietet, ist es empfehlenswert, sich bei mehreren Anbieter*innen anzumelden, um flexibel zu bleiben. In Städten wie zum Beispiel Hannover, Osnabrück, Frankfurt am Main, Mannheim, Heidelberg, Kiel, Essen, Karlsruhe und Leipzig bieten einige Unternehmen inzwischen auch beides an. Hier die Vor- und Nachteile der beiden Modelle im Überblick:

Stationsbasiertes Carsharing

Vorteile:

• Günstiger Preis: Stationsbasierte Angebote sind in fast allen Fällen günstiger als Free Floating. Für einen Kleinwagen liegen die Preise ungefähr zwischen vier und acht Euro pro Stunde.

• Planungssicherheit: Reservierungen sind bis zu mehreren Wochen im Voraus möglich.

• Modellvielfalt: In der Regel könnt ihr je nach Bedarf zwischen Kleinwagen, Limousinen, Kombis, Transportern wählen.

• Abdeckung: Im Gegensatz zum urbanen Free Floating sind Stationen auch in ländlichen Regionen vertreten.
Nachteile:
• Eingeschränkte Spontanität: Bei kurzfristigen Buchungen sind nicht immer Autos verfügbar.

• Vorab festgelegte Start- und Endzeit: Ihr müsst vorher angeben, ab und bis wann ihr das Fahrzeug nutzen und es dann zum vereinbarten Zeitpunkt zurückbringt, sonst zahlt ihr meist drauf.

• Fester Anmiet- und Abstellplatz: Ihr müsst das Auto ab einem festen Ort mieten und wieder dorthin zurückbringen und könnt es nicht einfach in einem bestimmten Gebiet abstellen.

Free Floating

Vorteile:

• Spontane Nutzung: Ihr könnt euch per App die in der Nähe verfügbaren Autos anzeigen lassen und dann sofort eines buchen, wenn ihr es braucht.

• Keine vorab vereinbarte Mietdauer: Ihr könnt das Fahrzeug so lange nutzen, wie ihr es tatsächlich benötigt und müsst euch nicht vorab festlegen.

• One-Way-Fahrten erlaubt: Einfache Fahrten – zum Beispiel, wenn ihr nach der Party den letzten Bus verpasst – sind bei diesem Modell problemlos möglich.

• Flexibler Abstellplatz: Ihr müsst den Wagen nicht an den Anmietort zurückbringen, sondern könnt ihn im festgelegten Gebiet abstellen, wo ihr wollt.
Nachteile:

• Hoher Preis: Die Flexibilität erhöht die Kosten. Für einen Kleinwagen bezahlt ihr pro Stunde ungefähr zwischen 17 und 20 Euro.

• Keine Planungssicherheit: Reservierungen sind nicht möglich oder nur für kurze Zeit im Voraus.

• Eingeschränkte Modellvielfalt: In den meisten Fällen lassen sich nur Klein- und Mittelklassewagen buchen.

• Nur urbane Abdeckung: Free Floating gibt es fast nur in Großstädten wie unter anderem in Hamburg, Berlin und München und in deren näherer Umgebung.

Wer also schon länger im Voraus weiß, wann und wie lange sie*er ein Auto braucht und eine Station in der Nähe hat, die*der fährt mit dem stationsbasierten Angebot günstiger. Für Stadtmenschen, die spontan eine kurze Strecke mit dem Auto zurücklegen wollen, etwa weil die Einkäufe für die Bahn doch zu schwer oder sperrig sind, ist das Free Floating eine gute Alternative. In jedem Fall solltet ihr euch vorab gründlich über die Bedingungen und Preise erkundigen, damit sich das Carsharing auch wirklich lohnt.

* Es gibt auch das so genannte Peer-to-Peer-Carsharing, bei dem *innen den privaten Pkw an andere Nutzer*innen vermieten. Darum geht es in diesem Artikel aber nicht.