Das erste Mal. Zum ersten Mal dem*der Ex wieder in die Arme laufen. Eine Begegnung, vor der sich viele von uns grausen, wie vor einem besonders gefürchteten Arzttermin.

Fast jede*r hat eben auch schon mindestens eine Ex-Wiederbegegnungs-Geschichte erlebt, die ziemlich in die Hose ging. Und das prägt. Meine ist Jahre her und endete mit meinem besten Freund, der mich hinterrücks umklammerte, damit ich nicht erneut zum Schlag ausholte. Ich weiß also, wie es nicht geht.

Aber auch wenn nicht jede*r Ex das Potenzial hat, Gewaltausbrüche zu provozieren, passieren doch oft genug ziemlich schräge, ziemlich unerwartete Dinge dabei. Von sentimentalem Geküsse bis zu passiv-aggressivem Gestarre ist die Bandbreite ungefähr so groß, wie davor die Gründe für die Trennung.

Wiedersehen: Irgendwann ist es soweit

Aber selbst wenn es nur eine 08/15-Trennung war, ohne ganz großes Drama, verursacht dieses erste Wiedersehen bei so gut wie jedem ein unbestimmtes Bauchgrimmen. Denn leider tun die meisten Ex' einem nicht den Gefallen und ziehen auf einen fernen Planeten. Im Gegenteil, meistens sind sie sogar noch ziemlich präsent. Im selben Kiez, im selben Freundeskreis, in der Lieblingskneipe. Sprich: Irgendwann ist es soweit, irgendwann kommt es zur Konfrontation. Aber warum macht uns das solche Sorgen?

Unabhängig davon, dass eine Trennung ja schon Fakten schafft für das nicht-mehr-Zusammenseinwollen mit eben diesem Menschen, ist es oftmals das erste Wiedersehen, das uns diese Fakten wirklich bewusst macht. Sieht man sich nach einer Trennung wieder, wird klar, dass so gut wie alles, was einen zum Paar gemacht hat, nun vermieden werden muss.

Berührungen und Blicke, das ganze Potpourri der Intimität. All die stillschweigenden Verabredungen der Zweisamkeit müssen wir uns nun versagen. Wir erfahren erst in der ersten Wiederbegegnung mit dem*der Ex, wie es sich anfühlt, wenn diese Paar-Absprachen nicht mehr gelten. Denn kommen wir dem*der anderen zu nah, tönt uns der fiese Laut der Rückkopplung in den Ohren. Wir lassen es also besser.

Es war einmal ...

Diese Erkenntnis kann nicht nur schmerzen, sie fühlt sich zuweilen auch absurd und künstlich an. In der Beziehung ging es schließlich noch um genau die gegenteilige Bewegung, sich nämlich gemeinsam etwas aufzubauen. Und nun muss man es wieder zurückbauen. Selbst wenn die Trennung dem eigenen Wunsch entsprochen hat, verunsichert diese neue Situation.

Denn dazu gehört auch immer, dass durch die Trennung unser Selbstbild gelitten hat. Wer sich nämlich mal einem Menschen mit Haut und Haar hingegeben hat, der will nicht erleben, dass das Begehren vorbei ist. Das kränkt. Und diese Kränkung versuchen wir zu kompensieren indem wir uns ausmalen, wie sehr unser*e Ex die Trennung bereuen wird.

Dabei entsteht die wohl klassischste Wiederbegegnungsfantasie und sie nimmt, wenn wir ehrlich sind, oft hollywoodeske Züge an. Gut, dass niemand in unseren Kopf gucken kann, wenn wir uns ausmalen wie wir – wunderschön und supercool – mit einer Armada von ebenso wunderschönen und supercoolen Verehrer*innen an dem*der Ex vorbeischweben und ein gnädiges "Und du so?!" flöten.

Diese Fantasie entspricht unserem Bedürfnis, dem*der anderen zu zeigen, auf was er*sie nun verzichten muss. Der Gedanke, der*die Ex könnte daraufhin alles bereuen, verspricht uns den Kick, den unser Selbstwert durch die Trennung eingebüßt hat.

Nicht umsonst gibt es unzählige Artikel, die genau auf dieser Fantasie aufbauen und sich sehr ernsthaft und sehr detailliert mit der Frage beschäftigen, welches Outfit dabei zu tragen sei und welche Gesprächsthemen gar nicht gehen. Wie gesagt, verständlich. Die Frage ist nur: Braucht es ein ausgetüfteltes Skript oder können wir das nicht auch so hinkriegen?

Die Pflastermethode

Ich denke, wir kriegen das so hin. Es kann zwar beruhigend wirken, zu denken man hätte einen Plan, aber was tun, wenn die Wiederbegegnung zufällig passiert? Für solche Fälle sind die Outfit- und Smalltalk-Tipps zu lebensfern. Denn wir müssen es schließlich auch irgendwie überleben, wenn wir dem*der Ex unvorbereitet über den Weg laufen und dabei aussehen, als hätten wir gerade Müll runtergebracht. Da helfen keine Outfit-Tipps. Da hilft nur das kurz-und-schmerzlos-Verfahren.

Dabei gelten eigentlich nur zwei Prinzipien: Seid nett, aber bringt es schnell hinter euch. Es ist einer dieser Pflaster-ab-Momente des Lebens: eine Situation, vor der man sich fürchtet, aber die man hinter sich bringen muss. Sie ist meistens doch nicht so schmerzhaft und kann uns bestenfalls vor Augen führen, dass wir kein neues Pflaster mehr brauchen. Das vielleicht eine Narbe bleibt, aber keine Wunde.