Wenn man eine beliebige Person fragt, was sie an einem verregneten Sonntagvormittag am liebsten treibt, wird man sicher oft zu hören bekommen: "Im warmen Bett kuscheln". Und das möglichst nicht nur mit dem Teddybär, sondern mit einer kuscheligen Person.

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Nicht alle haben jemanden mit dem*r man so richtig kuscheln kann. Genau das ist die Geschäftsidee der Kuschelkiste, die die Studentin Elisa Meyer aus Wien vor zwei Jahren gegründet hat. Natürlich kann jeder Mensch kuscheln, doch um Profikuschler*in zu werden, müssen einige Anforderungen erfüllt werden.

Für diesen Beruf muss man besonders tolerant sein

Dazu zählt: Bin ich bereit, mit jedem*r zu kuscheln, der*die sich an die Regeln hält? Egal welches Geschlecht, Alter, Verfassung, Gesinnung, und jenseits von persönlichen Präferenzen? Ohne eine gewisse Nähe geht Kuscheln bekanntlich nicht, und so sollte der*die Kuschler*in schon tolerant sein, was die Klient*innen betrifft.

Lucya Kostiw aus Berlin ist seit drei Monaten mit in der Kartei der Kuschler*innen, und sie ist Feuer und Flamme für ihren neuen Beruf. "Vor dem ersten Treffen steht ein kurzes Gespräch, in dem ich die Regeln erläutere und abkläre, dass beim Kunden keine falschen Erwartungen aufkommen", sagt Lucya.

Gekuschelt wird nämlich nur in bekleidetem Zustand, Intimzonen dürfen nicht angefasst werden und auch Küsse auf den Mund sind tabu. Schließlich gibt es für den Markt der sogenannten käuflichen Liebe bereits genug andere Adressen. Außerdem sollten die Kuschelpartner*innen von Lucya vorher kein Deo oder Parfüm auftragen, da sie dagegen allergisch ist.

Bisher trauen sich nur Männer, das professionelle Angebot in Anspruch zu nehmen

Natürlich kann intimes Kuscheln auch zu Erregung führen, die beim Mann naturgemäß anders ausfällt als bei der Frau. Damit müssen die Kuschler*innen vor allem selbst umgehen können. "Bis jetzt hatte ich damit aber kaum Probleme, meine Kunden haben sich alle an die Regeln gehalten", sagt Lucya.

Eine Kuschelstunde kostet einheitlich 60 Euro, wenn man zu Lucya kommt. Hausbesuche macht sie ebenso, doch dann berechnet sie auch die Fahrtkosten. "Lieber ist es mir schon, im meinem eigenen Umfeld zu kuscheln", bekennt Lucya, die ihr Geld bisher im Bereich Körperarbeit und Tantra-Therapie verdiente.

Zu Beginn der Kuschelstunde sitzt Lucya mit ihrem Gegenüber auf ihrem Bett, und dann geht es auch schon los. Als Anfang schlägt Lucya zum Beispiel vor, sich einfach an den Händen zu halten. Dann wälzen sich die beiden kuschligen Menschen so lange hin und her, bis jede*r eine bequeme Stellung gefunden hat – denn ein verdrehter Hals oder ein verrenktes Bein vermindert den Kuschelgenuss stark.

Fünf Minuten vor Kuschelende piept das Handy von Lucya, dann heisst es, sich langsam zu entkuscheln. Natürlich darf während der Kuschelstunde gesprochen werden, und automatisch kommen die Partner*innen in dieser intimen Situation auch auf intime Gesprächsthemen.

Die Kunden, die Lucya bisher buchten, waren allerdings ausschließlich Männer. "Ich würde gerne mal mit einer Frau kuscheln! Doch ich glaube, Frauen haben immer noch eine Hemmschwelle, für derartige Dinge etwas zu bezahlen", glaubt die 30-Jährige.

Dass Berührungen heilsam sind und in der heutigen Single-Gesellschaft ein großes Bedürfnis nach Berührung vorhanden ist, ist nichts Neues. "Sich aus einem Bedürfnis nach Wärme und Geborgenheit an jemanden schmiegen", so definiert der Duden kuscheln. Etwas, nach dem sich alle sehnen, was aber im hektischen Alltag kaum praktiziert wird.

Nach der Kuschelstunde höre ich oft, dass sich meine Kunden entspannt, ausgeglichen, ruhiger, weniger einsam, hoffnungsvoller oder wie in Trance fühlen.
Lucya

Die vielgeschmähte Methode, durch Berührung Krankheiten zu verbessern oder zu heilen, auch Reiki genannt, bezeichnet im Endeffekt nichts anderes, als die Energie der Hände auf einen Körper einwirken zu lassen. Die Kuschelpartys, die es seit einiger Zeit in verschiedenen Städten gibt, sind dagegen eher etwas für Leute, die große Menschenknäuel nicht abschreckend finden.

Professionelles Kuscheln wird mittlerweile europaweit angeboten

Beim Eins-zu-eins-Kuscheln geht es weitaus ruhiger und intimer zu, und Lucya kennt ihre Lieblingskuschelpositionen genau. Dazu zählen die klassische Löffelchenhaltung, den Kopf auf die Schulter legen, Haare kraulen oder den Rücken streicheln. Dies wird je nach Kuschelpartner*in variiert, denn der*die eine mag es engumschlungen, der*die andere bettet seinen Kopf gerne einfach auf den Schoß und genießt die menschliche Wärme.

"Nach der Kuschelstunde höre ich oft, dass sich meine Kunden entspannt, ausgeglichen, ruhiger, weniger einsam, hoffnungsvoller oder wie in Trance fühlen", fasst es Lucya zusammen. "Und bitte schreib unbedingt: Dies hier ist mein Traumberuf!" Da das Angebot einen Nerv zu treffen scheint, gibt es mittlerweile in einigen europäischen Städten Profikuschler*innen. Unter anderem in Leipzig, Berlin, Witzenhausen, Hannover, Bochum, Salzburg, Wien, Dornbirn, Saalfeld und Regensburg.

Außerdem auf ze.tt: Kann man Fremdgehen verzeihen?