In der Artikelreihe "Wie reden wir eigentlich miteinander?" beschäftigen wir uns mit verschiedenen Formen und Theorien der Kommunikation. Viele dieser Methoden werden beispielsweise in der Psychologie gelehrt – oft sind sie so simpel wie logisch. Sie lassen sich ohne Aufwand in unser tägliches Leben integrieren. Wir von ze.tt denken, dass eine vernünftige Debattenkultur wichtig für unser Miteinander ist.

Es gibt ein paar Dinge, die ich gemacht habe und für die ich mich aufrichtig schäme. Das Schlimmste ist: Bei einigen davon war ich sogar nüchtern. Es gibt da diese eine Erinnerung, die mich seit Jahren nicht so richtig loslässt.

Ich hatte eine Kollegin, nennen wir sie Ivie. Ivie ist in Deutschland geboren, ihr Vater kommt von der Elfenbeinküste – sie ist schwarz. Wir haben über zwei Jahre intensiv zusammengearbeitet. Wir haben uns gut verstanden und natürlich haben wir auch Scherze miteinander gemacht. Manche davon fanden wir gut, manche eher so mittel. Das baute sich so auf, je besser wir uns kannten. Bis von mir plötzlich einer wie dieser hier kam: "Na, Ivie, dir mussten sie doch hier in Deutschland erstmal die Trommeln wegnehmen, als du ankamst. Das macht ihr in Afrika doch alle die ganze Zeit." Darauf hat Ivie plötzlich geschwiegen. Auch wenn sie drüber weg gegangen ist, ich habe gemerkt, wie sehr das gesessen hat.

Wie es nicht geht

Auweia, ist mir das peinlich. Wie kommt dieser beschissene, rassistische Witz in meinen Kopf? Heute versinke ich vor Scham im Bürostuhl, während ich das tippe. Ich habe mich für diesen Spruch nie bei Ivie entschuldigt. Hätte Ivie mich damals darauf hingewiesen, dass ich sie rassistisch beleidigt hätte, ich wäre sicher komplett in die Defensive gegangen:

"Nimm das nicht so ernst. Ehrlich, alles muss so furchtbar politisch korrekt sein heutzutage."

Wahrscheinlich hätte ich ihr außerdem erklärt, dass es nicht meine Absicht war, sie zu beleidigen und hätte mich so entschuldigt:

"Es tut mir leid, dass du das in den falschen Hals gekriegt hast."

Das ist natürlich sowas von falsch. Statt mich zu entschuldigen, hätte ich ihr am Ende also noch vorgeworfen, dass sie meine Beleidigung falsch verstanden hat und sich gefälligst nicht so haben soll.

Was ich eigentlich hätte tun sollen

Aber was genau sagen? Eine Studie von Steven J. Scher und John M. Darley, die 1997 im Journal of Psycholinguistic Research erschienen ist, liefert die Theorie. Die beiden legten 32 Psychologie- und Anthropologie-Student*innen eine Kurzgeschichte vor, in der ein Typ, Ralph, sich nicht an eine wichtige Verabredung mit einem Kunden hält und erst einige Tage später bei ihm anruft. Ohne zu wissen, wie sich Ralph weiter verhalten würde, sollten die Student*innen seinen Charakter bewerten. Dann folgte der zweite Teil der Geschichte, in der sich Ralph entschuldigte. Auf vier unterschiedliche Art und Weisen. Und wieder sollten die Student*innen  den Charakter bewerten. Getestet wurde, welche Entschuldigung sein Ansehen am besten wieder aufwertete. Die effektivste Art, sich zu entschuldigen, besteht demnach aus vier Schritten:

Schritt 1: Drück deine Reue aus

Beginn auf jeden Fall mit "Entschuldige bitte, dass ..." oder "Es tut mir leid, dass..."

Schritt 2: Übernimm Verantwortung

Benenne, was du getan hast. Rechtfertige dich nicht – kein defensives "aber" oder "wenn du" nachschieben. Selbst wenn du keine bösen Absichten hattest, die Verletzung ist passiert und sie ist real. Sag einfach, was falsch lief – falls du dir nicht sicher bist, frag nach und hör zu.

Schritt 3: Wenn möglich: Biete angemessene Entschädigung

"Wenn es irgendwas gibt, das ich tun kann, um es wieder gut zu machen, gib mir bitte Bescheid." Lass dir diesen Schritt vor deiner Entschuldigung durch den Kopf gehen. Was kannst du wirklich tun? Und was ist angemessen?

Schritt 4: Versprich, dass es nicht mehr vorkommen wird

Und dann sag es nicht nur, verändere dein Verhalten auch. Auch das ist ein essentieller Teil der aufrichtigen Entschuldigung: aus den miesen Schuldgefühlen zu lernen und sein Verhalten zu ändern. Die Youtuberin Chescaleigh plädiert sogar dafür, sich dafür zu bedanken, dass man seinen Fehler aufgezeigt bekommen hat.

Auch wenn ich es damals nicht geschafft habe, möchte ich mich jetzt bei Ivie entschuldigen.

Liebe Ivie ...

... es tut mir leid. Ich habe dich rassistisch beleidigt und damit herabgewürdigt. Du kannst dir sicher sein, dass ich sowas nicht mehr sagen werde. Inzwischen habe ich – unter anderem durch dich – glücklicherweise etwas mehr Sensibilität für solche Situationen gelernt. Danke dafür.